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KFA Hessen: Ohne Moos nix los

Landkreis Marburg-Biedenkopf, 12. Februar 2015

In ihrer morgigen Sitzung (ab 9.00 Uhr, Sitzungssaal, Kreishaus) werden sich die Kreistagsabgeordneten auch mit dem Kommunalen Finanzausgleich in Hessen (KFAH) beschäftigen. Der Hessische Staatsgerichtshof verurteilte die Hessische Landesregierung zu einer Neugestaltung des KFAH, als die Stadt Alsfeld erfolgreich gegen die Bestimmungen des derzeitigen KFAH vor Gericht zog.

Der Staatsgerichtshof rügte, dass die bisherige Regelung nicht an den Bedarfen der Kommunen orientiert sei. Die Hessische Landesregierung machte sich an die Arbeit und legte eine Neuordnung des KFAH vor. Kernpunkte: Die Mittel für den KFAH werden nicht erhöht, sondern lediglich umgeschichtet.

Kommunaler Finanzausgleich:
Ohne Moos nix los

Dass die hessischen Kommunen nicht mehr Geld brauchen, sondern das vorhandene Geld "bedarfsgerecht" sei, wenn denn der Mangel gerechter verteilt wird, ließ sich die Landesrgierung durch ein Gutachten bestätigen. Ausgerechnet die Kanzlei Price-Waterhouse-Coopers (pwc) - das sind die nützlichen Heinzelmännchen im Fall der Steuersparkonstrukte Luxemburgs - wurde mit der Prüfung beauftragt und lieferte das erwartete Ergebnis: Alles Paletti.

SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel bringt es auf den Punkt: „Der Kern des Problems ist, dass das Land (Hessen) die Kommunen nicht ausreichend finanziert und sie damit zwingt, ihre Angebote einzuschränken“. Was er dabei verschweigt: Die Mitverantwortung der SPD. Diese hat zusammen mit den Grünen mitgeholfen, den makroökonomischen Unsinn „Schuldenbremse“ in der Hessischen Verfassung zu verankern. Unter der Überschrift „Schuldenbremse statt Hessenbremse“ feierten die Sozialdemokraten ihren Verhandlungserfolg gegenüber der damaligen Schwarz-Gelben Landesregierung. Dort heißt es wörtlich:

Schuldenbremse und KFA

„Wir haben in harten Verhandlungen dem CDU/FDP-Vorschlag für eine Schuldenbremse die „neoliberalen Giftzähne“ gezogen und mehr Flexibilität erreicht:

• Wir haben - bundesweit bisher einmalig - mit der sogenannten Schuldenbremse auch auf die Einnahmeverantwortung sowohl des Landtags als auch der Landesregierung verwiesen. Sozial- und Bildungsabbau mit Verweis auf die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse sind damit nicht mehr möglich.

• Wir haben den Schutz der Kommunen, wie von den kommunalen Spitzenverbänden gefordert, verbindlich festgeschrieben. Die Landesregierung steht in der Pflicht, nun einen Weg vorzuzeichnen, wie sie in Hessen den Haushalt bis 2020 ausgleichen will. Sie kann die Verantwortung nicht mehr allein auf die Nachfolgeregierung abschieben.

• Der Kompromiss stellt damit eine erhebliche Verbesserung zum ursprünglichen Entwurf der Landesregierung dar. Der Versuch von schwarz-gelb, mit der Schuldenbremse ein reines Spardiktat in der Verfassung zu verankern, ist gescheitert. Um die Zustimmung der SPD für die Verfassungsänderung zu erreichen, musste sie die marktradikale Ausgestaltung aufgeben.“

All diese schönen Worte haben einen Fehler: Sie haben mit der Realität nichts zu tun. Wir erleben – nicht nur in Hessen – genau die Entwicklungen, die nicht eintreten dürfen: Das reine Spardiktat ist Realität, Sozial- und Bildungsabbau und Strangulierung der Kommunen setzen sich ungebremst fort.

In Südeuropa führte diese falsche Politik zu einer humanitären und ökonomischen Katastrophe. All dies hindert die Verfechter der neoliberalen Angebotstheorie und die Politiker_innen auf allen politischen Ebenen nicht, auf ihrer falschen Sichtweise zu beharren.

Umdenken zwingend erforderlich

Auf allen politischen Ebenen ist ein Umdenken zwingend erforderlich. Die Vorschriften des § 92 HGO Allgemeine Haushaltsgrundsätze Absatz (1) und Artikel 109 GG Absatz (2) wonach bei den Haushaltsentscheidungen dem gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht Rechnung zu tragen ist, sind strikt anzuwenden.

Da die „Marktkräfte“ dieses gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht offensichtlich nicht herstellen können, müssen die politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen eingreifen. Für den konkreten Fall des Finanzausgleichsgesetzes heißt dies: Wenn kurzfristig die Einnahmesituation des Landes Hessen nicht zu verbessern ist, muss die bedarfsgerechte Finanzierung der Kommunen kreditfinanziert vorgenommen werden. Wer die Verlotterung der öffentlichen Infrastruktur wegen der Schuldenbremse in Kauf nimmt, der belastet in Wahrheit die nachfolgenden Generationen.

Die Situation im Landkreis Marburg-Biedenkopf

Die Große Koalition im Kreishaus legt den Antrag „Kommunalen Finanzausgleich für den Kreis angemessen weiterentwickeln“ zur Abstimmung vor, der einen milden Protest des Kreistages Marburg-Biedenkopf zum Ausdruck bringt. Und versucht für den Landkreis die Regelung ein wenig erträglicher zu gestalten, schließlich ist der hessiche Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) ja auch Mitglied des Kreistages.

Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE:

Der Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE wendet sich generell gegen diese Art der Neuregelung. Wer die derzeitige Mangelverwaltung aus auskömmlichen Bedarf bewertet, liegt von vornherein falsch. Wenn der Finanzminister in seiner Regierungserklärung davon spricht, dass die hessischen Kommunen bei der Haushaltskonsolidierung auf einem guten Weg seien, war offensichtlich schon lange nicht mehr auf hessischen Gemeindestraßen unterwegs und hat wohl auch lange keine Schule mehr von innen gesehen. Und muss sich somit auch nicht wundern, wenn bereits die nächsten Klagen vor dem Staatsgerichtshof vorbereitet werden.

Hier der Antrag der Fraktion DIE LINKE im Wortlaut:

1) Der Kreistag des Landkreises Marburg-Biedenkopf lehnt den vorliegenden Entwurf des Landes Hessen zum Kommunalen Finanzausgleich ab.

2) Der Kreistag stellt fest, dass der vorliegende Entwurf den Vorgaben des Staatsgerichtshofes Hessen, die hessischen Kommunen bedarfsgerecht zu finanzieren, nicht entspricht.

3) Der Kreistag lehnt daher auch Sondervereinbarungen einzelner Kommunen und die interkommunalen Verteilungskämpfe ab, die sich aus der unzureichenden Finanzierung der Kommunen zwangsläufig ergeben.

4) Der Kreistag fordert den Kreisausschuss auf, alle ihm zur Verfügung stehenden politischen und rechtlichen Schritte zu unternehmen, um das Vorhaben der Hessischen Landesregierung zu stoppen.

5) Der Kreistag fordert den Kreisausschuss auf, die Hessische Landesregierung und den Hessischen Landtag auf ihre Einnahmeverantwortung hinzuweisen, damit der drohende Sozial- und Bildungsabbau und das finanzielle Austrocknen der Kommunen in Hessen verhindert wird.

6) Der Kreistag appelliert an die Hessische Landesregierung Schritte einzuleiten, um durch eine angemessene Beteiligung der Vermögenden und Spitzenverdiener (u.a. durch Erbschafts- und Vermögenssteuern, eine Finanztransaktionssteuer und die solidarische Bürgerversicherung) eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen sicherzustellen.

7) Der Kreistag des Landkreises Marburg-Biedenkopf fordert den Kreisausschuss, die Hessische Landesregierung und den Hessischen Landtag auf, sich für eine Streichung der „Schuldenbremsen“ im Grundgesetz und in der Hessischen Verfassung einzusetzen.

Mehr informationen zum Kommunalen Finanzausgleich von der Hessischen Landesregierung finden sich hier
Stellungnahmen der Fraktion DIE LINKE im Hessischen Landtag zum KFAH finden sich hier
Eine Stellungnahme des Landesvorsitzender der SPD Hessen Thorsten Schäfer-Gümbel findet sich hier.

Weitere Beiträge zu den Themen

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11 Kommentare

Deine persönlichen politischen Entscheidungen sind geschenkt! Darum geht es hier nicht. Es darf sich jeder politisch positionieren, wie er es für richtig hält. Allerdings positioniert man sich nicht im luftleeren Raum. "Die Linke" hat eine Geschichte und ist über die PDS sowohl ideologisch als auch personell mit der SED verbunden (die sich ja immer des "real existierenden Sozialismus" rühmte). Die SED wiederum war ein Zusammenschluss von KPD und SPD - auch das ist noch nicht vergessen. Von DKP - und damit von Splitterparteien - war übrigens nirgends die Rede.

Wenden wir uns also wieder den Schulden zu. Der Ausdruck Verbindlichkeiten ist lediglich ein (von Kaufleuten erfundener) Euphemismus für Schulden. Er mag vielleicht in mancher Leute Ohren besser klingen, meint aber exakt dasselbe wie Schulden. Wer also meint, den moralischen Aspekt, der da schon aus Gründen der Wortgeschichte mitschwingt, ausklammern zu müssen, soll gerne verhüllend von Verbindlichkeiten sprechen, es wird aber an seiner Situation nichts ändern.

Thomas Straubhaar führt grundsätzlich Richtiges (man könnte auch von Binsenweisheiten sprechen) aus und zeigt dabei interessanterweise auch genau das auf, was ich in diesem Forum verschiedentlich angesprochen hatte und was immer bestritten wurde: Die einfache Gleichung, die Schulden eines Landes wären die Überschüsse eines anderen Landes stimmt nicht. Die Weltwirtschaft ist soweit miteinander verflochten, dass es solche einfachen Paarungen eben nicht gibt. Er verweist im Zusammenhang mit der Schuldenproblematik aber eben auch darauf, dass man seine bilanzierten Gewinne aus Auslandsgeschäften auch eines Tages erst einmal realisieren können muss. Gelingt das nicht, so ist nicht nur Kapital zeitweise ins Ausland abgeflossen sondern es ist verloren. Wir wollen mal hoffen, dass dies nicht recht bald durch den Fall Griechenland in seiner Richtigkeit nachgewiesen werden wird.

»Er verweist im Zusammenhang mit der Schuldenproblematik aber eben auch darauf, dass man seine bilanzierten Gewinne aus Auslandsgeschäften auch eines Tages erst einmal realisieren können muss. Gelingt das nicht, so ist nicht nur Kapital zeitweise ins Ausland abgeflossen sondern es ist verloren.«

Wäre es dann nicht sinnvoller, die Waren und Dienstleistungen, die ins Ausland geschafft werden - und bei denen wir Gefahr laufen, den Gegenwert nicht geliefert zu bekommen - im Inland zu verfrühstücken?

Ja, natürlich, bis sie "zu den Ohren wieder hinaus kommen", wie der Volksmund so schön sagt...

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