LETS Landsberg wird 20 – ein Interview

Local Exchange Trading System LL kurz LETS LL oder umgangssprachlich Tauschring Landsberg wird zwanzig. Grund genug für mich, ein Interview mit der Initiatorin Claudia Schlenz zu führen

Wann genau hast du angefangen, darüber nachzudenken ein anderes System des Gebens und Nehmens ins Leben rufen zu wollen?
Genau kann ich mich nicht mehr erinnern, irgendwie war es schon seit meiner Jugend in mir. Ich ärgerte mich oft über „die Decke, die sich nicht durchstoßen ließ“ und über die Ungerechtigkeit, dass ich mit Fleiß auch auf keinen grünen Zweig kam. Dies war in der Generation meiner Eltern noch anders.

Was war dann der endgültige Auslöser?
Ich kam 1992 über einen Zeitungsartikel auf und in den neu gegründeten Münchner Tauschring. Nach vielen hilfreichen und sehr freundschaftlichen Erfahrungen mit den Tauschringteilnehmern ließ ich mich breit schlagen, ein Stadtteiltreffen zu organisieren. Als ich 1997 von München nach Landsberg zog, sollte es vorbei sein mit Tauschen? Das konnte ich mir nicht vorstellen, ich wollte diese zusätzliche Möglichkeit nicht mehr missen.

War es von Anfang an als reines Tauschsystem gedacht?
Bei uns in Landsberg war es von Anfang an gedacht als ein Austausch von Dienstleistungen. Jeder kann was und kann damit Zeiteinheiten verdienen, die er bei jemand anderem wieder ausgeben konnte.

Warum ist LETS kein Verein?

Die rechtlichen Regelungen einen Verein zu gründen waren uns zu unfrei. Kurzerhand wurden wir eine Ansammlung mündiger Bürger, die eine Idee leben wollten.

Wer waren die ersten Teilnehmer?
Als erste Teilnehmer kann man 3 Menschen bezeichnen. Außer mir war es Elisabeth Antal und ihre Untermieterin Morggaine. Elisabeth lernte ich über den Tauschring Weilheim kennen.

Wie sah die Struktur am Anfang aus?

Die Struktur ist im Großen und Ganzen gleich geblieben. Anfangs habe ich alles selber gemacht, schon bald war klar, ich brauche Hilfe beim Buchen und Verwalten der Konten und ich musste zuverlässig das Monatstreffen anbieten. Zuerst trafen wir uns in meinen Räumen der Kinesiologischen Praxis. Nach kurzer Zeit schon mussten wir uns in Gaststätten und deren Nebenräumen treffen, da diese Idee viele Interessierte anzog.

Wie war Entwicklung die ersten Tage bis fünf Jahre?
Nun, nach dem Gründungsabend, bei dem die Presse anwesend war und den weiteren Monatstreffen hatten wir regen Zulauf. Die meisten Interessierten meldeten sich gleich an und der TR bekam Leben. Die Öffentlicharbeit am Anfang brachte nicht wirklich mehr Teilnehmer. Viele der Teilnehmer, die selber ein eigenes Netzwerk hatten, empfahlen uns in ihrem Bekanntenkreis. Darüber haben wir die meisten neuen Teilnehmer gewonnen.

Und die Struktur von damals bis jetzt?
Ganz einfach, damals habe ich fast alles selbst gemacht, als es mir zu viel wurde haben sich andere in Teilbereichen mitgekümmert. Das ist bis heute so.
Wir hatten ja, um das Rad nicht nochmal zu erfinden die Regeln und „Wartung“ eins zu eins von München übernommen. Über die Jahre haben wir in demokratischer Weise verschiedenes geändert. Eine eigene Webseite und einen Emailverteiler haben wir eingerichtet, den jeder Teilnehmer nutzen kann. Dadurch gehen die Angebote und Gesuche schneller an die Leute. Natürlich fällt bei immer mehr Teilnehmern und einem wachsendem Orgateam ein höherer Zeitbedarf für unseren Aufwand an. Neu kommt seit 2017 nun hinzu, dass wir ein LETS-Reisebüro bekommen haben.

Wann wurden die verschiedenen Manager eingeführt?

Anke Schrey war schon im zweiten Jahr unsere Patin. Sie kümmerte sich darum den Neulingen behilflich zu sein, mit dem System klar zu kommen. Eine Kontenverwaltung war von Anfang an notwendig und jemand, der die Zeitung macht. Das war der Grundstock des Orgateams und mit der Anzahl und dem allgemeinen Bedarf wuchsen die Stellen, die es zu besetzen galt. Irgendwann nannten wir sie Manager. Da ich mich selber von „für alles zuständig“ zu „ich kann mich nicht um alles kümmern“ veränderte, brauchte ich Unterstützung.

Was gefällt dir an LETS?

Alles. Die Möglichkeiten, die Kontakte, die sozialen Studien, dem Geldsystem ein anderes Geltsystem gegenüber zu stellen.
Am besten gefällt mir, dass ich immer wieder Menschen auf so einfache Weise finde, die mir fachkundig bei meinen persönlichen Problemen und Anliegen helfen und dass ich im Großen und Ganzen es mit sehr lieben Menschen und freundschaftlichen Kontakten zu tun habe.

Was gefällt dir nicht so sehr an LETS?

Mitansehen zu müssen wenn Menschen an ihre Mauern im Gehirn stoßen oder über ihr Ego zu stolpern.

Was wünscht du und was erhoffst du dir von LETS Landsberg für die Zukunft?

Das sich der TR nicht überaltet und wir kontinuierlich auch junge Menschen dafür gewinnen können. Für junge Menschen oder Familien attraktiv zu sein und zu bleiben.
Dass das Engagement und die Freude jemanden zu unterstützen, nicht abreißt, dass Dienste übernommen werden, wenn jemand sie nachfragt.

War LETS schon immer LETS?
Ja, LETS wurde so von England übernommen. Die Grundregeln sind heute noch die selben, jede Arbeit ist gleichwertig und wir bezahlen uns mit unserer Lebenszeit. Die LETS-Gruppen auf der ganzen Welt haben diese Grundregeln als Voraussetzung. Deshalb können wir uns so gut mit anderen vernetzen. Inzwischen hat so gut wie jeder Landkreis in Deutschland seine eigene LETS-Gruppe.

Die ungekürzte Ausgabe des Interviews gibt es in der LETS-Zeitung. Die nächsten LETS-Treffen 2017 sind am 3. Juli, 7. August, 4. September, 2. Oktober, 6. November, 4. Dezember.
Wo: Waitzinger Bräustüberl, Beginn 20:00 Uhr für Interessenten bereits um 19:30 Uhr
Infos auch auf der HP: www.tauschring-landsberg.de

Bürgerreporter:in:

Andrea Skorpil aus Vilgertshofen

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