Hartz-IV und Düsseldorfer Tabelle

Kinder kosten Geld, wie viel hängt allein davon ab, wer nach welcher Vorschrift zahlen muss. Ich stelle hier die Beträge aus dem Unterhaltsrecht dem Sozialrecht gegenüber.
Heute werden rund die Hälfte aller Ehen geschieden, den nötigen Scheidungsantrag stellen wiederum rund zur Hälfte die Frauen. So entstehen, wenn Kinder da sind, die vielen „Alleinerziehenden“, sie werden geradezu vorsätzlich produziert. Ein vermeidbarer Sozialfall?
Das Unterhaltsrecht bestimmt, dass beide Elternteile für den Kindesunterhalt aufzukommen haben. Der Alleinerziehende erbringt seinen Teil als Erziehungsleistung, der andere hat zu zahlen, so etwa die Logik der Familiengerichte. In der Mehrzahl der Fälle heißt das: das Kind geht zur Mutter, der Vater hat zu zahlen – aber wie viel?
Die Höhe des monatlich zu zahlenden Betrages hängt (allein) vom Einkommen des Unterhaltsverpflichteten ab. Die Höhe in Deutscher Mark, heute Euro, hat das Düsseldorfer Oberlandesgericht in einer Tabelle, die alljährlich fortgeschrieben wird, festgelegt. Diese „Düsseldorfer Tabelle“ wird praktisch von allen anderen Familiengerichten in den „alten“ Bundesländern übernommen. Für die „neuen“ Bundesländer gibt es die Abwandlung in Form der „Berliner Tabelle“.
Die niedrigste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle geht bis 1.500 Euro Monatseinkommen. Nach dem Alter des Kindes gestaffelt beträgt der jeweilige monatliche Unterhaltssatz für 2010:
0 bis 5 Jahre: 317 Euro,
6 bis 11 Jahre: 364 Euro,
12 bis 17 Jahre: 426 Euro,
über 18 Jahre: 488 Euro.
Eine (nicht formal-juristische) Berechnungsgrundlage für diese Sätze gibt es nicht, jedenfalls habe ich keine finden können. Eine Bedarfsermittlung, wie sie das Bundesverfassungsgericht (BVG) für die Leistungen nach den Hartz-IV-Bestimmungen gefordert hat, gibt es nicht und wird vom BVG auch nicht gefordert.
Jetzt zu Hartz-IV.
Das BVG hat in seinem Urteil zu den Hartz-IV-Leistungen vorgegeben, dass die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze offengelegt werden müsse. Das Gericht hat also die fehlende Offenlegung der Berechnung nicht aber die Höhe der Regelsätze angegriffen. Dabei ging es vor allem um die Berechnung der Regelsätze für Kinder, die nicht einfach als Prozentsatz eines Erwachsenen gerechnet werden dürfen. Frist zur Neuberechnung bis Ende 2010.
Manche Kritiker der alten Rechnung behaupteten, dass so zwar die Kinder einen Geldanteil für Alkohol und Tabak nicht aber für Bildung bekämen. Dass man bei den tatsächlichen Ausgaben aber frei war und statt Schnaps und Zigaretten für die Kinder auch Bildung kaufen konnte, wurde geflissentlich unterschlagen. Dieses Problem ist ja jetzt gelöst, in den Regelsätzen gibt es für niemand mehr Geld für Alkohol oder Tabak.
Notgedrungen begann die Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (www.bmas.de) neu zu rechnen, oder besser, ließ durch das Statistische Bundesamt rechnen. Die Ergebnisse dieser aufwendigen Statistikarbeit sind inzwischen im Netz abrufbar und wurden – auszugsweise – von der Presse veröffentlicht.
0 bis 5 Jahre: 215 Euro,
6 bis 13 Jahre: 251 Euro,
14 bis 18 Jahre: 287 Euro,
Single: 364 Euro.
Die Einzelaufteilung ist:
Kind Kind Kind Single
0 – 5 6 – 13 14 -18
Nahrung, alkoholfreie Getränke 79,00 97,00 125,00 129,17
Kleidung, Schuhe 31,00 34,00 37,00 30,57
Wohnung (ohne Miete), Energie, 21,00 23,00 30,00 30,41
Möbel, Hausgeräte 27,56
Gesundheitspflege 6,00 5,00 7,00 15,64
Verkehr 12,00 14,00 13,00 22,91
Nachrichtenübermittlung 16,00 16,00 16,00 32,14
Freizeit, Unterhaltung, Kultur, 37,00 46,00 37,00 40,18
Beherbergungs-, Gaststätten 7,20
Bildung 1,00 1,00 0,30 1,40
Sonstiges 9,00 7,00 11,00 26,65
Rundungsdifferenz 1,00 -1,00 - 1,30 0,00
Summe 213,00 242,00 375,00 363,80
Ausgleich Bestandsschutz 2,00 9,00 12,00 0,00
Summe (Zahlbetrag) 215,00 251,00 287,00 364,00
Vergleiche ich die Single-Regelsätze mit den Aufzeichnungen meiner eigenen Ausgaben, dann bleibe ich mit gut 70 Euro für Nahrung und Getränke deutlich unter dem Regelsatz. Der Ansatz für Bildung ist lächerlich und für Nachrichtenübermittlung, gemessen an den Telekomtarifen erheblich zu gering. Insgesamt liegen meine Ausgaben deutlich unter dem Single-Regelsatz. Anders: ich halte den Single-Regelsatz um hundert bis hundertfünfzig Euro für zu hoch.
Wer es genau wissen will oder wer die Zahlen und Rechnung der Bundesregierung angreifen will, der sei zunächst auf die von www.bmas.de ins Netz gestellten Statistiken verwiesen und mag dann anhand der Zahlen etwas Besseres nachweisen – oder wie ich, einfach die eigenen Ausgaben dagegen stellen.
Unterhaltszahlungen für Pflegekinder, zu zahlen von den Eltern oder gezahlt von den Jugendämtern sind ein anderes Beispiel für rechtlich willkürliche Setzung des Unterhaltsbetrages. Etwas anders liegen die Dinge bei der Halb/Vollwaisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, deren Sätze sich von der Höhe der (Alters-)Rente des (verstorbenen) Unterhaltspflichtigen ableiten.

30.09.2010
Hermann Müller
Bentieröder Bruch 8
OT Bentierode
D-37547 Kreiensen

Bürgerreporter:in:

Hermann Müller aus Einbeck

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