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Damals in Döhren: Die Wolle bestimmte das Leben im Stadtteil

Seit den 70ger Jahren gehe ich mit der Kamera auf Pirsch und begleite das Geschehen im späteren Stadtbezirk Döhren-Wülfel fotografisch. Einige der Aufnahmen von damals scanne ich jetzt nach und nach ein, um sie ins digitale Zeitalter herüber zu retten. Unter der Überschrift "Damals in Döhren" möchte ich den myheimat-Usern kleine Einblicke in mein Fotoarchiv geben. Vielleicht erinnert sich ja der eine oder andere Leser selbst noch an die damaligen Ereignisse.

Heute: Bilder von der alten Wolle

Auf einem alten Foto sieht er ein bißchen aus wie Karl Marx. Ein langer weißer Rauschebart schmückt Wangen und Kinn, durch die kleine Nickelbrille schauen kluge Augen. Doch sein Kapital war nicht in drei dicken Bänden zusammengefaßt. Er gründete damit ein aufstrebendes Wirtschaftsunternehmen. Johann Georg Ludwig Stelling ist der Vater der Döhrener Wolle. Über 100 Jahre lang bestimmte die Fabrik das Leben in Döhren. Bis 1973 das Ende kam. „Der Coup von Döhren.“ So nannte die Zeitschrift Capital das letzte Kapitel des größten Industrieunternehmens im Stadtbezirk. Die „Döhrener Wolle“ für immer ihre Pforten und Architekten der „Neuen Heimat“ planten Luftschlösser, die dann doch nicht so gebaut wurden. Und ein Großaktionär verdiente sehr gut am Tod einer Firma und den Verlust von 740 000 Quadratmetern Arbeitsplätze. Genau: Er bekam 55 Millionen Mark

Stelling, 1809 in Nienburg geboren, lernte in Bremen den kaufmännischen Beruf. Nach 1850 wirkte er in Hannover, gründete unter anderem eine Flachsspinnerei und eröffnete 1867/68 als Erster in Döhren eine mechanische Wollwäscherei: die Firma „Georg Stelling. Gräber & Breithaupt“. Wo? Natürlich in Döhren an der Leine, rund um das Grundstück der ehemaligen alten Wassermühle mit dem Duvewehr. Die Lage bot einige Vorteile: das Wehr steigerte die Wasserkraft der Leine, der Bahnhof Wülfel an der 1853 eröffneten Eisenbahnstrecke nach Göttingen und Kassel nicht weit. Mit etwa 20 bis 30 Arbeitern und Angestellten begann es, vier Jahrzehnte später gingen schon 2000 Leute zur Arbeit auf die „Wolle“. Ein eigener Gleisanschluss sorgte später für die Verbindung mit der Eisenbahn. Der Straßenname „An der Wollebahn“ erinnert noch daran. Das Turbinenhaus versorgte die Fabrik mit umweltfreundlichem Strom aus Wasserkraft. Dafür gruben Arbeiter einen kleinen Kanal in der Döhrener Leineinsel und schufen somit eine zweite kleine Insel. Turbinenhaus und Kanal sind geblieben, die Insel ist inzwischen wieder verschwunden. Die Neue Heimat ließ einen Leinearm zuschütten.

Döhrener Garn wird zum Qualitätsbegriff. Der Aufstieg der Wolle verlangte nach kräftigen Händen, die zupackten. Im Raum Hannover aber fehlten Arbeitskräfte. So holte die Fabrik ihre Arbeiter zum großen teil aus dem Eichsfeld und in Döhren wuchs eine neue katholische Gemeinde heran. 1872 wurde die Firma zur Aktiengesellschaft umgewandelt, 1881 gründete die Fabrik eine Werksfeuerwehr. Der sogenannte “Uhrturm“ erzählt noch heute davon. Im Turm hingen die Schläuche zum Trocknen. Im Gegensatz zu manch anderen Kapitalisten jener Zeit kümmerte sich die Werksleitung jedenfalls in gewissen Rahmen um ihre Beschäftigten. Neben der werkseigenen Siedlung „Döhrener Jammer“ gab es einen Kolonienwaren- und Lebensmittelladen, der seine Waren zum Selbstkostenpreis abgab, eine Werksküche mit Kasino war vorhanden ebenso wie Badeeinrichtungen für Betriebsangehörige und ihre Familien, ein Betriebsarzt kümmerte sich um die Arbeiter. Und es gab sogar eine Bücherei sowie eine eigene Krankenkasse.

Von den Direktoren der Wolle ist wohl Georg Heintze am bekanntesten. Er kam aus einer Amsterdamer Wollfirma und erweiterte den ursprünglichen Wäschereibetrieb um eine Kämmerei. Erfolg wird belohnt. Sehr bald wurde er dann zum Generaldirektor ernannt (1872 - 1924).

Der zweite Weltkrieg brachte starke Zerstörungen mit sich, Werte von 10 Millionen wurden ein Opfer. Doch bereits 1955 war schon wieder die Produktion der Vorkriegszeit erreicht. Das Ende der Döhrener Wollwäscherei- und Kämmerei AG ist unrühmlicher. Eine Reihe von - nie geklärten - Bränden in den Monaten August bis Oktober 1969 läutete den Untergang ein. Allein am 28.10.1969 wurden Hallen und Vorräte im Werte von über 20 Millionen Mark vernichtet. Am 23.11.1972 gab die Aktiengesellschaft dann eine kurze Pressemeldung heraus: „Die Kämmerei Döhren AG wird in den nächsten Wochen ihre Produktion in Hannover nach und nach einstellen. Die mit Kunden eingegangenen Kontrakte werden voll erfüllt.“

Spuren der großen Fabrik gibt es nur noch wenige. Hier aber sollen einige Bilder folgen, die nach der Schließung der Döhrener Wolle auf der damaligen Industriebrache Ende der 70ger Jahre entstanden sind.

Weitere Bilder von der Döhrener Wolle gibt es hier:

http://www.myheimat.de/hannover-seelhorst/kultur/d...

http://www.myheimat.de/hannover-seelhorst/gedanken...

http://www.myheimat.de/hannover-seelhorst/kultur/d...

  • Der Eingang zur Wolle
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  • Das Pförtnerhaus
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  • Uhrturm mit Lagergebäude
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  • Das Verwaltungsgebäude
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  • Verwaltungsgebäude ,it Eisenbahnbrücke
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  • Gitter vom Fabriktor
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  • Alte Situation der Straße am Lindenhof
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  • Eingang zum Pförtnerhaus, heute ein Chinarestaurant
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  • Das Turbinenhaus
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  • Verschwundener Inschriftenstein von der Wolle
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  • Noch einmal das Pförtnerhaus
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  • Leergeräumtes Fabrikgekände
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  • Alte Fabrikglocke
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  • Der Schornstein war weithin sichtbar.
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  • Fabrikuhr der Döhrener Wolle.
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  • Blick zum Uhrturm: Vorn: die Schienen der alten Wollebahn im Straßenpflaster.
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9 Kommentare

Auf den Gleisen der alten Schienbahn sind wir immer von Mittelfeld zu den Kiesteichen zum baden gelaufen. Der Zugverkehr hielt sich in Grenzen.
Es gibt heute noch eine Straße mit dem Namen ( an der Wollebahn )

Wilhelm, danke für deine sehr interessanten Kommentare!

Wirklich schön gemacht.

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