"Durahansl" in Mindelheim: Weltweit größter Faschingsnarr wird 100

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Von Alexander Hauk, www.alexander-hauk.de

Der wohl größte Faschingsnarr der Welt wird in diesem Jahr 100 Jahre alt: Stolze 21 Meter misst der „Durahansl“ von der blau-gelben Narrenkappe bis zu den Schuhen mit roter Bommel. Seit 1909 schmücken Einwohner des bayerischen Städtchens Mindelheim (Kreis Unterallgäu) das „Obere Tor“ zur fünften Jahreszeit mit dem überdimensionalen, rund 200 Kilogramm schweren Hanswurst aus bemaltem Juterupfen.

Die Geburtsstunde des Durahansls schlug in einer kühlen Januarnacht 1909. Im Gasthaus zur Post hatten sich Mitglieder des örtlichen Männerturnvereins getroffen, um über den Ablauf des Faschings zu sprechen. „Nach dem Rausschmiss der Sitzungsteilnehmer zur Sperrstunde ist die Diskussion bei fahlem Mondlicht vor dem Gasthaus weitergegangen“, sagt Carl Spies, 86 Jahre alt und Mindelheimer Faschingsurgestein.

Auf offener Straße habe einer der Teilnehmer, ein Journalist, die Vision vom Durahansl gehabt. „Das Dach, die Ecktürme, die Durchfahrt, sieht der nicht wie ein leibhaftiger Hanswurst“, soll der nicht mehr ganz nüchterne Mann von der Lokalzeitung beim Anblick des Turmes entzückt ausgerufen haben. Die Gruppe sei zwar schnell wieder von der Idee abgekommen, den kompletten Turm samt Pyramidendach und Ecktürmchen wie einen Hanswurst anzumalen, berichtet Spies: „Allerdings waren sich alle einig, dass mit dem Tor was geschehen muss.“

Unter strenger Geheimhaltung begannen der Turnwart und Sattler Gustl Weber sowie die beiden Malermeister Ernst Holzbaur und Wilhelm Stölzle mit der Arbeit. Wenige Tage später war der erste, acht Meter hohe und zwei Meter breite Durahansl aus Juterupfen fertig. Um den städtischen Schutzpolizisten abzulenken, zettelten einige Mitglieder des Turnvereins eine gestellte Prügelei im Gasthaus Dreikönig an. Während der Gesetzeshüter dort den vermeintlichen Streit schlichtete, zogen die anderen wackeren Turnersleut ihren Durahansl heimlich an der Westseite des Oberen Tores auf.

„Am nächsten Tag hat sich der Streich wie ein Lauffeuer verbreitet“, sagt Spies. Aus der ganzen Stadt seien Schaulustige gekommen, um sich die Turmverkleidung anzusehen. Die Freude über den lustigen Gesellen sei groß gewesen. Nachdem am Tor kein Schaden entsanden war, auch beim Bürgermeister und dem Magistrat, so Spies. Schon ein Jahr später durften die Narren ihren Durahansl ganz offiziell am Tor anbringen. Die Erbauer der ersten Turmfigur schufen nun einen zweiten und mit 21 Metern deutlich größeren Durahansl.

Über die Jahre hat der Durahansl Zuwachs erhalten: Zwei weitere Turmfiguren, die „Amme“, Hansls weibliches Pendant, auf der Rückseite des Oberen Tores und die „Columbine“ am ehemaligen Mauritia-Febronia-Gymnasium komplettieren seit 1936 und 1953 das Mindelheimer Dreigestirn.

Inzwischen gehören die Figuren wie selbstverständlich zum Mindelheimer Fasching: „Der Durahansl ist ein Wahrzeichen der Stadt“, sagt Siegfried Weinert, Zunftmeister des „Mindelhoimer Durahaufens“. Sogar Zeitungen aus den USA berichteten über den Hanswurst. Die Kostüme und Masken der 75 Mitglieder des Durahaufens sind den Faschingsfiguren nachempfunden. Mit dem Aufzug des Durahansels wird der Durahaufa symbolisch während der Faschingszeit aus dem Tor gelassen.

Einmal im Jahr, am „Gumpigen Donnerstag“, sieht es so aus, als ob der Durahansl noch ein wenig verschmitzer lächelt und sich ganz besonders freut. An diesem Tag, dem Mindelheimer „Nationalfeiertag“ ziehen mehrere Dutzend Gardemädchen, Motivwagen und Musikvereine bei einem großen Umzug durch die Beine der Turmverkleidung in Richtung Stadtmitte.

Die Mindelheimer Turmfiguren bleiben bis zum Faschingsdienstag hängen. „Dann wird der wird der Durahans,l traditionell unter großem Tränenaufwand, eingezogen und im städtischen Bauhof gelagert, wo er jedes Jahr wieder auf den Fasching wartet“, so Mindelonen-Präsident Oliver Riemer. Vor dem erneuten Aufzug erhält die Turmverkleidung aber regelmäßig eine kleine Schönheitskur. Hier und da benötigt der Durahansl eine neue Farbschicht, mitunter muss der Stoff oder das Holzgerüst ausgebessert werden, damit sich das Faschingssymbol wieder von seiner besten Seite zeigen kann.



Bürgerreporter:in:

Alexander Hauk aus Berlin

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