Ein Traum wird wahr

Ein Traum wird wahr
aus der Reihe
Neues aus Narrenberge
von
Margaretha Main

Gestern Abend bin ich mal wieder in Narrenberge angekommen, um nach dem Rechten zu sehen. Frau weiß ja nie, was die Narrenberger so treiben, wenn man kein Auge drauf hat. Schon kurz nach der Autobahn fiel mir auf, wie friedlich alle Menschen kuckten, wenn ich ihnen im Auto begegnete und ihnen zuwinkte. Stellt euch vor: es winkten sogar welche fröhlich zurück.
Verwundert fuhr ich weiter und mir blieb das Wundern fast im Halse stecken, als ich die Stadtgrenze von Narrenberge überfuhr. Sogar Narrenberger grüßten mich freundlich, obwohl ich ja, wie ihr wisst, nicht überall wohl gelitten bin.
Als ich das Haus meiner Freundinnen erreichte, hüpften diese freudig auf der Straße durcheinander. Ein Grill war aufgebaut worden. Tische und Stühle standen überall herum. Eine Stereoanlage schmetterte lustige Lieder, zu denen kräftig gesungen wurde. Ich wähnte mich im Paradies.
Kaum aus dem Auto wurde ich auch schon bestürmt.
„Retha! Schön, dass du endlich da bist. Komm, bring deine Klamotten rein und feiere mit uns. Es ist was ganz Tolles passiert und das muss begossen werden.“
„Was ist denn los?“
„Pack aus und dann erzählen wir es dir.“
Nicht, dass ihr denkt, ich sei neugierig geworden. Nein, so was kenne ich gar nicht. Ich will zwar immer alles genau wissen, aber als Neugier würde ich das nicht gerade bezeichnen. Ich rannte also nach oben und warf meinen Koffer erstmal aufs Bett. Auspacken konnte ich später immer noch. Schon war ich wieder unten und harrte der Geschichten, die da kommen mochten.
„Also, was ist passiert? Ganz Narrenberge und umzu scheinen mir total aus dem Häuschen zu sein. Stellt euch vor, ich wurde von Narrenbergern freundlich gegrüßt, als ich im Auto vorbeifuhr. Keiner hat mir mit der Faust hinterhergedroht, wie sonst schon mehrfach.“
„Du bist ja auch eine Heldin in Narrenberge.“
„Ich, eine Heldin? Wie geht das denn?“
„Du hast immer die Wahrheit geschrieben, hast dich nie unterkriegen lassen, hast dich sogar als Virus getarnt, um uns gefahrlos besuchen zu können. Deine Geschichten haben dazu beigetragen, den Tyrannen ein für alle Mal unschädlich zu machen und aus dem Moor zu verjagen.“
„Den Tyrannen?“
„Ja, Einrenk hat sich von der Impfung nie richtig erholt. Er hat sich wie ein Despot aufgeführt und gefordert, man solle ihm alle Jungfrauen aus Narrenberge und umzu auf einem Silbertablett servieren. Dazu wolle er Champus süffeln und Mandarin-Orangen naschen.“
„Mandarin-Orangen? Na, dann muss er ja wirklich einen an der Waffel haben.“
„Anfangs haben seine Speichellecker versucht, ihm zu Willen zu sein. Allerdings gab es kein Problem mit der Besorgung von Mandarin-Orangen.“
„Sondern?“
„Es konnte keine Jungfrau aufgetrieben werden. Die Girls fangen inzwischen so früh an, dass es einfach keine gab, die auf ein Tablett steigen wollte. Aus der Nachbarstadt hat man dann eine alte Lehrerin geholt, die bekanntermaßen noch Jungfrau war, aber die war so übergewichtig, dass auch vier starke Männer sie nicht auf das Tablett kriegten. Daraufhin hat Einrenk dann dermaßen getobt, dass man ihn in seinem Büro im Rathaus eingeschlossen hat. Dann hat er das Fenster zum Parkplatz geöffnet und PC, Monitore und Tastaturen auf parkende Autos geworfen. Sein Stellvertreter, der ihm ja normalerweise aus der Hand frisst, wusste sich keinen anderen Rat und hat ihn einweisen lassen.“
„Meine Güte! Da war ja richtig war los hier.“
„Tja, und dann hat unser Stellvertreter die Corona-Regeln noch verstärken wollen und da haben wir nicht mehr mitgespielt. Inzwischen hatte auch der letzte Narrenberger begriffen, dass es bei den ständigen Impfungen und Testungen nicht um ein Virus ging, sondern ausschließlich darum, Einrenk & Co. die Taschen zu füllen. Es sind einfach zu viele Menschen nach den Impfungen gestorben. Einrenk und sein Freund der Banker haben zwar immer wieder versucht, die Toten dem Virus zuzuschieben, aber das hat ihnen zum Schluss keiner mehr geglaubt. Nun hat der Stellvertreter alle Einschränkungen aufgehoben, um der Lynchjustiz zu seinem Nachteil den Wind aus den Segeln zu nehmen. Tja, und so feiern wir unsere Freiheit, die uns ja sowieso zugestanden hätte.“
„Na, das freut mich aber sehr.“
Dann hörte ich aus weiter Ferne die Glocken des Straßburger Münsters. Mühsam quälte ich mich ins Leben zurück und musste mit Erschrecken feststellen, dass ich leider nur geträumt hatte. Meine Reise nach Narrenberge, die Befreiung vom Tyrannen und die Feier hatten nur in meinem Kopf stattgefunden.
April! April!
Schade…

Buchtipp:
Margaretha Main
Die Angst geht um in Narrenberge

Bürgerreporter:in:

Elisabeth Keller aus Gnarrenburg

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