Heldentage

Mickel Schwab, Martinn Leiminger, Jörg Hillenmeyer, Werner Fickel (v.l.)
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  • Mickel Schwab, Martinn Leiminger, Jörg Hillenmeyer, Werner Fickel (v.l.)
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Mit strahlenden Augen stehen Jörg, Martin, Mickel und Werner auf der Bühne und repräsentieren zusammen mit vielen anderen Special Olympics Athleten das Bundesland Bayern. Während die Anderen ganz klassisch in Dirndl und Lederhosen gekleidet sind, tragen die vier Sportler vom Integrativen Sportverein SG-Handicap Nördlingen historische Gewänder, wie früher die Nördlinger Stadtsoldaten. Alle Menschen – ob vor oder auf der Bühne – wiegen gemeinsam die Arme im Takt des Special Olympics Liedes „Let me win“, mit dem die Bremer Studentin und Sängerin Jenny Schröder noch einmal das Gefühl der vorangegangen, zahlreichen Siegerehrungen aufkommen lässt. Nach vier Tagen, voll mit neuen Eindrücken, Emotionen und Medaillen, herrscht Abschiedsstimmung in der Erzgebirgsarena in Altenberg.

In der sächsischen Wintersportstadt, haben vom 28. Februar bis zum 3. März die Special Olympics National Winter Games stattgefunden. Ganz unter dem Special Olympics Motto „In jedem von uns steckt ein Held“.

Bereits am Sonntag war ein Teil der Rieser Athleten – Werner Fickel und Mickel Schwab aus Nördlingen und Martin Leiminger aus Maihingen – mit ihren drei Trainern angereist, um am Montag ausgeschlafen und ausgeruht den Tag zum Langlauftraining nutzen zu können. Nachmittags war das Team komplett – Abfahrtsläufer Jörg Hillenmeyer aus Zoltingen war mit seinen Eltern ebenfalls angekommen. Nachdem alle Sportler und Betreuer ihre Akkreditierungen abgeholt hatten und viele bekannte Gesichter begrüßt und alte Freunde in die Arme geschlossen worden waren – Special Olympics Wettbewerbe sind immer wie ein großes Familientreffen – wurden die Athleten zur Aufstellung gerufen. Mit dem Einmarsch der Delegationen aus 13 Bundesländern und vier Gastnationen (Polen, Niederlande, Österreich, Schweiz) begann die große Eröffnungsfeier, die von der ARD-Moderatorin und Eisschnelllauf-Weltmeisterin von 1997, Franziska Schenk gemeinsam mit dem Athletensprecher von Special Olympics Deutschland Roman Eichler moderiert wurde. Es war eine beeindruckende Eröffnungsfeier, mit 1500 Zuschauern. Der offizielle Special Olympics Eid („Lasst mich gewinnen. Doch wenn ich nicht gewinnen kann, lasst mich mutig mein Bestes geben!“) wurde von Peter Möser (SO Athlet Ski Alpin) aus Dresden und Diana Sartor (Skeleton Weltmeisterin 2004) aus Altenberg gesprochen. Ein besonders imposantes Zeremoniell war dieses Mal das Entzünden des Olympischen Feuers; ein Großteil der beteiligten Sportarten war dabei integriert. Zuerst nahm die Fackel ihren Weg den hell erleuchtenden Altenberger Skihang herunter, getragen von einem Skiläufer und zwei Snowboardern, im Auslauf wurde sie an eine Biathletin weitergereicht, die auf Langlaufskiern an den Bob-Olympiasieger Harald Czuday weitergab, er fuhr im Bob zu einem kleinen Eisplatz, dort durfte die Fackel in den Händen einer Eiskunstläuferin noch ein paar Runden drehen, bis sie schließlich bei Elisa Reppert angekommen war, Special Olympics Langläuferin aus Dresden. Sie hatte die große Ehre, das Feuer zu entzünden. Zum Schluss gab es noch ein großes Feuerwerk.

Die Zahlen dieser Special Olympics National Winter Games 2011 sind genauso eindrucksvoll wie die Eröffnungsfeier es war: ca. 1600 Teilnehmer, 620 Athleten mit geistiger Behinderung und Unified-Partner, 250 Betreuer, 350 Volunteers, ca. 100 Familienangehörige und viele, viele Medaillen in den acht Wintersportarten Eiskunstlauf, Eisschnelllauf, Ski Alpin, Ski Langlauf, Snowboard, Floorball, Schneeschuhlauf und Ski Cross! Damit war es die größte Sportveranstaltung für Menschen mit geistiger Behinderung in diesem Jahr – mit Teilnehmerrekord der seit 1999 auf nationaler Ebene ausgetragenen Winter Games.

