Keine Maibowle, oder Männer hören nicht richtig zu

Erst sollte es Anfang Mai sein, dann zu Pfingsten, nämlich in gemütlicher Runde eine selbst gemachte Maibowle trinken an einem dieser sehnlichst erwarteten schönen Abende, an denen man noch bei Freunden auf der Terrasse sitzt und nach dem langen Winter so schnell nicht aufstehen will,
aber dazu kam es nicht, das heißt, Pfingsten wurde es, wir saßen auch zusammen, zwar nicht auf der Terrasse, dafür ohne Bowle, weil es nach wie vor zu kalt war, nun sollte es also an einem Sonnabend im Juni sein, aber aus der Maibowle wurde wieder nichts, denn Bernd hatte seine Hausaufgaben nicht gemacht, und die lauteten von Ines klar und deutlich: kümmere dich um die Zutaten, den Wein und so weiter, er hatte sich nicht um die Zutaten gekümmert,
das brauchte er zwar nicht selbst machen, doch er sollte einen Maibowlenexperten darum bitten, der ebenfalls am Tisch saß, aber der hatte das wohl nicht richtig verstanden, und Mosel hatte er auch nicht aus dem Keller geholt, doch das ging auch nicht - und hier war Männe entschuldigt- es war nämlich gar keiner da, weil er keinen besorgt hatte, das war auch irgendwie unter gegangen , und selbst wenn, eine Bowle anrichten war auch nicht so sein Ding, das hätte Ines auch selbst machen müssen, zum ersten Mal in ihrem jungen Leben, obwohl das eigentlich Männersache sei.
Nun war nichts vorbereitet, weil die Männer nicht richtig zugehört hatten, als es darum ging, ein paar Kleinigkeiten zu erledigen, und das hatte Folgen, Ines war sauer, das war sie zwar schon vorher, weil sie etwas verspätet nach Hause gekommen war, und wenn man sowieso schon leicht nölig ist sollte man sich überlegen, was man sagt, doch das tat sie nicht, aber wer kann das schon, wenn einem vorher dies und dann das und danach alles verquer gelaufen ist, sie verteilte jedenfalls ein paar sanfte Spitzfindigkeiten.
„Das ist typisch“, sagte sie „mein Gemahl hat mir wieder mal überhaupt nicht zugehört“, sie zeigte auf Bernd, obwohl alle wussten, wer ihr Gemahl war ,“wenn man nicht alles selber macht, ich ackere mich hier ab, und mein Männe weiß von nichts, passt nicht auf, wenn man ihm etwas sagt, tut wie Tulpe und sitzt da wie‘n Ochsenfrosch aufer Erdbeertorte.“

„Ochsenfrosch“? wiederholte Männe, (Anmerkung: das hatte er richtig verstanden) „und das sagt mir mein Cello“, und vollführte mit seinen Händen eine Rundung, die die eines Cellos bei weitem übertraf.

Ines Augen weiteten sich, habt ihr das gehört, fragte sie, das ist die Höhe,
Naja Ochsenfrosch auf Erdbeertorte war ja auch nicht ganz ohne, kam ein Einwand
„Männe“ nickte zustimmend, während Ines das Cello weiterhin als überhaupt nicht wahr empfand, und den nicht zuhörenden Ochsenfrosch auf Erdbeertorte jedoch als Tatsachenbeschreibung einstufte.

Das Gespräch verlief ein paar Sätze lang nur zwischen den beiden nach dem alten Vers
Verliebt, er spricht, sie hört zu
Verlobt, sie spricht, er hört zu
Verheiratet, sprechen beide, die anderen hören zu

Ines Schlusssatz war: Auf ihn passt das Lied von Mary Roos „ Stark bin ich nur mit Bier“,
(im Original heißt es: „nur mit Dir“),
was dieser Satz in diesem Zusammenhang sollte, blieb unklar.

Dann beruhigte sie sich, war kompromissbereit, und nahm die Erdbeertorte zurück, mehr nicht, immerhin, doch jetzt waren die Gemüter leicht in Wallung geraten, auch ohne Maibowle, zumal mein Gegenüber sich völlig unbedarft mit der Frage vorwagte, ob wir denn überhaupt Waldmeister hätten, den hätten sie früher immer selbst gesammelt, und hier sei Vorsicht geboten, denn Waldmeister könne man leicht mit Maiglöckchen verwechseln, die wiederum mit Bärlauch, und das Ganze sei überhaupt sehr kompliziert.

Wir hatten keinen, dank Waldi, stellte Bernd fest, der hat nämlich keinen mitgebracht, und schaute mein Gegenüber an, der schaltete jetzt auf stur und erklärte, das er 1.Waldemar hieß, und so viel Zeit müsse sein, denn man sagt ja auch Maria und Josef, und nicht Sepp und Mirzel 2. wüsste er davon überhaupt nichts und 3. hätte er noch gar keinen Waldmeister gesehen, wohl wegen der Kälte.

Zunächst herrschte Schweigen, dann meinte Männe, „ich dachte, den würde es einfach so geben“, und er habe sich darauf verlassen, das Waldi sich darum kümmere, er seufzte, irgendwie hätten wohl alle was falsch verstanden, wenn überhaupt, dann stand er auf und versorgte uns mit Bier, auch Waldi.

Es wurde wieder still am Tisch und wir schauten den Schwalben nach, die elegant in großer Höhe durch die Luft segelten, Ines unterbrach das Schweigen und sagte: „Gestern ist eine Krähe ganz niedrig über den Gartenzaun geflogen“, “Und?“ fragte Männe „Kanntest Du sie“? Ines schaute ihn fassungslos an, die anderen auch und fingen an zu lachen, nur Männe lachte nicht, er hatte schon wieder nicht richtig zugehört.

Gerd Szallies

Bürgerreporter:in:

Gerd Szallies aus Laatzen

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