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Beinahe hätte ab dem Jahr 1900 in Marburg auf dem Marktplatz statt des Marktbrunnens ein Kaiser-Friedrich-Denkmal gestanden

  • Kaiser-Friedrich-Denkmal im Victoria-Park in Kronberg/Taunus
  • Foto: Foto: Carsten Ratzke, diese Datei wird unter der Creative-Commons-Lizenz „CC0 1.0 Verzicht auf das Copyright“ zur Verfügung gestellt.
  • hochgeladen von Karl-Heinz Gimbel

Im Jahr 1900 hatte sich in Marburg ein "Comite“ aus ehrwürdigen Bürgern gebildet, welches die Errichtung eines Kaiser-Friedrich-Denkmals auf dem Marktplatz erreichen wollte. Dem "Comite" stand der Oberstleutnant Rogalla von Bieberstein vor. Er war Kommandeur des Landwehrbereichs Marburg. Der für das Denkmal auserwählte Friedrich war 1888 im Dreikaiserjahr nur für 99 Tage Kaiser des Deutschen Reichs gewesen. Anerkennung erworben hatte er sich als Heerführer in siegreichen Kämpfen gegen Österreich und Frankreich.

Der erste Satz aus der Begründung der Antragsteller vom 20. Dezember 1900 an Oberbürgermeister Schüler klingt deshalb – dem Zeitgeist entsprechend – militaristisch: „Ein Comite patriotischer Männer ist zusammengetreten, um dem hochseligen Kaiser Friedrich, dem geliebten Sieger von Wörth, in unserer Stadt, in welcher noch manche Mitkämpfer aus der großen Zeit leben, ein Denkmal zu setzen.“ Als Aufstellungsort hatte man den Marktplatz auserkoren. Das Denkmal sollte dort den „vor etwa 25 Jahren“ errichteten Brunnen, „welcher bekanntlich ohne jede historische Bedeutung“ sei, ersetzen.

Diesem Schreiben waren seit August 1900 mehrere Schreiben und Initiativen vorausgegangen. Ein Antrag an den Oberpräsidenten in Kassel um Genehmigung einer Haussammlung für die Aufstellungskosten war abschlägig beschieden worden. Der Kostenrahmen für das Denkmal war auf 15.000 bis 20.000 Mark angesetzt. Aus Kassel kam die Bedingung: Wenn „ein geeigneter und würdiger Aufstellungsort“ für das Denkmal gesichert sei, könne dem Antrag entsprochen werden.

Und um den Aufstellungsort entspannte sich ein Ringen zwischen dem Komitee und dem Oberbürgermeister. Das Komitee beharrte unnachgiebig auf den Aufstellungsplatz am Markt. Dagegen setzte Oberbürgermeister Ludwig Schüler bereits im November 1900 mehrere andere Aufstellungsorte. Zum einen sei in dem neu geplanten und in Erstehung begriffenen „südwestlichen Stadtteil“ (heute: Südviertel) mit der Anlage der Friedrichstraße und des Friedrichsplatzes an diesem neuen Platz eine würdige Stelle für das Denkmal zu sehen.

Beide Straßennamen würdigten zudem schon den verstorbenen Kaiser. Doch das "Comite“ konnte sich mit dem damals noch weit vor der Stadt gelegenen Gelände nicht anfreunden. Auch ein weiterer Vorschlag von Schüler und der Denkmalkommission wurde abgelehnt: Das Denkmal sollte auf die „Höhe über Ockershausen als Gegenstück zu dem Kaiser-Wilhelm-Turm auf dem Ordenberg“ gesetzt werden.

Das "Comite“ hatte für das Aussehen des Denkmals, welches den Marktbrunnen ersetzen sollte, genaue Vorstellungen: „Nicht ein prunkvolles Reiterstandbild, sondern ein dem eigenartigen Charakter unserer altehrwürdigen Bergstadt sich anpassendes Monument aus dem schönen hessischen Steinmaterial, am liebsten ein Brunnen mit fließendem Wasser und einer die Broncebüste oder Reliefschmuck tragenden Säule, in die Mitte des Verkehrs gestellt.“

Nachdem es für beide Seiten zu keiner Einigung kam, beschloss die Generalversammlung des Komitees am 7. Mai 1901, „die Angelegenheit vorläufig ruhen zu lassen“. Auf den Vorschlag, das Denkmal am Friedrichsplatz hinzusetzen, könne man keineswegs eingehen.

