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Goodbye Tony Sheridan

11. März 2013 - 15.00 Uhr: Hamburg nimmt Abschied von Tony Sheridan - Abschied von Dir, Anthony Esmond O´Sheridan-Mac Ginnity - geboren am 21. Mai 1940 in Norwich, England - verstorben am 16. Februar 2013 mit 72 Jahren nach einer Krebserkrankung in einer Klinik in Hamburg-Barmbek.

Im Altarraum von St. Michaelis leuchten Kerzen an Deinem Sarg - ein Sarg von Deinen Kindern bunt bemalt und beschriftet - eine Ecke mit frischen Rosen belegt - rechts daneben ein großes Foto von Dir, wie ich Dich in den 60er Jahren als Musiker im Star Club auf der Bühne sah - links neben Deinem Sarg Deine Gitarre, mit der Du die Welt verzaubert und legendäre Beat-Kult-Geschichte geschrieben hast.

Michel-Hauptpastor Alexander Röder führt liturgisch durch die Trauerfeier - für Dich, Deine Familie, Deine Freunde, Deine Wegbegleiter - deutsch- und englischsprachig für 400 Trauergäste. Deine Tochter Wendy Clare Sheridan-McGinnity singt zwei Soli Dir zu Ehren - "Autumn Leaves" und "Nature Boy". Deine Musiker-Weggefährten Frank Dostal und Colin Melander würdigen Dein Leben durch persönliche Worte voller Erinnerungen. E-Gitarren-Klänge gibt es heute keine, stattdessen behutsam intoniert von der großen Michel-Orgel "My Bonnie is over the ocean" - DEIN Song - DIR zur letzten Ehre. Die Trauergemeinde singt für Dich die Kirchenlieder "So nimm denn meine Hände" und "Großer Gott wir loben Dich" vom Orgelspiel begleitet.

Als Du mit der Star-Club-Eröffnung im April 1962 auf die Bühne kamst, war ich 15 1/2 Jahre jung. Heimlich - ohne das Wissen meiner Eltern - nahmen meine Jugendfreunde mich anfangs zu Nachmittagsprogrammen am Wochenende in den Star Club mit. Wir waren begeistert, hin- und her gerissen von dem Sound und dem Beat, den Du mit Deinen Bands kreiertest und verströmtest. Wenn Dein "Skinny Minnie", "Johnny be good" oder "Whole lotta shakin' goin' on" erklang, steppte der Bär und wir rockten auf der Tanzfläche mit. Ja, mit Deiner Musik wurde eine neue Wirklichkeit und Wahrheit im Leben der Nachkriegsjugend geboren - auch wenn diese Realität meinen Eltern gegenüber für mich noch mit Schwindelei wie "ins Kino gehen" verbunden war. Ins Kino ja, aber nach St. Pauli in den Star Club zu gehen, DAS hätten meine Eltern nicht erlaubt. So sah für mich die "Befreiung aus den gesellschaftlichen Normen" dieser Zeit aus - mit heimlichen Besuchen Deiner Konzerte in der Großen Freiheit 39.

