Ein Südstädter startete zum ersten Motorflug der Welt

In diesem gutbürgerlichen Haus in der Geibelstraße lebte Karl Jatho viele Jahre.
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In der Abteilung 37 des Engesohder Friedhofs (Hannover-Südstadt) erinnert ein Grabmal an einen bedeutenden (aber fast vergessenen) Pionier der Luftfahrt.„1. Motorflieger der Welt“ ist auf seinem Grabstein zu lesen. Hier in der Südstädter Erde ruht zusammen mit seiner Ehefrau Olga Karl Jatho.

Jatho war ein leidenschaftlicher Flugzeugkonstrukteur. Am 18. August 1903 startete er bei windstillem Wetter mit einem selbst gebauten Flugzeug auf den Vahrenwalder Heide nahe der Lister Mühle zum wahrscheinlich ersten Motorflug in der Geschichte der Menschheit. Erst vier Monate später unternahmen die Brüder Orville und Wilbur Wright in den Sanddünen an der Atlantikküste von North Carolina ihren Flugversuch, der fälschlicherweise immer noch in vielen Büchern als erster Motorflug der Welt geschildert wird. Dabei hatte ein Hannoveraner auch in der Luftfahrt die Nase vorn.

Am 3. Februar 1873 erblickte der kleine Karl als Sohn des Eisenbahnbureauassistenten Christopf Friedrich Wilhelm Jatho und seiner Ehefrau Johanne Caroline Henriette im Haus Umfuhr 9, dem späteren Raschplatz 13, das Licht der Welt. Karl trat zunächst in die Fußstapfen seines Vaters und wurde Beamter der Stadt Hannover. Jatho lebte einige Zeit lang in der Brandensteinstraße 41 bevor er in den 20ger Jahren des vorigen Jahrhunderts in die Südstädter Geibelstraße zog. Hier im Haus Nr. 72 lebte er bis zu seinem Tod.

Karl Jatho hatte zwei Steckenpferde. Bekannt wurde er als Fahrer von Riesen-Hochradrädern bis zu 3,50 Metern Höhe. Aber Karl wollte noch höher hinaus. Seine zweite Leidenschaft war die Fliegerei. Angeregt durch den Vogelflug baute Jatho als 23jähriger 1896 seinen ersten Gleitflieger. 1903 erwirbt er für 885 Mark einen 12-PS-Motor des Berliner Herstellers Serge und Sabeck und baut die Maschine in einen selbstkonstruierten Drachenflieger ein. Im August desselben Jahres sollte sich der Motordrachen dann zum ersten Mal in die Luft erheben. Jatho gelingt ein Flug von 18 Metern Länge in etwa einem Meter Höhe. Wenig später kann er die Leistung seines Fluggerätes schon auf 3 Meter Höhe und 60 Meter Weite steigern.

Jatho macht zunächst nicht viel Aufhebens um seine Flugkünste. Hintergrund war möglicherweise die Kabinettsorder vom 13. Juli 1839, die immer noch galt. Sie untersagte Beamten alle Nebenbeschäftigungen, die sie von dienstlichen Aufgaben ablenken konnten. Bei der Sportausstellung 1907 in Berlin tritt Jatho dann aber doch noch mit seinen Flugzeugen an die Öffentlichkeit. Eine Jahre später bietet er mit seinen „Jatho-Stahltauben“ erste Rundflüge über Hannover an. Lange hält der Erfolg nicht an. Seine Hannoverschen Flugzeugwerke mit Fliegerschule gehen im Verlauf des ersten Weltkrieges ein. Bis zu seiner Pensionierung 1926 arbeitet Karl Jatho dann nur noch als Beamter in der Stadtverwaltung. Er stirbt am 8. Dezember 1933. Sein Grab wird heute als Ehrengrab von der Stadt Hannover gepflegt.

Ob Karl Jatho wirklich der allererste Motorflieger war, ist nicht ganz hundertprozentig sicher. Neben den Russen AlexanderMoshaiski und dem FranzosenClement Ader könnte der Deutsch-Amerikaner Gustav Weißkopf vor Jatho zu Motorflügen gestartet sein, Von Weißkopf wird behauptet, dass er am 14. August 1901 im US-Staat Connecticut zum ersten Mal geflogen sei.

In diesem gutbürgerlichen Haus in der Geibelstraße lebte Karl Jatho viele Jahre.
Karl Jathos Grabstein auf dem Engesohder Friedhof.
Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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