Lars trifft* Marco Stichnoth

Lars Klingenberg mit Marco Stichnoth im Gespräch
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Herr Stichnoth, danke, dass Sie für die Leser von myheimat und die Hörer von Radio Flora für ein Interview in der kurzen Pause zwischen der Vorrunde und den Play-offs Zeit haben.

Fangen wir mit Ihnen an, Sie haben eine steile Karriere im Eishockey hingelegt. Sie haben 1996 als Berater beim ESC Wedemark angefangen, weiter ging es 2001, als Sie einer der Macher der Eishockey-WM 2001 waren. Seit 2004 sind Sie nun Geschäftsführer der Scorpions-Betriebsgesellschaft. Wie kam Ihre Liebe zum Eishockey?

Marco Stichnoth: Ich bin seit 1975 zu den Spielen des ESC Wedemark mit dem Klappfahrrad gefahren. 1996 kam die Anfrage von Joe Wests Schwager, ob ich Joe West nicht in irgendeiner Form helfen könnte. Im Gespräch mit Jochen Haselbacher stellte sich dann heraus, dass nicht Joe West Hilfe braucht, sondern der Verein nach dem Aufstieg.

Mit dem sogenannten Alpenvulkan Hans Zach haben Sie 2006 einen der erfahrensten und viel geachteten Trainer verpflichtet, nachdem die Vorgänger die Mannschaft immer wieder zwischen den Play-offs und den Play-downs platzierten. Wie sehen Sie die damalige schwere Zeit heute?

Marco Stichnoth: Es waren wirtschaftlich gesehen damals andere Voraussetzungen. Familie Haselbacher hatte versucht, mit Sponsoren aus der Region, Eishockey von der Regionalliga in die DEL (Deutsche Eishockey Liga) hoch zu bringen, was ihnen dann auch gelang, doch dann war die Grenze erreicht. Mit dem Gang zur Papenburg AG wurden andere Möglichkeiten geschaffen. Mit Hans Zach haben wir einen Trainer gefunden, der in die Philosophie der Scorpions passt.

Wo sehen Sie seine Stärken?

Marco Stichnoth:Hans Zach kennt seine Mannschaft genau, er weiß die Fähigkeiten seiner Spieler und kann genau sehen, wie er das Training mit der Mannschaft dosieren muss. Ihn zeichnet die Ehrlichkeit und die Geradlinigkeit aus, dass wissen die Spieler zu schätzen und sind bereit, mehr zu geben als in einer anderen Konstellation.

Kommen wir zur heutigen Zeit und dem aktuellen Geschehen rund um die Scorpions.

Sportlich läuft es sehr gut, die Scorpions belegen mit 4 Punkten Rückstand auf den Vorrundenmeister Eisbären Berlin den 2. Platz, im DEB Pokal sind die Scorpions erst im Finale am Rivalen aus Wolfsburg gescheitert. Wo sehen Sie zurzeit die Stärken und die Schwächen der Mannschaft?

Marco Stichnoth: Die Stärke der Mannschaft ist die Kompaktheit, dass sie durchgängig gut besetzt ist, dass sie als Team auftritt und in der Lage ist, Spiele zu gewinnen. Schwächen sehe ich weniger, wir haben nur nicht die Konstanz gehabt gegen Mannschaften zu gewinnen, die defensiver und bzw. kampfbetonter spielen und haben dadurch einige Niederlagen einstecken müssen. In den Play-offs werden die Karten neu gemischt.

Haben sie einen Wunschgegner für die Play-offs?

Marco Stichnoth: Zuschauertechnisch sollte es einer der Nordklubs (Hamburg und Wolfsburg) werden. Sportlich gesehen sind aber alle 4 Pre-Play-off-Mannschaften sehr stark und sehr ernst zu nehmende Gegner sind.

Gestern meldete sportbild.de, dass Hans Zach den Vertrag mit den Scorpions nicht verlängern wird. Wenn Sie jetzt entscheiden müssten, welchen Trainer würden Sie verpflichten?

Marco Stichnoth: Es ist eine verständliche Entscheidung, die Hans Zach getroffen hat. Der Trainer, der sein Nachfolger wird, muss in die Philosophie passen und sollte die von Hans Zach weiterführen. Es ist vorstellbar, dass Christian Künast (Co- Trainer) die Mannschaft übernimmt, da er die Mannschaft und die Philosophie kennt bzw. auch unter Hans Zach schon die Mannschaft trainiert.

Wie sieht es mit den Planungen für die Mannschaft in der Saison 09/10 aus?

Marco Stichnoth: Wir planen zurzeit noch gar nicht, da wir abwarten müssen, wie es finanziell weiter geht, ob Sponsoren weggehen oder bleiben, bzw. wie der Dauerkartenverkauf verläuft. Wir werden im Sommer wahrscheinlich dieses Jahr mehr Ausschau halten wie sonst. Außerdem haben wir noch Spieler, die auch Verträge für die neue Saison haben.

