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Ist eine Welt ohne Waffen möglich?

Dieser Beitrag wurde von den NachDenkSeiten übernommen. Er ist im Original hier nachzulesen. Der Artikel erschien mit einer Creative Commons Lizens.

Der Erfinder des Dynamits Alfred Nobel sprach nach dem Friedenskongress 1892 in Bern zu seiner Freundin, der Friedensaktivistin Baronin Berta von Suttner: „Meine Fabriken werden vielleicht dem Krieg noch früher ein Ende machen als Ihre Kongresse. An dem Tag, da zwei Armeekorps sich gegenseitig in einer Sekunde werden vernichten können, werden wohl alle zivilisierten Nationen zurückschaudern und ihre Truppen verabschieden.“

Leider hatte er Unrecht: Die „zivilisierten“ Nationen sind nicht erschaudert, das Militär wurde nicht verabschiedet. Trotz der Atomwaffen, der Raketen, Kampfbomber und Drohnen ist der trügerische Glaube an die Abschreckungskraft von Rüstung noch immer intakt. Und das, obwohl der moderne Krieg die Grenzen des Ethischen längst überschritten hat und die Geschichte zeigt, dass Militär die Sicherheit nicht erhöht, sondern vermindert. – Mit diesen Worten leitete kürzlich Olaf Weber einen Beitrag über die von Ihm begründete Initiative „Welt ohne Waffen“ aus Weimar ein. Mit ihm sprach Jens Wernicke.

Eine Welt ohne Militär ist möglich!

Herr Weber, wenn Sie eine „Welt ohne Waffen“ fordern, ist das sicher vielen sympathisch, wird manchen jedoch gleichwohl illusorisch erscheinen: Wir sind doch alle bedroht und permanent „in Gefahr“ – durch Russland, den Terror und so vieles mehr… Und in dieser Situation fordern Sie, die Waffen niederzulegen?

Jede Waffe gerät in die falschen Hände, weil sie zum Zwecke des Tötens angefasst wird. Die Gefahr geht nicht von Russland, nicht von der Türkei oder den USA aus, sondern vom Militär. DAS Militär und das militärische Denken haben sich in Eintracht mit anderen konfliktfreudigen Kräften selbst ermächtigt, obwohl sie gegenüber dem sozialen, kulturellen und ökologischen Zustand der Gesellschaft nur Negativbilanzen aufzuweisen haben. Auch in der Außenpolitik gilt eine angebotene Hilfe als konterminiert, sobald das Militär einbezogen wird.

Militär existiert nur im Widerschein eines anderen Militärs, lebt aber auf Kosten der Zivilgesellschaft. Die militärischen Eliten gehören ein und derselben Clique an, teilen aber des Krieges wegen die immer gleichen Soldaten in Freunde und Feinde. Die eigentliche Front befindet sich also nicht zwischen den Völkern, sondern zwischen dem Militär und den Machtpolitikern einerseits und der zivil Gesellschaft andererseits – und das über den ganzen Globus hinweg.

Und es hat sich gezeigt, dass man das Militär nicht wirklich einhegen kann. Es reduziert allein durch seine Existenz den Willen zu energischen diplomatischen Lösungen, es zermürbt den Frieden. Das ist einer der Gründe, weshalb Militär nicht mehr ins 21. Jahrhundert passt. Es ist atavistisch, gehört abgeschafft.

Aber bei all den „humanitären Katastrophen“ weltweit – da müssen wir, muss Deutschland doch, wie es so schön heißt, „Verantwortung übernehmen“… Oder etwa nicht?

Verantwortung heißt, die Menschenrechtspolitik mit dem Frieden zu verbinden. Akute Bedrohungen durch internationale Verbrecherbanden könnten durch eine starke UN-Menschenrechtspolizei aufgelöst werden. Dabei könnten Verdächtige mit Hilfe von nicht-tod-bringenden Waffen einem Gericht zugeführt werden – so, wie es in zivilisierten Gesellschaften üblich ist.

Es ist anzunehmen, dass es solche kriminellen Akte auch künftig geben wird. Sie bleiben aber unterhalb der Schwelle von Kriegen, wenn sie nicht durch militärische Handlungen wie Waffenlieferungen oder Interventionen befeuert werden.

Aus den Diktaturen Iraks, Saudi-Arabiens, Syriens, Jordaniens und anderen sind immer Menschen geflohen, ich kenne seit Jahrzehnten mehrere davon. Aber das war noch kein Krieg. Der völkerrechtswidrige Krieg der USA gegen den Irak war dann der Urknall für die Destabilisierung der ganzen Region. Als Hauptschuldiger dieser Menschheitskatastrophe wird sicher ein Name in die Geschichtsbücher eingehen: Georg W. Bush. Und die britischen und die französische Regierung wollten in Libyen an Dummheit und Arroganz nicht nachstehen. Die Entstehung von Al Qaida, ISIS und anderen gewalttätigen Organisationen war zwar durch langanhaltende gesellschaftliche Verwerfungen vorbereitet, doch der Flächenbrand mit Hunderttausenden Toten und Millionen Flüchtlingen ist das Ergebnis der leider wenig einfühlsamen Politik des Westens.