Weitere Aktivitäten des Komitees sind in den Akten danach nicht verzeichnet. Zur Aufstellung des Denkmals ist es nicht gekommen. Allerdings kam es wenige Jahre später zu einer gemeinsamen Spendenaktion Marburger Studenten und Bürger, um eine „Bismarcksäule“ zu errichten. Diese wurde am 21. Juni 1904 eingeweiht. Sie steht noch heute und heißt im Volksmund Bismarckturm.

Wenn auch bei Bismarck sein Wirken als Beförderer von Kriegen nicht abgestritten werden kann, so stand doch bei seiner Ehrung sein Eintreten für die lang ersehnte Reichseinheit im Vordergrund.

Zwei Anmerkungen.

Dem Wunsch honoriger Marburger, ein Kaiser-Friedrich-Denkmal zu errichten, war 1897 eine groß angelegte, im gesamten Deutschen Reich verbreitete Sammelaktion für ein gleiches Denkmal in Kronberg vorausgegangen. Auch der Marburger Oberbürgermeister war wegen einer Spende angeschrieben worden. Unter den in der Spendenaufforderung aufgeführten über 400 Unterstützern (hohe Adelige, Minister, Räthe usw.) befand sich auch „Fürst Bismarck, Friedrichsruhe“. Aus dem Raum um Marburg war nur aufgeführt der vermögende Industrielle „von Stumm, Wirklicher Geheimer Rath, Holzhausen bei Marburg“. Das Kaiser-Friedrich-Denkmal steht noch heute in Kronberg im Victoria-Park. Es wurde 1902 in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. feierlich enthüllt. Heute noch existieren eine Reihe weiterer Denkmäler für Kaiser Friedrich in Deutschland.

Zum anderen war Friedrich in Marburg gewesen. Der 1831 geborene Friedrich Wilhelm, hatte 1883 als Kronprinz die Universitätsstadt besucht. Für ihn war eine Ehrenpforte errichtet worden, obwohl er der Stadt am 25. August nur einen kurzen Besuch abgestattet hatte. Er wurde, so heißt es in einem zeitgenössischen Bericht, vom Landrat und „den vornehmsten Damen der Stadt“ begrüßt. Die Bevölkerung widmete ihm ein Hurra und die Glocken der Stadt läuteten. Alle Vereine und Schulen standen in den Straßen Spalier. Die Straßenränder waren mit frisch geschlagenen Tannenbäumen geschmückt. …

Sein Sohn, der spätere Kaiser Wilhelm II., hat die Universitätsstadt an der Lahn nie besucht.

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6 Kommentare

Eigentlich ganz gut, dass der angestrebte Brunnen auf dem Maktplatz nicht verwirklicht wurde.

Man stelle sich vor, anstatt den traditionellen Marktfrühschoppen würden heute Kaiser's Geburtstag auf dem Marktplatz feiern ...

Ein Kommentar zu diesem „Beinahe-Denkmal“ bietet sich an. Einmal sollte es der unbefangene Blick auf diese – vergangene – Zeit sein. In Marburg war zur Kaiserzeit ganz offensichtlich das Militärische tonangebend (aber nicht nur in Marburg). Die Straßen im neuen Südviertel wurden nach erfolgreichen Schlachten von 1870/71 benannt. So gab es eine Wörthstraße (heute Liebigstraße) und sogar einen neuen Stadtteil mit Namen „Elsaßhausen“. Man sonnte sich in der – endlich - siegreichen Vergangenheit, die erst wenige Jahrzehnte zurück lag. 1945 wurden diese Straßen und Bezeichnungen im Gleichklang mit den kurzeitig vergebenen Nazi-Namen um- und rückbenannt. Friedrich wurde als Militärführer gesehen und geachtet. Sein Name stand für Siege als Heerführer in den Kämpfen gegen Österreich und Frankreich.

Aus späterer Sicht ist Friedrich beschrieben als liberale Hoffnung für das Deutsche Reich. Auch hatte er sich gegen den aufkommenden Antisemitismus ausgesprochen. Diesen Einschätzungen konnte sich in dem entfernt von Berlin liegenden Marburg wohl kein Bürger widmen. Das informative Zeitalter war noch weit entfernt. Der Bürger erhielt seine Informationen durch die Oberhessische Zeitung. Weitere Informationen gab es nicht. Eine Begründung für das Denkmal aus der heutigen Sicht auf den liberaleren Friedrich (im Vergleich zu seinem Sohn) kann nicht gegeben werden.

Übrigens - noch eine kurze Anmerkung: Der Brunnen von damals ist dann wirklich durch einen anderen Brunnen mit dem Hl. Georg ersetzt worden. Was in dem Schreiben des Komitees anklingt, der Brunnen sei kein Schmuckstück und passe nicht zu Marburg, war offensichtlich Allgemeingut.

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