Jubelnde Einzelhändler und findige Handwerker

Jubelnde Einzelhändler und findige Handwerker

aus der Reihe

Neues aus Narrenberge

von

Margaretha Main

Aufgrund der nicht vorhandenen Pandemie bin ich nun mehrere Monate nicht mehr in Narrenberge gewesen. Die letzten Besuche hier waren mit sehr viel Gefahr und Umstand verbunden gewesen. Deshalb hatte ich zwischendurch von einer Reise in den Norden Abstand genommen. Aber, nun bin ich wieder hier, um zu berichten, was in der Zwischenzeit so alles passiert ist.

Omma Wichtig – ihr erinnert euch bestimmt – war nach der Impfung durch Bürgermeister Einrenk im Krankenhaus gelandet. Schon auf dem Weg der Besserung, erlitt sie einen gewaltigen Rückschlag. Von Bauchkrämpfen heimgesucht, wandte sie sich hilfesuchend an die Ärzte. Leider stieß sie auf taube Ohren, da diese damit beschäftigt waren, das Aufstellen von Containern zu überwachen. Diese hatten Chefarzt und Geschäftsführer vom nahen Schrotthändler angefordert, um zusätzliche Zimmer für zu erwartende Corona-Kranke zu schaffen. Schließlich hatte man ihnen sage und schreibe 50 000,- Euro für jedes vorgehaltene Bett zugesagt.
Diese neugeschaffenen Patientenräume entsprachen natürlich bei weitem nicht den gesetzlichen Vorschriften. Professor Schneidab und der Chef des hiesigen Gesundheitsamtes spielen zusammen Golf und so ließ sich diese Diskrepanz schnell aus der Welt schaffen. Ein Abendessen mit Ziegenkäse und echter Kuhmilch ließen in Verbindung mit einem gut gekühlten Fläschchen Rotwein schnell alle Zweifel verfliegen. Und der Abnahme der neuen Räume sollte nichts mehr im Wege stehen.
Dieses Unterfangen wurde dem gemeinen Volke durch die Hofberichterstatter der Presse als selbstlose Tat untergejubelt und alle waren glücklich. Die Blechzimmer wurden nie benutzt, da niemals ein Coronakranker in Narrenberge aufgetaucht war, der eines solchen Spezialzimmers bedurft hätte. Trotzdem war natürlich das Geld geflossen und die Klinik hatte sich ohne viel Aufwand extrem bereichert.
Endlich, nachdem Omma Wichtig geschlagene vierzehn Tage nur von extrem starken Schmerzmitteln gelebt hatte, erbarmte sich Dr. Darmweg ihrer und musste mit Erschrecken feststellen, dass sämtliche Eingeweide längst abgestorben waren. Eine – natürlich nicht durch die Impfung ausgelöste – Thrombose hatte sämtliche Eingeweide von der Durchblutung abgeschnitten. Selbst eine sofort eingeleitete Not-OP hatte Omma Wichtig nicht mehr retten können. Sie fiel ins Koma und eine weitere Thrombose im Gehirn sorgte für einen schnellen Hirntod. Durch die lebenserhaltenden Systeme wurde der Körper künstlich – wie der Name schon sagt – am Leben erhalten.
Diese Chance erkannte auch Dr. Bleifuß – er macht seinem Namen alle Ehre, da er mit seinem Porsche gern um die Ecken wieselt – und beraumte sofort mehrere OPs an. Omma Wichtig, obwohl Hirntod, bekam noch schnell neue Hüft- und Kniegelenke. Danach wurde ihr Körper der Verbrennung zugeführt, um sämtliche Spuren zu verwischen.
Oppa Wichtig wurde erst nach dieser Veranstaltung informiert. Naja, so traurig war er nun auch wieder nicht. Sein Ehegesponst war ihm schon seit über fünfzig Jahren mit ihrem Gequatsche auf den Senkel gegangen. Nun war Ruhe im Haus eingekehrt und er genoss jede freie Sekunde, um endlich seinem geliebten und von ihr gehassten Hobby, nämlich der Pflege alter Apfelsorten, nachgehen zu können. Lustig und ein Liedchen trällernd kletterte er ab jetzt in den Bäumen herum und erfreute sich eines schönen Lebens.