Kommen wir zu einigen Spielern. Mit Dimitri Pätzold und Andy Reiss standen beim Olympia-Qualifikationsturnier gleich zwei Scorpions-Spieler im Kader von Uwe Krupp. Wie sehen Sie die Entwicklung der recht jungen Spieler?

Marco Stichnoth: Das war unser Ziel seit 2004, dass sich die Spieler in Hannover entwickeln können, und es ist nach wie vor erfreulich, da mit Nicolai Goc auch ein fester Spieler im Kader ist. Für Andy Reiss als Hannoveraner freut es uns besonders, dass er durch seinen Fleiß und die Arbeit unseres Trainers es so weit geschafft hat. Wir hoffen, dass sich auch in Zukunft Spieler aus Hannover so entwickeln, dass sie international spielen können.

Das Thema Doping ist in aller Munde, in der Bundesliga stehen 2 Spieler im Verdacht, dass sie 10 Minuten zu spät kamen, um zu verschleiern, dass sie gedopt waren. Wie wird das Thema Doping bei den Scorpions und in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) gehandhabt?

Marco Stichnoth: Alle Athleten unterliegen der Nada (Anm: Nationale Anti Doping Agentur) und haben somit Auflagen, die erfüllt werden müssen. Auch beim Eishockey gibt es hin und wieder noch Gespräche mit den Spielern, nur dürfen die Leute von der Nada dann den Spieler nicht aus den Augen lassen, damit kein Schindluder getrieben wird. Wir sind in der glücklichen Situation, dass es beim Fußball und beim Eishockey Leistung nicht durch Doping zu verbessern. Beide Sportarten haben eine Vorbildfunktion für Kinder, aus diesem Grund ist der Kampf gegen das Doping sehr wichtig.

Kommen wir zu den aktuellen Geschehnissen rund um die Tui Arena und die Fans der Scorpions.

Wie kann es sein, dass an normalen Wochenenden 12.000 Fans zu den Spielen der Indians bzw. Scorpions gehen, aber wenn die Deutsche Nationalmannschaft hier spielt, sich pro Spiel gerade mal 5000 Zuschauer (wie beim Spiel gegen Österreich beim Qualifikationsturnier) in die Tui Arena verlaufen?

Marco Stichnoth: Es ist für den Standort Hannover sehr schade. Die Fans beider Lager nehmen die Spiele der Nationalmannschaft nicht an. Die DEL muss sich aber auch WARUM fragen, da das Thema Nationalmannschaft nicht vernünftig kommuniziert wird. Man muss stolz auf seine Nationalmannschaft sein und das auch an die Fans weiter tragen. Da der Standort Hannover das weiter tragen nicht geschafft hat und die Zuschauerzahlen bei den Spielen der Nationalmannschaft rückläufig sind, findet auch der Deutschland Cup nicht mehr in Hannover statt. Wir müssen schauen, wie wir das deutsche Eishockey und die Nationalmannschaft allgemein besser darstellen.

Im Umfeld des Spiels im Januar gegen Iserlohn kam es zu Ausschreitungen zwischen einigen Fans der Scorpions und den Iserlohnern. Mit welchen Sanktionen müssen die Fans rechnen?

Marco Stichnoth: Wir beobachten die Fanszene sehr genau, im Fußballbereich haben die sogenannten Fans kein Dach mehr, wo sie Unfrieden stiften können, den sie nun beim Eishockey suchen. Wir müssen den Kontakt zu den Fangruppen suchen, um die Leute von dem Gewaltpotenzial abzubringen. Wir müssen Lösungen finden, um die gewaltbereiten Fans schon im Vorfeld von ihrem Gewaltpotenzial abzubringen.

Die TUI Arena hatte in den letzten Monaten Schlagzeilen gemacht, als es darum ging, die Region Hannover auszuzahlen. Wie geht es nun weiter, können Sie die Fans der Scorpions beruhigen?

Marco Stichnoth: Der Streit um die TUI Arena hat nicht unbedingt mit dem Beruhigen der Fans zu tun. Die TUI Arena ist in Gesprächen wie es mit dem Unternehmen weiter geht, nach einer Auszahlung an die Region, wozu die Arena verpflichtet ist. Das Geld für die Zahlung an die Region würde dann zu Lasten der Zuschüsse der Papenburgs an die Hannover Scorpions gehen. Wir setzen aber daran, dass es eine vernünftige Lösung geben wird.

Kommen wir mal etwas auf die Eishockey Szene in Hannover zu sprechen. In der Region Hannover sind neben den Hannover Scorpions noch die Hannover Indians und die Langenhagen Jets angesiedelt. Wie sehen Sie den Kampf um die Zuschauergunst?

