Fototipps: Menschen im Blitzlicht

Typisches Familiefoto mit integriertem Blitz: Frontale, flache Ausleuchtung, reflektieren Flächen spiegeln den Blitz, kommen zum Teil zu hell, dafür säuft der Hintergrund ab.
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  • Typisches Familiefoto mit integriertem Blitz: Frontale, flache Ausleuchtung, reflektieren Flächen spiegeln den Blitz, kommen zum Teil zu hell, dafür säuft der Hintergrund ab.
  • hochgeladen von Jens Schade

Menschen und Blitzlicht: Das ist ein heikles Gebiet der Fotografie. Beispiele, was da alles schief gehen kann, finden sich zu Hauf im Netz. Doch das Ganze ist kein Phänomen des neuen digitalen Fotozeitalters. Auch die Analogfotofreunde vergangener Tage (das klingt jetzt, als wäre es ewig her, dabei begann der Siegeszug der Chips und Speicherkarten doch erst vor kurzem) hatten damit zu kämpfen. Grund genug, einmal darüber etwas zu schreiben.

Weil die Fotoszene nach meinem Geschmack bei myheimat etwas zu kurz kommt, will ich ab und zu mit Beiträgen zu Fotothemen den Fokus auch mal auf dieses schöne Hobby richten. Bei der Frage "über was könnte man schreiben", stieß ich auf Berichte der Fotogruppe Döhren, die diese Anfang der 80iger Jahre in einem örtlichen Anzeigenblatt veröffentlichte. Mitbürger wollte man für das schöne Hobby Fotografie begeistert und natürlich sollte daneben etwas Eigenwerbung für die Gruppe betrieben werden. Auch ich verfasste in diesem Rahmen ab und zu einige Artikel zu fotografischen Themen. Der döhrener Fotoclub ist zwar längst Geschichte, doch die alten Fototipps halte ich nach wie vor für interessant. Deshalb hier der Text, den ich damals zur Blitzlichtfotografie geschrieben habe.

Jetzt, wo die Tage wieder kürzer und die Nächte länger werden (ich weiß, im Moment ist es draußen eher umgekehrt der Fall, aber der Text erschien im Oktober 1980 und da passte die Beschreibung der natürlichen Lichtverhältnisse) gewinnt das Fotografieren mit Kunstlicht an Bedeutung. Gut, es gibt Zeitgenossen, die können sich ein Studio mit Scheinwerfern, Lichtwannen und Spotleuchten leisten. Aber die Mehrzahl von uns wird in dunklen Zeiten eher zu einem elektronischen Blitzgerät greifen. Batterien einlegen oder Akku aufladen und dann müssen die Familienmitglieder als erste Opfer für ein „Blitz-Porträt“ herhalten. Doch –oh weh! Die Ergebnisse, die da auf dem Ladentisch des Fotohändlers liegen (man bedenke: 1980 wurden zumeist die belichteten Filme im Fotogeschäft abgegeben und erst Tage später war das Ergebnisse dann in Form von Abzügen zu sehen) entsprechen überhaupt nicht den Erwartungen. Die Gesichter sind kalkig weiß, hässliche Schlagschatten fallen auf den Hintergrund, das Motiv wirkt irgendwie „flach“ und bei Colorbildern gibt es zu allem Überfluss auch noch rote Kaninchenaugen. Kein Grund aufzugeben und die Fotoausrüstung bis zum nächsten Sommerurlaub einzumotten. Nur ein paar Kleinigkeiten sind zu beachten, um die Probleme meistern zu können.

Rote Augen werden vermieden, indem einfach nicht direkt in Augen unseres Models geblitzt wird. Schon Zentimeter schaffen Abhilfe. Dann kann der rötliche Augenhintergrund das Blitzlicht nicht mehr reflektieren. Im Handel wird diverses Zubehör angeboten wie Winkelschienen, um den Elektronenblitz in eine andere Position zu bringen. Experimentierfreudige lösen den Blitz mit Verlängerungskabeln ganz von der Kamera.

