Von der Schulzeit eingeholt

Das Telefon klingelt

„Hallo! Wie bitte? Wer ist dort? Herr Meierhofer?
Herr Direktor ist sehr beschäftigt!
Wie bitte, Sie sind ein Schulkamerad von Herrn Direktor?
Einen Moment, werde ich gleich nachprüfen, ich habe hier eine Liste mit allen Schulkameraden des Herrn Direktor.
Klasse 5a sagten Sie? Ja... hier, 5a stimmt. Meierhofer aus der Brunnengasse. Sie hatten die Angewohnheit, Herrn Direktor ‚Hohlkopf’ zu schimpfen. Sie haben Herrn Direktor während des Sportunterrichts auch Juckpulver in seine Sporthose gestreut, worauf sie Herrn Direktor, als er sich, wie ich meine, zu Recht, bei dem Lehrer beklagte, einen Petzer nannten und ihm versprachen aus seiner Nase eine Flunder zu machen, was sie ja dann auch taten. Noch heute sieht man das.
Wie bitte? Nur Späße? Kann sein, aber leider ist Herr Direktor sehr beschäftigt. Auch in Zukunft wird er keine Zeit für Sie haben.“
Auf Wiederhören.

Telefon klingelt erneut

„Bitte? Ja, hier ist das Sekretariat von Herrn Direktor Bichler... Wer ist dort? Herr Wohlrabe?
Herr Direktor ist sehr beschäftigt!
Wie... für Sie hat er bestimmt Zeit?
Ach, Sie sind ein Schulkamerad von Herrn Direktor? Ja stimmt, ich erinnere mich, hier auf meiner Liste, ich prüfe gleich nach... Ah ja, Gymnasium 6c, Sie waren der Beste in Mathematik...
Sie haben Herrn Direktor nicht erlaubt, bei der Abiturprüfung abzuschreiben, wodurch Herr Direktor Quadrant und Quadrat verwechselte, demzufolge das Jahr wiederholen musste, mit dem Studium erst ein Jahr später beginnen konnte und somit alleine wegen Ihnen durch die verspätete Firmengründung etwa drei Millionen verloren hatte.
Wie bitte...? Mag sein, dass das amüsant ist, bestimmt würde Herr Direktor gern mit Ihnen darüber sprechen und Sie an dieses fiese Verhalten erinnern, aber er hat absolut keine Zeit, und er wird auch in nächster Zeit kaum Zeit für sie haben.
Auf Wiederhören!“

Wieder klingelt das Telefon

„Hallo? Ja, hier Sekretariat.
Wer? Herr Groschwitz? Der Herr Direktor ist beschäftigt.
Ach – Herr Direktor war Ihr Schüler?
Wann?
In der sechsten Klasse sagten Sie?
Moment... Waren Sie das, den die Schüler ‚Krautkopf’ nannten, wegen Ihrer Haare?
Na, ein Spitzname wie jeder andere... Sie hatten die Angewohnheit, Herrn Direktor stets einen Dummkopf zu nennen...
Wie?
Ja, natürlich sind das alte Geschichten. Aber Sie haben auch gesagt, dass Herr Direktor einem anderen, intelligenteren Jungen nur den Platz wegnehme, wobei Sie noch bemerkt haben, dass das eine ganz normale Schule sei und keine Anstalt für Zurückgebliebene. Ja, die Sechs im Jahreszeugnis war ein schwerer Schlag für Herrn Direktor. Er hatte damals deshalb nichts zu Weihnachten bekommen.
Nein, nein, Herr Direktor ist sehr beschäftigt und das wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren.
Tut mir leid, Herr Direktor wartet auf ein wichtiges Gespräch – auf Wiederhören.“

Wieder das Telefon

„Hallo? Ja bitte... Wer? Wandlinger?
Ich habe Ihnen doch schon oft genug gesagt, dass Herr Direktor keine Zeit hat... Ausgeschlossen!
Was?
Nicht Sie haben Herrn Direktor damals in den Bach geschubst?
Wer denn dann?
Huber?
Wie können Sie nun die Verantwortung auf einen anderen schieben? Handelt so ein anständiger Schüler?
Nein, es bleibt dabei, Herr Wandlinger, Sie haben den Herrn Direktor in den Bach geschubst und dann noch gesagt, das sei gut für Herrn Direktor, weil sich Herr Direktor sowieso nie wasche...
Was? Das hat auch Huber gesagt?
Ein ganz mieser Charakterzug von Ihnen, einen Mitschüler schlecht zu machen!
Bitte...? Sie haben Herrn Direktor bei der Klassenarbeit in Latein abschreiben lassen?
Wie können Sie es wagen! Herr Direktor hat niemals abgeschrieben! Unverschämtheit! Auf Wiederhören.“

Das Telefon klingelt erneut... (internes Gespräch)

„Bitte? Jawohl Herr Direktor, ich verstehe... Herrn Minister Huber anrufen und ihn bitten, dass er einen Augenblick Zeit erübrigt und Herrn Direktor freundlicherweise empfängt...
Ich verstehe...
Ja, ja, ein Schulkamerad.
Einen Termin machen.
Sofort, Herr Direktor.“

Wählt eine Nummer...

„Hallo, hier das Sekretariat von Direktor Bichler, bin ich mit dem Sekretariat von Herrn Minister Huber verbunden?
Ich rufe im Auftrag von Herrn Direktor Bichler... Herr Direktor bittet den Herrn Minister um einen Termin, ihn zu empfangen...
Wie...?
Sehr beschäftigt?
Aber bestimmt findet er einen Augenblick Zeit. Herr Direktor ist nämlich ein Schulkamerad von Herrn Minister...
Bitte?
Gut, ich warte...
Ja, ja, Klasse 5a... Ja, so ein Kleiner... Stumpfsinniger Dickkopf?
Hohlkopf?
Ja, genau, das ist Herr Direktor.
Petzer?
Aber ja doch!
Meierhofer hat ihm dafür doch nach der Turnstunde aus der Nase eine Flunder gemacht... Bitte? Wundervoll!
Ach, Herr Minister hat Herrn Direktor damals in dem Bach geschubst? Interessant!
Ein prächtiger Spaß!
Und gesagt, dass es gut für ihn sei?
Er wasche sich nicht?
Also war es doch der Herr Minister.
Sehr lustig!

Am Dienstag um vierzehn Uhr?
Na, da wird sich Herr Direktor aber bestimmt freuen!

Ja..., auf Wiederhören!“

Bürgerreporter:in:

Wolfgang Kreiner aus München

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