Dazu passt auch die terroristische Art der Kriegsführung gegen den Terrorismus: Mit Flugzeugen, Raketen und Drohnen wird auf Verdacht getötet. Es werden keine Gefangenen gemacht, die später vor einem anerkannten Gericht die Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit erleichtern könnten. Somit wird auch kein künftiger Versöhnungsprozess vorbereitet.

Das bedeutet, der zunehmende Interventionismus vor allem des Westens sowie seine sogenannte „Schutzverantwortung“ sind was genau für Sie?

Schlechte Selbstdarstellungen. Der Raum im Norden Afrikas und des Nahen Ostens hatte des Öles wegen schon lange nichts mehr mit den schönen Geschichten aus „Tausend und eine Nacht“ zu tun. Doch was macht es für einen Sinn, einige dieser leidenden Völker auch noch mit Krieg zu bestrafen? Zumal solche, die trotz despotischer Regime ein relativ reiches zivilgesellschaftliches Leben entwickelt hatten und laizistische Staaten waren – wie Irak, Syrien und Libyen?

Es ist offensichtlich, dass die Auswahl der bekämpften Diktatoren nach Menschenrechtskriterien sehr zufällig, aus geopolitischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten hingegen sehr zielgerichtet erfolgte. Ziel der NATO war es offenbar, ungehörige durch hörige Despoten abzulösen und dabei die Freundschaft zu den alten Folterregimen in Saudi-Arabien und Ägypten zu festigen oder wiederherzustellen. Lediglich in Tunesien konnte das Volk einigermaßen frei von äußerer Intervention seine Revolution durchführen. Also: Der Versuch eines gewaltsamen Regierungswechsels durch Interventionen ist nicht ohne Grund völkerrechtswidrig.

Gewalt ist also niemals eine Lösung, außer vielleicht…?

Außer zuzeiten einer Revolution oder bei einem individuellen Tyrannenmord. Ich lehne Gewalt grundsätzlich ab, aber in einer Revolution stürzt das Volk selber seine Regierung. Es hat dafür seine Gründe, seine eigene Kultur, seine Traditionen und Ziele – und es kann selbstbestimmt über das Ende entscheiden.

Dagegen ist eine Intervention eine äußere Gewalt, die fadenscheinige, wenn auch hehre Ziele behauptet, jedoch stets scheitert, weil sie fremd ist und eben militärisch daher kommt. Und das Schlimmste: Sie zerstört die Selbstheilungskräfte eines Volkes. Nur behutsame Eingriffe könnten nachhaltig sein und unterschiedliche Entwicklungsniveaus respektieren.

Und es gibt kaum einen Bürgerkrieg, an dem nicht ausländische Kräfte die inhärente Entwicklung zu verfälschen suchen. Stellvertreterkriege sind infame Verbrechen an einem Volke. In ihnen kommt eine verhängnisvolle Eigenschaft von Militär und Geheimdiensten zum Ausdruck: Sie überschätzen ihre Möglichkeiten und verbreiten Illusionen über ein schnelles glückliches Ende, die dann zu Katastrophen führen. So wurde etwa die Destabilisierung von Irak, Libyen und Syrien verantwortungslos eingeleitet, ohne die grauenhaften Folgen einer solchen Politik in die Kalkulation einzubeziehen. Friedensfachleute hätten anders gedacht, gefühlt und gehandelt.

Neben den wirtschaftlichen Hintergründen gibt es innenpolitische Motive für Interventionen. Irgendwo wird Krieg geführt, um im eigenen Lande die nächste Wahl zu gewinnen. Das ist ein besonders infamer Kriegsgrund – zumal dann, wenn die militärische Aktion offiziell unter dem Etikett von Menschenrechten und Demokratie geführt wird.

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Olaf Weber war von 1993 bis 2009 Professor für Ästhetik an der Bauhaus-Universität Weimar. Nach seiner Emeritierung will er sich zunehmend mit der Schönheit der Abrüstung beschäftigen. Er ist Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Frieden und Internationales der Grünen und Teilnehmer am Petra-Kelly-Kreis für Frieden und Menschenrechte.

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42 Kommentare

»Weil man dann keine Abschreckung mehr hat.«

Ich glaube nicht, dass z.B. die USA Atomwaffen brauchen, um ein Land wie Nordkorea in Schutt und Asche zu legen.

Und verehrter Karl-Heinz, es gibt einen erheblichen qualitativen Unterschied zwischen dem Einsatz von Atomwaffen und konventionellen Mordinstrumenten: Ein konventionell zerstörter Landstrich kann - im Prinzip - sofort wieder aufgebaut werden, wenn die Kampfhandlungen vorbei sind. Bei einem atomar zerstörten Landstrich geht das wegen der Langzeitwirkung der frei werdenden Strahlung nicht so ohne weiteres.

> "Ich glaube nicht, dass z.B. die USA Atomwaffen brauchen, um ein Land wie Nordkorea in Schutt und Asche zu legen"

Nö, aber solche Länder wollen Abschreckungsmittel, um sich vor den USA zu schützen.

Von "in Schutt und Asche legen" war hier nicht die Rede sondern davon, dass man sich atomaren Drohungen und atomarem Einsatz eines Landes wie Nordkorea nicht schutzlos aussetzen darf.

Hans-Joachim Zeller versucht also erneut, vom eigentlichen Thema abzulenken.

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