Währenddessen hatte auch der hiesige Altenheimbetreiber, Herr Abzock, einiges verändert. Die nahende Impfpflicht für Pflegekräfte hatte ihn auf eine grandiose Idee gebracht. Er hatte alle Pflegekräfte und das Küchenpersonal auf der Stelle entlassen und nur noch sein bestes Pferd im Stall, also Schwester Rabiata behalten. Diese Frau, die nie die hellste Kerze am Weihnachtsbaum gewesen war, war nicht nur arbeitswillig, sondern hatte auch sonst nichts gegen einen kleinen Intimstich des Chefs einzuwenden.
„Unsa Scheff is mein Supaheltt. Ea hat sagt, dass wia alle Türn einfach abschließn solln un dann hatter dem Hausmeister Bescheid sagt. Dea is dann mitten Gabelstapla am Haus lang fahn und hat mich hochhoben. So konnte ich das Essn durch die Fensta reichen. Die Leute durften ja wegen Corona nich raus. Das stimmt zwar nich ganz, aba wia ham das einfach macht und keina hat was sagt. Irgendwie muss man ja die nervigen Verwandten loswern. Die hatten aber auch dauernd was zu meckan.
Leida fanden die Leute das nich gut. Ein paar sin aussem Fensta sprungen un warn tot. Das ging natürlich nich, weil Tote kein Geld einbring. Obendrein ham sich ein paar abseilt und sin abhauen. Aba unsa Chef kennt den Feuerwehrhauptmann un dea hat mit seine Leute alle wieda einfang.
Da kam unsa Chef auf gute Idee. Wia sin in die Zimma un ham alle Klinkn von de Fensta abschraubt. Dann konntn die Bewohna die Fensta nich mehr aufmachn. Dann hat dea Chef in jede Tür ein Katzenklappe einbaun lassen.“
Abzock: „Ja, das stimmt. Obendrein hatte ich gehört, dass aufgrund der Jahrmarktsschließungen viele Schausteller finanziell in Schieflage geraten waren. Ich habe sofort bei deren Verband angerufen und Adressen von insolventen Schaustellern erfragt. Einige davon hatten bisher eine Kindereisenbahn betrieben. Bei mehreren Schaustellern habe ich die eine oder andere davon erstanden. Die Schienen waren in den Fluren meiner Einrichtung schnell verlegt und nun fährt Schwester Rabiata morgens, mittags und abends mit der Eisenbahn durch die Flure und schiebt die Rationen durch die Katzenklappen. Wir haben damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Erstens ist diese Vorgehensweise für uns äußerst kostensparend und zweitens werden die Bewohner damit gezwungen, auf die Knie zu gehen, um an ihr Essen zu gelangen. Sie müssen sich also sportlich betätigen. Und Sie wissen ja: wer rastet, der rostet.“
Was sowohl Rabiata als auch Herr Abzock verschweigen, möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten. Abzock hat mit einem skrupelosen Fleischer aus der Nachbarstadt einen Vertrag abgeschlossen. Dieser liefert seine Schlachtabfälle in einer Suppe verkocht täglich ans Altenheim.

„Ja, manchmal mach ich mia ein Spaß. Dann lege ich ein Apfel vor eine Katzenklappe, lass mich mitem Gabelstapla hochfahn. Wenn ich obn bin, denn klopfe ich anne Scheibe und zeig auf die Katzenklappe. Schon springn alle Bewohna auf und drängeln sich gegnseitich wech un ich wette mittem Hausmeista, wer zuers aufem Bon liegt un durch die Katzenklappe an den Apfel kommt. Das issn Spaß. Das kann ich euch sagn. Das macht fast so viel Spaß wie das Eisnbahnfahn.“

Frau Stempelgern, die Betreiberin der hiesigen Postfiliale, hat sich ebenfalls seit einigen Monaten auf die neue Situation eingestellt und viele Trauerkarten in ihr Sortiment aufgenommen.
„Ja, besonders nach den Impfarien, die unser Dr. Spritzegern abzieht, komme ich kaum mit dem Verkauf von Trauerkarten hinterher. Nach jeder Impfung sterben welche weg oder fallen ins Koma und sterben dann eben später weg.
Aber der Mann ist auch kaum zu stoppen. Wo der nicht schon überall geimpft hat? Nee, nee, nicht nur in seiner Praxis. Der ist auch von Bauernhof zu Bauernhof gefahren und hat zur Not im Kuhstall geimpft. Oder er ist sonnabendsabends durch die Kneipen marschiert und hat die Besoffenen an der Theke geimpft. Manche wollten nicht. Denen hat er dann einen Schnaps ausgegeben oder ein Bier spendiert und schon konnte die Spritzerei weitergehen. Einmal war er sogar im Kino. Dort hat er dem Vorführer fünfzig Euro zugesteckt. Der hat dann den Film angehalten und gesagt, wenn ihr das Ende sehen wollt, lasst euch eben schnell impfen. Die meisten haben das gemacht. Wer wollte denn schon das Ende verpassen?
Nee, ganz ehrlich, ich finde diese Impferei gut. Ich habe sogar meine alten Ladenhüterkarten verkauft, die schon seit Jahren keiner mehr haben wollte. Ob ich geimpft bin? Nee, nee, lieber nicht. Ich verkaufe lieber Trauerkarten. Wer weiß, ob für mich einer eine kauft.“

Ihr Ehemann, Herr Tütensupp-Stempelgern, der Inhaber des größten hiesigen Supermarktes dazu:
„Ich freue mich schon auf die Impfpflicht für Pflegekräfte. Wir werden dies Leute sofort einstellen. Eine richtige Krankenschwester an der Kasse hatte ich noch nie. Obendrein werden wir unser Angebot erweitern. Ich habe bereits hinten eine Ecke freigemacht und mit durchsichtigen Plastikwänden eingezäunt. Dort werden wir Einläufe und Magen- und Darmspiegelungen anbieten. Ich habe mir überlegt, dass wir 139,- Euro als Einstiegspreis für einen Einlauf festlegen. Dann können die Leute mal schnuppern und es weitererzählen. Ich denke, diese Aktion könnte sich zum Renner entwickeln.“

Auch der hiesige Klempnermeister, Herr Knickrohr, ist schon voller Euphorie:
„Ich bin schon mit zwei Chirurgen im Gespräch. Ich würde die gern einstellen. Wir würden dann Arbeitsteilung machen. Ich stelle Hüft- und Kniegelenke in meiner Werkstatt her und die beiden bauen sie in unserem umgebauten Wohnzimmer ein. Wer braucht dann noch ein teures Krankenhaus? Ich weiß nicht mehr, wie viele Rohre ich in meinem Leben schon verbogen habe. Da werde ich ein paar künstliche Gelenke auch noch hinkriegen.“

Tja, ihr seht, liebe Freundinnen, jeder macht das Beste aus diesem Irrsinn. Und da kein Ende in Sicht ist, werde ich wohl auch in Zukunft weiter aus Narrenberge berichten müssen. Ich kann es nicht verantworten, dass ihr dumm sterbt.

Viele Grüße von eurer Retha

Bürgerreporter:in:

Elisabeth Keller aus Gnarrenburg

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