Marco Stichnoth: Ich glaube auch nicht, dass die Anhänger der beiden kleinen Vereine (Pferdeturm Towers und Langenhagen Jets) zu den beiden etablierten Vereinen (Scorpions und Indians) gehen würden. Genauso glaube ich nicht, dass die Fans der Hannover Indians zu den Spielen der Scorpions gehen würden, außer wenn befreundete Mannschaften in der Arena spielen und um gegen die Scorpions zu schreien. Wir haben es zusammen mit den Indians geschafft, in Hannover den Eishockeysport bekannter zu machen durch den sportlichen Erfolg beider Mannschaften. Die Indians kommen an ihre Kapazitätsgrenzen, da ihre Heimspiele fast jedes Wochenende ausverkauft sind und sie anbauen müssten, um ihre Kapazitäten zu erhöhen. Wir haben noch genügend Kapazitäten, die man nutzen kann, nur müssen wir noch daran arbeiten, diese zu füllen.

Nennen Sie mir einige Standpunkte, die für die Scorpions und gegen die Indians und Langenhagen Jets sprechen?

Marco Stichnoth: Wir haben sportlich gesehen ein hervorragendes Produkt. Außerdem besitzen wir eine der schönsten Hallen Deutschlands, die jeden einlädt, diesen tollen Sport zu erleben. Bei den Indians ist es mehr das traditionelle Eishockey, was dem Ursprungsfan am nächsten liegt. Außerdem zieht auch die außergewöhnliche Atmosphäre (Anm: die Spieler der Indians werden von einem Meer von Wunderkerzen in der Nordkurve beim Einlaufen begrüßt) bei den Spielen die Fans an den Turm. Mittlerweile wurde mir auch berichtet, dass es hervorragende Bratwürste gibt. Die Jets möchten vom Konzept her jungen und talentierten Spielern die Möglichkeit geben, auf Regionalligaebene zu spielen, Bruce Keller leistet mit den Jets eine tolle Arbeit, wo es sein kann, dass der eine oder andere Spieler später mal bei den Scorpions oder Indians spielen könnte. Wir beobachten die jungen Spieler und werden bestimmt wie die Indians auch vielleicht dem einen oder anderen Spieler die Chance geben, sich beim Training zu präsentieren.

In einem Interview, welches sowohl in der HAZ als auch in der Neuen Presse abgedruckt wurde, haben Sie sich mehr als negativ über die Indians geäußert. Ich möchte kurz auf das damalige Interview noch eingehen.

Waren Sie jemals am Pferdeturm, wenn nein, wie kamen die Anschuldigungen zustande?

Marco Stichnoth: Ich war schon öfters am Pferdeturm und Herbert Müllerchen (Betreiber der Eishalle am Pferdeturm, schönen Gruß) weiß, wenn ich komme, dass ich eine verkohlte Bratwurst bekomme. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass die Toiletten nicht immer ordentlich sind. Mittlerweile habe ich mitbekommen, dass die Toiletten und auch die Bratwürste in Ordnung sind. Kernpunkt der damaligen Aussage war, dass es unterschiedliche Zielgruppen gibt und dass sich jeder auf seine Zielgruppe beschränken muss, was keinesfalls böse in Richtung der Fans vom Pferdeturm gemeint war. Die Indians Fans haben eine spezielle Atmosphäre, wo das eine oder andere auch etwas provokant ist. Entscheidend ist aber, dass das Thema Eishockey in der Stadt lebt.

Zum Schluss des Interviews nenne ich Ihnen einige Stichworte und bitte um kurze Antworten:

Hannover Scorpions:

Marco Stichnoth: Rock 'n' Roll on Ice, am Vortag des Interviews waren Klaus Meine, Rudolph Schenker und Mathias Japs in der Arena, um in alten Zeiten zu schwelgen, als alles 1996 anfing mit den Scorpions. Damals war es im Gegensatz zu heute ein wilder Haufen, während heute alles professionell organisiert wird.

Hans Zach:

Marco Stichnoth: Braucht man nicht viel sagen, er hat viel für den Standort und für die Hannover Scorpions getan. Wir sind froh und glücklich, ihn nach Hannover geholt zu haben.

Am Ende der Saison ...

Marco Stichnoth: (lacht) … wird das Eis abgetaut wie in jedem Jahr

In 10 Jahren bin ich ...

Marco Stichnoth: 10 Jahre älter

Herr Stichnoth:, wir danken Ihnen für das Interview und wünschen den Hannover Scorpions eine erfolgreiche Play-off-Runde.

Marco Stichnoth: Ich danke auch.

Text:Lars Klingenberg
Fotos:Kurt Battermann und Lars Klingenberg (Fremdfotos sind gekennzeichnet)

Bürgerreporter:in:

Lars Klingenberg aus Lehrte

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