Ein flüchtig Wort vom Munde fort - das überhör

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„Halt hoch die Ehr – Ein flüchtig Wort vom Munde fort – das überhör“,
dieser Leitspruch der „Schlaraffia Hannovera e. V“. aus den ersten Jahren des
20. Jahrhunderts ist heute gefragter denn je, hilft doch diese Einstellung einen Streit oftmals im Keim zu ersticken. Oder meinten die Schlaraffia-Altvorderen etwas anderes?
Die Schlaraffia ist eine Vereinigung von Männern zur Pflege von Freundschaft, Kunst und Humor (oberster Wahlspruch „In Arte Voluptas“
= in der Kunst liegt die Freude, das Vergnügen).
Erste Impulse dieser neuen Lebensart transferierten im Jahr 1859 Schauspieler des Deutschen Theaters in Prag. Die Ausbreitung des Schlaraffentums war danach nicht mehr aufzuhalten. Weltweit gründeten sich auf allen Kontinenten über 400 „Reyche“ (Standorte), von denen zur Zeit nur noch ca. 265 mit knapp 11000 Mitgliedern existieren. Im Laufe der Naziherrschaft sowie später durch die sozialistische Regierung der DDR mussten viele „Reyche“ in Deutschland ihre Pforten schließen.
Die weltweite Sprache der Schlaraffen ist Deutsch. Aber sie
haben auch eine eigene Sprache (Schlaraffen-Latein). Viele Begriffe sind der Rittersprache entnommen, kein Wunder, das „schlaraffische Spiel“ ist eine einzige Huldigung der romantischen Ritterzeit.
Das Wappentier ist der Uhu, der über dem Eingang der Ritterburg (Versammlungsraum) hängt. Schlaraffischer Gruß ist das „Lulu“. Dieses Kunstwort wird in den Sippungen (Zusammenkünfte) auch als Interjektion der Zustimmung und des Lobes verwendet, Einige Schlaraffen meinen, „Lulu“ ist die Kurzform von „Lustig, lustig“. Es gibt auch andere Erklärungsansätze, sie sollen aus Platzgründen hier keine Berücksichtigung finden.
Sippungen finden vom 1. Oktober bis zum 30. April (Winterung) statt und werden nur von Männern besucht. Bei besonderen Anlässen, beispielsweise beim „Burgfrauenabend“ (Ehefrauenabend), sind Ausnahmen von dieser Regel möglich.
Eine Sippung besteht in der Regel aus zwei Teilen. Der erste Teil ist zumeist protokollarischer Natur. Nach einer „Schmuspause“ (Sitzungspause) wird zusammen gesungen und gescherzt, oder aber einzelne „Sassen“ (Mitglieder) steigen auf die „Rostra“ (Rednerpult) und halten künstlerische Vorträge, beispielsweise selbst verfasste Gedichte und Lieder. Diese Fechsungen sind zeitlich streng limitiert. Tabu sind die Themen Politik, Geschäft (Beruf), Sex (sogenannte Männerwitze sind verpönt) und Religion.
Kostümiert sind die Schlaraffen mit einem reich verzierten Umhang (Rüstung) und einer Narrenkappe (Helm). Mit Karnevalisten möchten sie nicht verwechselt werden.
Aber auch im Sommerhalbjahr (Sommerung) gibt es gesellige Treffen und Veranstaltungstermine. Hier ist eine Teilnahme der Damen sehr erwünscht.
Wer kann Schlaraffe werden? Aufnahme finden Männer von unbescholtenem Ruf und gesicherter Stellung. Erwünscht ist auch ein reiferes Lebensalter.
Bei Erfüllung dieser Kriterien und nach Empfehlung eines Vereinsmitglieds (Paten), sind Gäste bei den Sippungen sehr willkommen. Sie genießen zunächst den Status eines Pilgers. Bei weiterer Teilnahme am Vereinsleben werden die Interessenten Prüflinge, dann, über Knappe, ein Junker, bis sie schließlich, nach einer strengen Prüfung, Ritter werden können.
Als Knappe legt der Schlaraffe seinen bürgerlichen Namen ab und gibt sich einen fantasievollen Ulknamen, primär aus den Bereichen Charaktereigenschaft oder beruflicher Tätigkeit.
Die „Schlaraffia Hannovera“ wurde 1880 als 20. Reych gegründet und ist eine „liebreyzende“ Tochter der „Schlaraffia Berolina“ (Berlin), die wiederum eine Tochter der „Allmutter Praha“ ist. Am Anfang des 20. Jahrhunderts hatten die hannoverschen Schlaraffen ihre „Ritterburg“ (Veranstaltungslokal) in der Gastwirtschaft „ Pilsner Urquell“, Windmühlenstraße 2b (Nähe Hoftheater). Heute ist ihr Versammlungsraum, Leineburg genannt, im Haus der Niedersächsischen Börse (rechter Seiteneingang), An der Börse 2. In der Winterung trifft man sich jede Woche mittwochs (Uhutag) um 19,30 Uhr.
Im Umkreis von Hannover gibt es noch weitere Schlaraffia-Vereine, es seien nur Castellum Peinense“ (Peine), „Schlaraffia Cell-Erika“ (Celle) und
„Schlaraffia Hildesia“ (Hildesheim) genannt.
Zum Schluss ein kräftiges Dankeschön an alle Schlaraffia-Web-Ritter.
Das Stöbern im „Schlaraffiareych“ bereitete dem profanen Besucher ein großes Vergnügen.

Bürgerreporter:in:

Bernd Sperlich aus Hannover-Bothfeld

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