An dieser Stelle muss ich aus dem „Jetzt“ wieder eingreifen. Zu der Zeit, als dieser Beitrag geschrieben wurde, war bei gehobenen Amateurkameras (bei Profimodellen sowieso) der Anschluss eines Blitzgerätes über die „X-Kontakt-Buchse“ mittels Kabel weit verbreitet (gute Kameras bieten diesen Service noch heute, wer seine Studioblitzgeräte über Kabel zündet ist dafür sehr dankbar), nur wenige Fotoapparate boten einen „Mittenkontakt“ im Blitzschuh. Aber dafür gab es Adapter zum Aufstecken und schon konnte das Blitzkabel auch hier verwendet werden. Dazu wurden Blitz-Verlängerungskabel angeboten, so dass noch mehr Bewegungsspielraum gegeben war. Nachteil des entfesselten Blitzes: irgendwie musste das Blitzgerät ja in seiner Position gehalten werden. Entweder hatte man es auf ein Stativ zu montieren oder ein Assistent wurde zur Unterstützung benötigt. Vorteil aber war, dass der Fotograf nicht frontal auf sein Opfer drauf ein blitzen brauchte, sondern er konnte schon etwas mit Licht gestalten. Das vermied zum einen rote Augen und zum anderen wurde das Motiv mit einem etwas seitlichem Licht plastischer ausgeleuchtet.

Heutzutage sind viele moderne Amateur-Blitzgeräte leider nur noch über den Mittenkontakt zu betreiben. D.h., sie müssen auf den Blitzschuh aufgesteckt werden. Ist der Fotograf auf den eingebauten Blitz seiner Kamera angewiesen, ist seine Lichtinstallation erst recht sehr unbeweglich. Immerhin, der technische Fortschritt hat dafür gesorgt, dass die meisten Kameras eine „Rote-Augen-vermeiden-Strategie“ fahren können. Das hilft manchmal, aber leider nicht immer. Doch mit den heutigen Bildbearbeitungsprogrammen lässt sich jeder Vampir wieder in einen normalen Menschen zurückverwandeln, entweder automatisch per Mausklick oder (wenn man‘s kann mit besseren Ergebnissen) mittels individueller Retusche. Das Problem der flachen Beleuchtung und der kalkigen Blitzgesichter hat man damit aber noch nicht gelöst. Gute aufsteckbare Blitze bieten heute indes einen Schwenkreflektor für indirektes Blitzen sowie herausklappbare Streuscheiben oder aufsteckbare milchig-transparente Kappen, die das Blitzlicht streuen und weicher machen. Oft ist das gar nicht mal so schlecht, trotzdem boten die alten Blitzgeräte mit Kabelanschluss nach meinem Geschmack t doch mehr Vorteile hinsichtlich der Gestaltungspielräume mit Licht. Genug mit meinen Anmerkungen; zurück zum damaligen Artikel:

Mit kleinen Amateurblitzgeräten ist selten ein großer Raum auszuleuchten. Mehrere Personen daher nicht zu stark in die Tiefe staffeln. Sonst werden die vorderen Menschen zu hell, die hinten stehenden Personen dagegen zu dunkel wiedergegeben. Denn: die Lichtstärke nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab. Ein Trick, der in in derartigen Situationen oft weiter hilft: Wir richten den Blitzreflektor gegen die – möglichst nicht allzu hohe, möglichst helle und möglichst weiße Decke (funktioniert natürlich nur bei Geräten mit Schwenkreflektor oder wenn man das ganze Blitzding auch getrennt von der Kamera in die Hand nehmen und nach oben richten kann). Dadurch wird das Licht gestreut und weicher; die Schatten fallen natürlicher aus (Licht von oben) und die Beleuchtungssituation ist einheitlicher.