Du kamst als einer der ersten britischen Musiker Anfang der 60er Jahre nach Hamburg. Ich drehte nach dem Schulunterricht im Winter gern auf der Eisbahn in "Planten un Blomen" meine Runden - am liebsten noch nach italienischen Schlagern, wie nach Rocca Granata´s "Marina, Marina". 1962 hat es am 16. Februar in Hamburg die Große Sturmflut gegeben - in dieser Nacht hatten meine KlassenkameradInnen und ich "Abtanzball" in der Elbschloss-Brauerei. Wir tanzten tanzschulmäßig Foxtrott, Marsch, Walzer und Rumba - während das Wasser der Elbe bereits hoch und höher stieg. Zu Ostern 1962 wurden die meisten MitschülerInnen meines Jahrganges konfirmiert. Mein Jugendfreund Axel schenkte mir eine LP von Fats Domino (mit "Blueberry Hill") und als Konfirmationsgeschenk von meinen Eltern und Großeltern gab es für mich das erste Tonbandgerät - Tonbandgeräte waren damals große Schätze für Jugendliche. Nach Ostern begann für uns Schülerinnen und Schüler das letzte Schuljahr der 10. Klasse. Einige Jungs aus unserer Klasse gründeten eine Band - eine Skiffle-Band mit dem Namen "The New Dixie Syncopaters" - mit Gerhard Pramor - "Mozart" genannt - er spielte Klavier. Die ersten Geburtstags-Partys wurden mit den Klängen von Banjo, Teekisten-Bass, Waschbrett u. a. in den Kellerräumen seines Elternhauses gefeiert. Meine älteren Freunde, die schon 17, 18, 19 und in der Lehre waren, schwärmten derzeit voller Begeisterung vom Star Club und luden mich ein mitzukommen - um Tony Sheridan, seine Musik und die Musiker seiner Zeit gemeinsam zu erleben.

Mit Deinem Namen, Tony Sheridan, verbinden sich Erinnerungen an ein musikalisches Erwachen - hinein in einen neuen Kult - unauslöschlich, unvergessen. Ich schätze mich glücklich, eine frühe Zeitzeugin der Jugend- und Kultbewegung zu sein, die im Star-Club Anfang nahm - mit Tony Sheridan & The Beat Brothers, den späteren Beatles. Für die Beatles warst Du Lehrer - Paul McCartney nennt Dich "The Teacher".

Für all dieses Erleben in unmittelbar erfahrener Nähe danke ich Dir, Tony Sheridan. Mit Deinen Songs aus den 1960er Jahren und Deinen Auftritten bis ins Jahr 2012 hinein wirst Du unsterblich sein.

Ich verneige mich vor Dir.
Kirsten Mauss

http://de.wikipedia.org/wiki/Tony_Sheridan
Tony Sheridan & Star Combo - Skinny Minnie.wmv
http://youtu.be/n_goM69NF9g
Tony Sheridan - Whole Lotta Shakin' Goin' On
http://youtu.be/g8G4OqiUWvI
The Beatles with Tony Sheridan - Why (Hamburg 1962)
http://youtu.be/EtcN7HksEDE
50 Jahre Star Club - Hamburg Journal 12.4.2012
http://youtu.be/rCRCpdMqTMw

Fotos: Kirsten Mauss - 11.03.2013

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20 Kommentare

Ja, Karl-Heinz, an die "Top Twenty" erinnerst Du mich jetzt.
Die habe ich mit meinem "großen" Tonbandgerät von Grundig aufgenommen.
Ebenso verbinden sich mit einem kleinen tragbaren Tonbandgerät bei mir Erinnerungen - meine Jugendfreunde hatten meistens eins dabei, wenn wir über den Deich an der Ostsee bei Dahme zogen - mit den Songs der Top Twenty. Im Star-Club haben wir einige davon im Live-Programm erlebt. Das alles zusammen war heiß - heute würde zu dem Empfinden eher "cool" gesagt, oder?

Ein würdiger, ehrenwerter Nachruf, der wirklich verdient gelesen zu werden. Du, liebe Kerstin, bringst Deine eigenen Erinnerungen in Verbindung mit dem geehrten Künstler. Dadurch erhält Dein Nachruf besondere Lebendigkeit. Manfred

Lieber Manfred,
soeben bemerke ich Deinen würdigenden Kommentar und danke Dir dafür an einem heute für mich besonderen Tag. Der 18. Oktober ist einer meiner Jahrestage und gerade heute verbinden sich damit meine Erinnerungen an die damalige Zeit auf sehr berührende Weise. Ich verneige mich in Dankbarkeit vor dem Leben, vor der Liebe, vor dem Glück.
Mit herzlichen Grüßen, Kirsten

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