BEACH BOYS FRAGMENT AUF TENERIFFA

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Teneriffa. Zu den wichtigsten Musik-Genies des 20. Jahrhunderts zählt Brian Wilson aus Hawthorne, California. Er zeigte schon früh Interesse an der Musik. Als Jugendlicher analysierte er vor allem die mehrstimmigen Vokalharmonien der weißen Vokalgruppen (Four Freshmen, Hi-Los, Four Aces) und studierte deren Stücke mit seinen beiden jüngeren Brüdern Dennis und Carl ein. Die Eltern Murry und Audree Wilson unterrichteten ihre Kinder Brian und Carl in Gesang und Instrumentalspiel, während sich deren Bruder Dennis lieber am Strand vergnügte. Carl brachte Brian mit dem aktuellen Rock and Roll in Berührung, was Brian Versuche unternehmen ließ, den Harmoniegesang mit Rock and Roll Gitarrenriffs (Chuck Berry) zu unterlegen. 1961 gründeten die drei Brüder mit ihrem Freund Al Jardine und Cousin Mike Love eine Gesangsgruppe, die zunächst unter verschiedenen Namen auftrat. Der Surfer-Boy Dennis regte an, dass man den Surfsport, das Strandleben, die Girls und die Autos musikalisch thematisieren sollte. Gesagt getan – der Erfolg der Beach Boys wurde legendär.

Die Beach Boys wurden zur erfolgreichsten amerikanischen Band und verdrängten die Beatles vom Platz Eins der Hitparade. Der Welterfolg hielt bis in die 70-er Jahre an. Doch Brian wollte musikalisch weiterkommen. Er hatte den Kopf voller ungewöhnlicher Melodien und betrieb seine Selbstverwirklichung in den Aufnahmestudios der Plattenindustrie. Dort gelangen ihm Pop-Meisterwerke wie das Album „Pet Sounds“ und „Smile“ (an dem er 30 Jahre arbeitete). Doch Cousin Mike Love wollte nicht erwachsen werden und zog weiter um die Welt, um das kalifornische Lebensgefühl der 60-er Jahre zu besingen.

Inzwischen sind die Brüder Carl und Dennis Wilson verstorben, Al Jardine tingelt mit seiner eigenen Band irgendwo durch die USA, und Brian feiert unter seinem eigenen Namen Welterfolge mit seinen genialen Kompositionen und einer virtuosen Band aus adäquaten Vollblutmusikern.

Tja, und Mike Love, der ewig Gestrige ist seit vielen Jahren der Frontmann einer Band namens „Beach Boys“, deren Mitglieder bis auf die Ausnahme Bruce Johnston (ehemals Aushilfe bei den Beach Boys) keine Verbindung zur Original-Gruppe haben. Diese Gruppe tritt musikalisch auf der Stelle und Mike Love singt heute mit fast 70 Jahren die Teeny-Songs aus den frühen 60-ern im Brustton der Überzeugung. Diese Gruppe beendete ihre Europa-Tournee am 7.7. mit einem Auftritt in der Stadt La Laguna auf der Insel Teneriffa.

In den frühen 90-ern hatte ich bei einem Deutschlandbesuch diese sogenannten „Beach Boys“ des Mike Love schon einmal bei einem Auftritt in Gießen erlebt. Nun war ich gespannt, ob und was sich in der Gruppe verändert hat. Um den Anachronismus des Mike Love zu erleben besorgte ich mir also rechtzeitig Karten für den einzigen Gig hier auf den Kanaren. Der Auftritt war für 21 Uhr angesetzt. Doch es war der 7.7. und die spanische Fußball-Nationalelf spielte den deutschen Nachwuchs an die Wand. Also mussten wir erst noch das Fußballspiel über uns ergehen lassen, denn in der riesigen Sporthalle waren zwei Leinwände montiert, auf denen man die Kickerei zeigte. Die Halle war zu einem Viertel gefüllt und das Publikum bestand aus drei Generationen, wobei die jüngste Generation eindeutig in der Überzahl war.

Als Deutschlands Alptraum beendet war, betraten drei namenlose kanarische „Musiker“ die Bühne mit Schlagzeug, E-Bass und E-Gitarre. Sie schrubbten einen Ohren betäubenden Klangbrei auf ihren Instrumenten und meinten, es wäre nicht nur Rock and Roll, sondern sogar “Surfmusik“. Man konnte sich nur angewidert die Ohren verstopfen, um dieses musikalische Nirwana zu überleben. Mehr ist hierzu nicht zu sagen.

Und dann kam der große Moment: die „Beach Boys“ betraten die Bühne, besser gesagt Mike Love, Bruce Johnston und fünf andere Musiker, die uns nicht vorgestellt wurden, weil sie wahrscheinlich bedeutungslos sind. Bruce Johnston erschien vom anstrengenden Tournee-Leben stark gezeichnet und machte einen altersschwachen Eindruck, während der Frontmann Mike Love immer noch nach den leckeren Teenagern schielte, die schon beim ersten Song bis and den Rand der Bühne stürmten, um seine Hand zu schütteln. Mike agierte in gewohnter Sunny-Boy-Manier. Er fand sich immer noch unwiderstehlich (after all those years). Das anspruchslose kanarische Publikum zeigte starke Beifallsbekundungen für die ewigen Songs aus den 60-ern und 70-ern. Ich füge hier eine Original Playliste des Abends bei, die wir nach dem Konzert von der Bühne holten. Sie war an Mike Loves Platz auf den Boden geklebt, damit er das Programm steuern konnte.

Der mehrstimmige Gesang wurde durch Playback-Einlagen unterstützt, denn die beiden Protagonisten haben starke Einbußen in den Stimmen zu verzeichnen, währen der Bassist noch eine recht gute Falsett-Stimmlage zustande brachte. Der Schlagzeuger war stimmlich auch gut drauf, während sich die Fähigkeiten der anderen Musiker auf ihre Instrumente beschränkten. Der Lead-Gitarrist war relativ jung und zog seitens der weiblichen Fans mehr Blicke auf sich als Opa Mike, was diesem nicht so ganz egal war. Bei „Barbara Ann“ durften schließlich einige weibliche Teenies auf der Bühne herum hopsen, um zu beweisen, dass sie nicht wissen, was Rock and Roll ist.

Fazit: ein stimmungsvoller Auftritt einer Band, die es nicht mehr gibt, aber immer noch die herrlichen alten Kamellen drischt. Ein Abend zum Mitgrölen der Strandlieder und ein wenig austoben direkt vor der Bühne (obwohl die Sicherheitskräfte dies erfolglos zu vermeiden suchten). Danke Mike Love und Bruce Johnston. Wenn die nächste Tournee aus Altersgründen nicht mehr statt findet, werden wir Euch kaum vermissen.
Es lebe Brian Wilson und seine anspruchsvolle Musik.

Mehr Infos zu den „echten“ Beach Boys hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Beach_Boys

Bürgerreporter:in:

Hans-Rudolf König aus Marburg

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