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Offener Brief an SPD- Bettina Hagedorn

Zur Meldung der SPD-Fraktion: "Schäuble plündert die Rentenkasse"

Selbstverständlich mit Genehmigung übernommen

Mit dem Link wurde ich auf einen Bericht der SPD-Abgeordneten Bettina Hagedorn aufmerksam gemacht, die ihren Artikel wie in der Überschrift betitelte. Nun, dass Schäuble die Rentenkasse plündert und nicht nur die, das halte ich nicht nur für wahr, sondern für absolut sicher. Allerdings halte ich die Empörung von Frau Hagedorn für weniger glaubwürdig, was mich veranlasst hat, ihr diese kleine Nachricht über die vorhandene Kommentarfunktion zuzusenden.

Liebe Frau Hagedorn,

Schäuble plündert die Rentenkasse! Wie kann er nur? Nun ja, er führt doch eigentlich nur eine alte Tradition deutscher Politik weiter, die schon ihren Anfang genommen hat, als das Umlagensystem eingeführt wurde. Seither wird die Rentenkasse geplündert. Allerdings, welche Rentenkasse? Die gibt es doch gar nicht, sondern lediglich eine so genannte Mindestreserve und wenn da mehr drin ist, als vorgesehen, dann werden die Beitragszahlungen abgesenkt.

Aber wie kann dann die Rentenkasse geplündert werden? In dieser Beziehung war die Politik schon immer einfallsreich. Man hat Aufgaben, welche der Staat aus Steuermitteln finanzieren müsste, einfach in die Rentenkassen verlagert. Um zu verstehen, wie man das macht, einige Beispiele. Deutschland hat den 2. Weltkrieg verloren und die Folgen des Krieges, also Witwen-, Waisen- und Versehrtenrenten hätten eigentlich aus Steuermitteln gezahlt werden müssen, denn der Krieg war ein Krieg des Staates und damit der gesamten Bevölkerung. Man hatte kein Problem damit, die Schuld am Krieg der gesamten Bevölkerung aufzubürden, aber die Folgekosten in Form von Renten, die wurden nur denen aufgehalst, die in einem abhängigen Arbeitsverhältnis und damit in eine zwar sinnvolle, aber dennoch eine Zwangsversicherung ihre Rentenbeiträge entrichten mussten. Nun, das machte insgesamt ca. 25% der Bevölkerung aus. Man kann also davon ausgehen, dass ca. 50% der Bevölkerung durch diese Maßnahme steuerlich entlastet wurden (die restlichen 25% sind Kinder und Jugendliche).

Einfach mal eine Aufstellung versicherungsfremder Leistungen:

- Familienausgleich (Kinderzeiten für vor 1921 geborene Frauen, Waisenrenten)
- Berücksichtigungszeiten, Kindererziehungszeiten, Zuschläge zur Witwenrente bei Müttern
- Renten wegen Todes (außer Splittingrenten)
- Renten für Ersatzzeiten (Kriegsdienst, Gefangenschaft)
- Integration von Vertriebenen und Aussiedlern
- Transfere in die neuen Bundesländer
- Beteiligung an Absicherung bei Arbeitslosigkeit, Renten wegen Arbeitsmarktlage
- Vorgezogene Renten (z. B. bei Altersteilzeit)
- Mindestrenten
- Anerkennung für Ausbildungszeiten, Höherbewertung der ersten drei Versicherungsjahre
- Ansprüche Behinderter in geschützten Einrichtungen
- Krankenversicherung der Rentner (KVdR), (die Pflegeversicherung der Rentner (PVdR) tragen die Rentner selbst)
- Zusatzabkommen mit USA, Israel, Kanada
- Rentenanteile, soweit sie in der Höhe des Barwertes der Rente bezogen auf die Lebenserwartung von der durchschnittlichen Lebenserwartung einer Mannesrente ab 65. bzw. 67. Lebensjahren abweichen
- Durchlaufende Posten, bei denen die GRV nur als Verwalter tätig ist (Knappschaftzuschüsse, DDR-Zusatzversorgung)
- Bundesmittel für die Demografische Last
- Organisations- und Gestaltungshoheit durch den Bund
- Mitfinanzierung anderer Sozialsysteme durch die GRV (Reha, Berufsförderung)
- Anteilige Verwaltungskosten für versicherungsfremde Leistungen