Die bekannte Sportstadt Altenberg, die die Spiele austragen durfte, zeigte großartiges Engagement – angefangen bei Bürgermeister Thomas Kirsten, der sich selbst als den „glücklichsten Bürgermeister Deutschlands“ bezeichnete, bis hin zu den Schülern, die sich mit Fan-Projekten engagierten und die Sportler mit selbstgebastelten Plakaten an den Wettkampfstätten anfeuerten.

Neben dem üblichen Special Olympics Rahmenprogramm – Wettbewerbsfreies Angebot, Gesundheitsprogramm Healthy Athletes, Familienprogramm, Athletendisko und tägliche Siegerehrungen – gab es anlässlich des 20. Geburtstags von Special Olympics Deutschland eine ganz besondere Aktion. In Zusammenarbeit mit der Firma ABB, einem Special Olympics Premium Partner, wurde eine Video-Wunschbox errichtet. Dort konnte man eine Botschaft mit Dingen, die man sich von oder für Special Olympics wünscht aufnehmen lassen. Das Ergebnis bei Facebook und Youtube kann sich sehen lassen.

Auch die Ergebnisse der Rieser Athleten können sich sehen lassen! Bei den Ski Alpin Wettbewerben hatte Jörg Hillenmeyer es nicht leicht – in seinem ersten Lauf fiel er den Kampfrichtern zum Opfer und wurde wegen einer Kleinigkeit disqualifiziert; in seinem zweiten Lauf verhedderte sich sein Ski anfangs im Netz und Jörg konnte nur noch den sechsten Rang erreichen. Aber „Jörgi“ hat den Olympischen Gedanken wunderbar verinnerlicht und feuerte fortan seine Vereinskameraden am Rand der Langlaufloipen an und feierte bei den Siegerehrungen lauthals mit.
Bei den 1000 Metern der Langläufer waren Werner, Mickel und Martin noch ein wenig schüchtern. Jeweils in unterschiedlichen Alters- bzw. Leistungsgruppen gestartet konnten sie zwei Mal den vierten Platz (Mickel und Werner) und einmal den fünften Platz (Martin) erreichen. Im 3000 Meter Lauf fing dann die Medaillenjagd an. Werner Fickel und Mickel Schwab, dieses Jahr zum ersten Mal bei Winterspielen dabei, erreichten den ersten und zweiten Rang. Ein Mal Silber und ein Mal Gold für die SG-Handicap Athleten gleich am ersten Finaltag! Am letzten Finaltag holte sich auch Martin Leiminger über die 500 Meter eine Goldmedaille. Eine wahre Zitterpartie wie bei den Profis – kurz vor dem Ziel gestürzt, streckte er schnell noch ein Bein über die Ziellinie und erreichte somit eine neue persönliche Bestzeit.

Wegen des krankheitsbedingten Ausfalls von Langläufer Markus Protte fand zwar keine Staffel mehr statt, aber am Donnerstagabend konnten die Athleten glücklich und mit Medaillen um den Hals in die historischen Gewänder schlüpfen, die Hüte mit den großen Federn aufsetzen – die vor allem bei den Sportlern anderen Delegationen für viel Freude und oftmals auch ein kleines Kitzeln im Gesicht sorgten – und sich ein letztes Mal auf den Weg ins Stadtzentrum von Altenberg, nach „Olympic Town“, machen und mit den anderen Sportlern aus Bayern auf ihren großen Auftritt in der Erzgebirgsarena warten. Der hatte natürlich auch einen besonderen Grund. Bei der teilweise live im MDR übertragenen Abschlussfeier der Altenberger Spiele wurde die olympische Fahne feierlich an eine Vertreterin aus München übergeben. In der bayerischen Landeshauptstadt werden im Mai 2012 die nächsten Special Olympics National Summer Games stattfinden, im Olympiapark, als Geschenk zu dessen 40. Geburtstag! Und wenn man die strahlenden Gesichter von Jörg, Martin, Mickel und Werner auf der Bühne sieht, im Hintergrund die Hymne „Let me win“ gespielt wird, Arme im Publikum und auf der Bühne sich im Takt dazu bewegen, das Blitzen von Fotoapparaten und Kameras und zum Abschluss langes Klatschen und Jubeln hört, dann weiß man, München muss sich ganz schön ins Zeug legen für die nächsten „Heldentage“.

Bürgerreporter:in:

Verena Leiminger aus Nördlingen

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