Damals folgten an dieser Stelle jetzt Hinweise für die Einstellung der Blendenzahl (die Belichtungszeit war meistens – wenn keine Kamera mit Zentralverschluss verwendet wurde - durch die kürzeste Synchronisationszeit vorgegeben, oft max. 1/100 bis 1/125 sec.). Die Blendenzahl ließ sich mit Hilfe einer auf den Blitzgeräten angebrachten Rechenscheibe ermitteln. Seinerzeit waren sogenannte „Computerblitze“, die mit Hilfe einer Messzelle das reflektierte Licht registrierten und selbstständig den Blitz dosierten, noch relativ teurer Luxus. Heute im Zeitalter der TTL-Blitzbelichtungsmessung durch das Objektiv ist das natürlich alles kalter Kaffee und interessiert niemanden mehr. Diese Passagen habe ich daher ruhigen Gewissens gestrichen. Wichtig ist aber nach wie vor, dass – je nach Leistungsstärke des Blitzes – die Decke nicht zu hoch und möglichst hell sein sollte. Und eine farbig gestrichene Decke, die zwangsläufig dann auch entsprechend farbiges Licht auf unser Motiv wirft, kann selbst heute noch trotz automaischen Weißabgleich richtig störend wirken. Hat man keine passende Decke zur Hand, sind kleine weiße Reflektorflächen, die sich an Blitzgeräte befestigen lassen, durchaus eine Alternative. Sie sind käuflich zu erwerben oder können mit ein wenig Bastelarbeit selbst hergestellt werden.

Alle damaligen Tipps in den Artikel bezogen sich auf separate Blitzgeräte. Was machte aber jemand, der „nur“ eine dieser modernen Livestile-Kameras mit eingebautem Blitz besitzt, an der sich zu allem Überfluss kein Zusatzblitz anbringen lässt? Viel kann ein Fotograf mit dieser Ausrüstung nicht unternehmen. Das Licht lässt sich natürlich auch hier weicher machen, in dem irgendetwas „Lichtstreuendes“ (z.B. eine dünne Lage eines Papiertaschentuches) vor dem Blitzreflektor gehalten oder geklebt wird. Nachteil: die eingebauten Blitzgeräte sind in der Regel nicht besonders leistungsstark und alles, was zwischen Reflektor und Motiv gerät, minimiert die Leistung weiter. Eine andere Möglichkeit wäre der Einsatz eines zweiten separaten Blitzgerätes, das seinerseits durch den Kamerablitz ausgelöst wird (sog. „Slavefunktion“). Nachteil hier: es wird ein Stativ für diesen zweiten Blitz benötigt oder ein Assistent, der das Ding hält. Außerdem kann der Frontalblitz von der Kamera die Lichtstimmung des zweiten Blitzgerätes zerschlagen. Hier müsste die Leistung des Kamerablitzes, etwa durch Abkleben mit durchscheinendem Material, gezielt so verringert werden, dass gerade nur so viel Blitzlicht durchkommt, wie zum Auslösen des Hauptblitzes erforderlich ist. Ein bisschen viel Aufwand für ein Bild, ich gebe es zu.

Noch ein Wort zum Automatikbetrieb einer moderner Spiegelreflex- oder spiegellosen Systemkameras. Die Programmautomatik kann nach meinen Erfahrungen problemlos eingesetzt werden, wenn der Hintergrund noch relativ hell ist, also viel Licht aus anderen Quellen erhält. Ist der Hintergrund jedoch düster, dunkel, schummrig, kommen einige Kameras mit solchen Lichtsituationen besser im Modus „ Blendenautomatik“ zu Recht. Der Hintergrund erscheint dann bei diesen Kameramodellen etwas natürlicher und säuft nicht so ab. Aber auch hier heißt es ausprobieren, was die eigene Maschine leistet und was nicht.

Zum Ende noch ein Tipp, der nichts mit Blitzlichtfotografie an sich zu tun hat. Der Ursprungsartikel ist natürlich mit Beispielfotos erschienen. Die Veröffentlichungserlaubnis meiner Modelle dafür hatte ich mir mündlich geben lassen. Das schien mir damals ausreichend. Heute, mehr als dreißig Jahre später, sind die Models aus den Augen verloren und nicht mehr erreichbar, die mündliche Erlaubnis im Zweifel längst vergessen, jedenfalls nicht mehr beweisbar und überdies hat damals niemand an eine Veröffentlichung in einer Institution namens „Internet“ gedacht. Folge ist, dass ich die alten Bilder hier nicht mehr als Illustration verwenden kann (jedenfalls nicht ohne mich der Gefahr rechtlicher Probleme auszusetzen). Daraus habe ich gelernt: eine schriftliche Modelvereinbarung, in der dem Fotografen möglichst umfangreiche Veröffentlichungsrechte eingeräumt werden, ist die bessere Alternative.

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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