Das Tintenfass. Eine kleine Anekdote aus meinem Leben

mein erster Füller mit Schutzhülle, bekam ich zu meiner Konfirmation 1956
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  • mein erster Füller mit Schutzhülle, bekam ich zu meiner Konfirmation 1956
  • hochgeladen von Friederike Haack

Nach dem Tod meines Vaters 1944 haben wir, meine Mutter, meine Schwester und ich bei meinen Großeltern gewohnt. Wir hatten 1 Zimmer für uns im Wohnhaus des großen Bauernhofes. Mit uns und den Großeltern wohnten auch noch andere Familien, meistens Geschwister meines Vaters dort.

Da unser Zimmer ziemlich klein war, war es nur mit den notwendigsten Möbeln ausgestattet. Das bestand aus: einem Doppelbett mit Nachtschränkchen, davor einer Liege, einem Kleiderschrank und einem kleinen Tisch mit 3 Stühlen, an dem wir gegessen haben.

Meine Mutter hatte aus Ermangelung eines Schreibtisches, ihre Schreibutensilien auf ihrem Nachtschränkchen stehen gehabt, unter anderem auch ein Tintenfass.
Ich habe sie immer mit Bewunderung beobachtet, wenn sie mit Tinte geschrieben hat und die Tintenfeder in die Tinte eingetaucht hatte und damit schreiben konnte.

Als ich 5 Jahre alt war, wollte ich eines Tages auch ausprobieren, wie das funktioniert. Meine Mutter ist gerade zu meiner Tante gegangen und ich erfasste diese Gelegenheit. Dazu.

Mit Ehrfurcht näherte ich mich dem Tintenfass.
Ich nahm den Stöpsel ab und wollte gleich zum Schreiben loslegen. Aber ohne Feder ging das nicht.
So begann ich nach ihr zu suchen. In der einen Hand hielt ich nun schon das offene Tintenfass fest und mit der anderen Hand versuchte ich, die etwas klemmende Schublade vom Nachtschränken auf zu ziehen.
Und es passierte das, was natürlich schon vorhersehbar war. Die Schublade ging mit einem Ruck auf, so dass ich einen Schuppser bekam und das Tintenfass fiel mir aus der Hand. Die ganze Tinte ergoss sich auf das Schränkchen, auf die Wand und natürlich auch auf mein hübsches blaues Pepitasommerkleid.
Ich holte schnell einen Lappen und wollte den Nachtschrank abwischen, aber damit habe ich die ganze Sache noch schlimmer gemacht, ich habe nämlich die ganze Tinte noch mehr verteilt.

Heulend lief ich zu meiner Tante, wo meine Mutter sich noch aufhielt. Ich war mit Tinte am ganzen Körper voll geschmiert, sogar in den Haaren hatte ich die schöne königsblaue Tinte. Als meine Mutter mich in der Tür erblickte, holte sie schon aus, um mich zu „versohlen“. Da war sie immer schnell dabei, wenn wir was ausgefressen hatten.
Meine Tante sah das, sprang vor meine Mutter, nahm mich am Arm und versteckte mich hinter sich.
Sie sagte mit erhobener Stimme zu meiner Mutter: „ Du wirst sie nicht schlagen, du hättest dafür sorgen müssen, dass die Kinder nicht an das Tintenfass dran kommen Die Kinder sind nun mal neugierig und die Rike wollte es Dir nachmachen, was sie bei Dir immer wieder gesehen hat“.
Meine Tante ist mit mir dann ins Bad gegangen und hat mich zuerst mit normaler Seife versucht, von der Tinte zu befreien. Die Tinte erwies sich als ziemlich hartnäckig und deshalb kam dann die Wurzelbürste zum Einsatz. Die Tinte ging zwar relativ gut ab, aber dafür sah ich jetzt aus wie eine „Rothaut“.
Das war für mich eine heilsame Lehre, ich habe danach immer einen großen Bogen um das Tintenfass gemacht.

Bürgerreporter:in:

Friederike Haack aus Marburg

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