Zum Punkt Bundesmittel für die Demografische Last möchte ich noch eine Anmerkung machen, weil beim Stichwort Demografie bei den meisten Deutschen vor dem geistigen Auge eine vergreisende Bevölkerung entsteht. Aber Demografie umfasst auch Kinder und Jugendliche, weil auch hierfür Steuermittel in einem nicht unerheblichen Umfang aufgebracht werden müssen. Aber das scheinen Politiker nicht zu wissen und auch der Presse scheint dieser Umstand unbekannt zu sein. Und im Schnitt dauert dieser Teil der Demografie länger als bei den Alten und wird durch keine anderen Maßnahmen als durch Steuern finanziert, während die Alten, die eine GRV-Rente beziehen, diese durch ihre Beiträge während ihrer gesamten Lebensarbeitszeit vorfinanziert haben.

Nun, dafür gibt es ja den Bundeszuschuss und auch da war man einfallsreich. Keine Regierung hat für all diese versicherungsfremden Leistungen eine ordnungsgemäße Buchführung geführt, zumindest keine, die man einsehen könnte. Stattdessen hat man eine Schätzung vorgenommen und diese einmal als engere und einmal als erweiterte Schätzung und danach liegt der so genannte Bundeszuschuss immer noch gut im Bereich der "erweiterten Schätzung". Ich habe die exakten Zahlen derzeit nicht im Kopf aber es gibt darüber eine Bundestagsdrucksache auf eine Anfrage der Linken.

Wie auch immer, wozu die Aufregung? Schäuble hält sich doch mit seinem Vorgehen an bewährte politische Traditionen und irgendwoher muss er ja das Geld für die Rettungspakete und vor allem für den ESM ja nehmen. Haben nicht SPD und Grüne die Rettungspakete sowie den ESM begeistert durchgewunken und sich keineswegs daran gestört, dass der ESM geltendes Recht auf den Kopf stellt?

Und ich muss mich nicht einmal anstrengen, mich daran zu erinnern, dass es ein Regierungsbündnis aus SPD und Grünen gewesen ist, die mit der Agenda 2010 und in deren Folge den so genannten Nachhaltigkeitsfaktor, die Riestertreppe und die stufenweise Absenkung des Renten-Niveaus in Richtung dauerhafter Altersarmut betrieben haben. War es nicht Hans Eichel, der bei Amtsantritt (als Nachfolger von Lafontaine, der die Schrödersche Finanzpolitik nicht mittragen wollte und deshalb seinen Abschied nahm) den Verkauf von Unternehmensbeteiligung, sozusagen als Antrittsgeschenk, steuerfrei gestellt hat und Tür und Tor für "Finanzinvestoren" öffnete, die Münteferings dann später als Heuschrecken bezeichnete? War es nicht Ulla Schmidt, die mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz den Leuten, die dem Ruf der Schröder-Regierung (und der Vorgängerregierungen) gefolgt waren und eine betriebliche Direktversicherung abgeschlossen hatten, nun einen nicht unerheblichen Teil der Auszahlungsbeträge wieder abknöpfte, indem sie die zuvor getroffenen Vereinbarungen über die Freistellung von Krankenversicherungsbeiträgen brach?

War es nicht u.a. Ihr jetziger Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, der für die Rettung der IKB und der HRE mehr als 100 Milliarden an Steuergeldern versenkt hat und die Verkündung der Pleite der HRE um einen Tag verschlafen hat, weil bei rechtzeitiger Feststellung die HypoVereinsbank regresspflichtig gewesen wäre? Oder hat er das gar nicht verschlafen?

Sorry Frau Hagedorn, Aber Ihre Empörung klingt für mich nach Wahlkampf und hat aus meiner Sicht nichts mit echter Empörung zu tun. Ich kann nur hoffen, dass die Rentner auf Ihre Krokodilstränen nicht hereinfallen und sowohl Ihrer Partei als auch den Grünen und vor allem der derzeitig regierenden Koalition aus Schwarz-Gelb die rote Karte zeigen, schon alleine wegen der Dreistigkeit, für die Zeit bis 2016 hohe Rentensteigerungen zu versprechen, aber dann 2013 mit 0,25% Rentensteigerung für die Rentner West nur einen Bruchteil der Geldentwertung durch die Inflation auszugleichen.

Mit freundlichen Grüßen
Gert Flegelskamp

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11 Kommentare

> "NEIN, NUR SCHREIENDE UNGERECHTIGKEIT, SONST NICHTS !!!"

