Oh Marienburg, du gespenstische !

Marienburg 01
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Zitternd stehen sie im schlosshof, es nieselt, es ist kalt. Kapuzen werden hoch gezogen. Bieten sie wirklich schutz ? Niemand weiß so recht, wie es weitergehen wird.

Plötzlich knarrt das große tor des turmes, der vor ihnen ins dunkle aufragt. Ein kleines einsames licht bescheint notdürftig die szene. Die begleiterin zeigt auffordernd ins innere des turmes. Zögernd betreten die menschen den raum. Hinter ihnen schließt sich das tor. Auch hier nur ein einsames kerzlein, das es nicht vermag den raum zu erhellen. Im lichte des zuckenden flämmchens schauen sich die menschen an, versuchen die höhe des raumes zu erkennen, flüstern nur noch.

Da – eine helle fragende stimme !
Von weit oben scheint sie zu kommen, doch niemand ist zu sehen, der zu der stimme gehört.
Ein leises lachen ?
„Haaach – ist da jemand ?“
Niemand getraut sich zu antworten.
„Hallo, ist jemand in der halle ? Ist besuch gekommen ?“
Eine winzige laterne erscheint auf der treppe, die nach oben ins nichts zu führen scheint. Schemenhaft ist eine frau zu erkennen, die langsam die stufen herabschreitet.
Die menschen rücken enger zusammen.

„Tatsächlich ! Besuch ! Zu dieser späten stunde noch besuch ! – Was wollen Sie hier ? Wer sind Sie ?“
Die frau, nein, es ist eine dame, eine dame in einem grün schimmernden kleid des 19. jahrhunderts, trippelt die stufen nun vollends herab.
„Darf ich mich Ihnen vorstellen ?“
Niemand hat den mut, „nein“ zu sagen.
„Ich heißt frau von Plenck und bin die hofdame der königin Marie, gemahlin von könig Georg V. von Hannover.“

Die menschen blicken sich an. Stumm. Sie wissen nun, dass sie mit dem betreten des schlosshofes von einer geheimnisvollen macht ins jahr 1867 versetzt worden sind.

„Was wollen Sie heute nacht in diesem schloss ?“ zirpt frau von Plenck. „Haben Sie etwa zuflucht gesucht in diesen mauern vor den unbilden des wetters ? Es ist wirklich sehr unwirtlich draußen, obwohl wir den monat juli schreiben.
Können Sie auch nicht schlafen ? Ach, ich bin ja so aufgeregt ! Sie wissen sicher, dass die arme königin morgen in aller frühe abreisen wird in ihr exil nach Österreich ? Wir alle, der gesamte hofstaat ist am einpacken. Ich weiß gar nicht, wo mir der kopf steht. Schlafen? Heute nacht ? Unmöglich !
Wollen Sie sich das schloss ansehen ? Darf ich Sie ein wenig umherführen ? Die meisten zimmer sind ja schon leer und wir müssen sehr leise sein, um den zarten schlaf der königin nicht zu stören.
Kommen Sie, kommen Sie ! Lassen Sie uns ein paar augenblicke in den räumen dieses herrlichen schlosses verweilen. Auch wenn mein kleines lämpchen nicht ausreichen wird, die pracht vollständig zu beleuchten.
Ach, ich sehe gerade, Sie haben so ein paar immer brennende zauberkerzen, ein glück, da können wir ja sehr viel mehr erblicken...“

Aufgeregt plappernd flattert frau von Plenck vor den menschen her, führt sie durch leere oder nur noch spärlich möblierte räume, rezitiert hier ein gedichtlein, singt dort zur gitarre, verrät einige intime geheimnise der königin unter dem siegel der verschwiegenheit, warnt vor plötzlich auftauchenden stufen, erklärt stolz die funktionsweise einer fußbodenheizung oder des wasserklosetts, erläutert die qualen der königin unter der herrschaft der bösen Preußen.

Schließlich landen die menschen auf einem kleinen treppenabsatz.
„Hinter dieser tür,“ frau von Plenck weist mit weißer hand auf eine dunkle, fast bis zur decke reichenden tür, „schläft meine arme königin.
Oh, sie ist noch wach !!!
Ja, hoheit, gewiss, hoheit !“
Frau von Plenck knickst einige male.
„Sie vermisst ihre wärmflasche ! Die arme, einsam liegt sie in ihrem kalten bette. Und ich habe ihr schon vor einer stunde versprochen, die wärmflasche zu bringen. Nun müssen wir ganz schnell in die küche, hoffentlich ist das wasser noch heiß.“

Die menschen klettern steinerne stufen hinab in die schlossküche, auch diese kalt und verlassen.
“Oh, welch ein glück ! Das wasser in der flasche ist noch angenehm warm. Wollen Sie mal fühlen ? Schön, nicht wahr ? Aber nun muss ich Sie verlassen, die königin wartet sicher schon sehr ungeduldig. Kommen Sie gut nach hause in Ihren kutschen !“

Wieder öffnet sich eine tür, die menschen treten hinaus in den nur wenig erhellten schlosshof, sind wieder in der gegenwart des jahres 2009, sehen sich an, gehen auseinander.

PS:
Marienburg, schloss derer von Hannover, nachtführung, in diesem falle organisiert von der AWO Osterwald.
Anmeldungen zu führungen ab september 2010 (!) möglich.
Keine fotografiererlaubnis im inneren des schlosses.

Bürgerreporter:in:

Hans-Werner Blume aus Garbsen

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