Wenn man anderen einfach nur nichts gönnt und sie deshalb schon diskriminiert, ist das einfach nur Missgunst und Hass.

Doris, zum Einen sind es die diversen Kürzungsfaktoren, wie der Nachhaltigkeits- Riester- und Nachholfaktor, die die Renten kürzen. Aber schon seit 1978 sind soviele Änderungen erfolgt, dass man sie kaum aufzählen kann.
Der Riesterfaktor ist besonders perfide ( §§255 d,e, SGB VI)
Das Alterseinkünftegesetz:
http://altersarmut-per-gesetz.de/
Nicht nur Johannes Steffen von der Arbeitnehmerkammer hat das genau in einem Buch ausgeführt. Die Linkverweise dazu sind hier oft schon reichlich geliefert.
Zum Anderen ist es das, was sich Bundeszuschuss nennt. Es ist kein Zuschuss, sondern Ersatzleistungen des Bundes, die die nicht beitragsgedeckten, versicherungsfremden Leistungen erstatten müssen. Der Begriff Bundeszuschuss ist nach 1957 beibehalten worden aus der Zeit Bismarcks, als es tatsächlich noch ein echter Zuschuss war.
Da diese Ersatzleistungen aber noch nie alle allgemeinstaatlichen Aufgaben, die man der GRV aufgedrückt hat, komplett erstattet haben, sind der GRV bis heute rund 700 Mrd. zu wenig zurückgezahlt worden- Eigentum der Versicherten . Damit haben allein die gesetzlich Rentenversicherten einen Großteil der beschriebenen, berechtigten Aufgaben bezahlt.
Und das ist der Punkt- selbstverständlich sind das Aufgaben berechtigt, aber Aufgaben der gesamten Gesellschaft und müssen geleistet werden aber eben von allen und genau das ist nicht passiert. Das hat man zu einem Großteil allein die (zwangs-)gesetzlich Rentenversicherten bezahlen lassen- Der Bund bürdet der GRV andere Aufgaben auf, der muss eigentlich komplett erstatten, weil das ja auch gar nicht Zweck der GRV ist, macht das aber nie. Und da keine genaue Buchhaltung vorgelegt wird, kann man nur die Zahlen nehmen, die offiziell geliefert werden. deshalb dürfte die Summe von 700 Mrd. eher noch untertrieben sein.
Siehe auch: "Nicht beitragsgedeckte Leistungen und Bundeszuschüsse
in der allgemeinen Rentenversicherung" Dr. Ulrich Reineke, Berlin, DRV.
Der Staat verhält sich wie ein Zechpreller, bestellt aber zahlt nicht korrekt.
Deutschland ist das einzige Land in Europa, das unterschiedliche Systeme der Altersversorgung hat, im wesentlichen gesetzliche Rentenversicherung, berufsständische Versorgung und Beamtenversorgung. Politik und Justiz haben für sich selbst nicht nur wesentlich bessere Regelungen geschaffen, sie haben auch spätestens seit 1978 elementare Grundrechte für die Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung außer Kraft gesetzt, Gleichheitssatz, Eigentumsschutz für die Beiträge, Rechtsstaatsprinzip (keine rückwirkenden Eingriffe) Nachlesen kann man das in den Entscheidungen des BVerfG vom 01.07.1981 (1 BvR 874/77 u.a.) oder vom 27.02.2007 (1 BvL 10/00, Absätze 53, 55 und 70).
Ein wirkliches Solidarsystem erfordert außerdem die Einbindung aller Bürger in allen drei Lebensphasen. Denn alle Bürger profitieren in jungen Jahren von dieser Solidarität (Schule, Ausbildung) ebenso wie im Alter (Rente, Pension), aber diejenigen, die im Alter am meisten von dieser Solidarität profitieren, klinken sich während ihres Berufslebens kraft eigener Entscheidungsbefugnis aus dem Solidarsystem aus.
Eine Solidargemeinschaft benötigt einen Treuhänder, der zuverlässig mit Beiträgen wirtschaftet und diese nicht zweckentfremden lässt.

> "Hast Du Dich nun ausgetobt? Wieviel kriegst Du dafür?"

Wenn man anderen einfach nur nichts gönnt und sie deshalb schon diskriminiert, ist das einfach nur Missgunst und Hass.

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