Vom Flachs zum Leinen.

Blühender Flachs
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Flachs Text von Karl Battefeld

Der Flachs
Als ich jung war, trug ich eine blaue Krone; als ich alt war, da wurde ich gerupft und gezupft, danach wurde ich von Herren und Fürst getragen.

Es war der Rohstoff für alle Kleidung: Sonntagskleidung, Berufskleidung, Bettwäsche,
Unterwäsche, Säcke, Strohsäcke und Wagentücher. Ein voller Leinenschrank war ein Zeichen des Fleißes und des Wohlstands.

Im Frühjahr war die Zeit der Aussaat. Der Flachs beansprucht guten Boden. Da der Samen einkeimig ist und sich nicht bestockt, muss dick gesät werden. Die FlachspfIanze, aus der Leinen werden soll, braucht warmen, feuchten Boden und muss von Unkraut frei gehalten werden. Beim Jäten wurden die Pinnschuhe ausgezogen, damit die jungen Pflanzen nicht verletzt wurden. Je nach Witterung wurde der Flachs 0,70 bis 1 ,00 m hoch
In der Blütezeit war das Flachsfeld in einem leuchtendem Blau. War der Flachs am Vormittag gesät, blühte er am Vormittag; war er am Nachmittag gesät, blühte er am Nachmittag. Die Zeit der Ernte war gekommen, wenn sich die Stengel gelb färbten. Diese Zeit war vor der Kornernte.
Die Zeit von der Aussaat bis zur Ernte dauerte in der Regel 100 Tage. Der Flachs wurde gerupft und vom Unkraut befreit Handvolle Büschel wurden zum Trocknen auf die Erde gelegt. Danach band man die Büschel in Flachsseile und stellte sie zum weiteren Trocknen in kleinen "Hicheln" auf. Wenn der Flachs trocken war wurde er in die Scheune eingefahren. In der sauber gekehrten Scheune wurde er nun "gerefft".
Die kleinen Gebunde wurden solange durch den Flachskamm (Reff) gezogen, bis alle BIüten ab waren. Diese "Knotten" wurden noch einmal getrocknet, mit dem Dreschflegel ausgedroschen, mit der Wurfschale und später mit der "Fege" von den Hülsen" und Dreck so zum sauberen Samen gewonnen. Der Flachs kam zum Rösten in eine „Flachsrose". In dieses sauber quellende Wasser wurde er mit Steinen beschwert eingeweicht. Nach
bis 3 Wochen wurde er nun zum Trocknen ausgelegt. Die Natur wirkte weiter auf diese Fasern. Durch Sonne, Regen und Wind wurde der holzige Stenge! weich und brüchig. Der Flachs wurde erneut aufgenommen und zu größeren Gebunden zusammengebunden. Nun wurde er erstmal trocken gelagert, bis alle Arbeiten in der Landwirtschaft getan waren.
Danach wurden die Bünde! erneut in der Scheunentenne auseinander ge!egt und mit dem Dreschflegel weichgedroschen.
Der nächste Arbeitsgang war das "Brechen". Mit der "Breche" wurde die eigentliche Faser von den Stengeln befreit. Danach kommt das Schwingen auf dem Schwingstock. Beim Schwingen werden die restlichen Stengelteile von der Faser entfernt und noch weicher gemacht. Eine weitere mühselige Arbeit war das "Hecheln" auf einen Hechelstuhl. Hierbei wird die minderwertige Faser, das sogenannte "Werg", herausgearbeitet. Aus grober und knotiger Faser, genannt "Dreies", webte man Säcke und Wagentücher. Aus der guten Flachsfaser wurde ein "RockeI" gemacht und auf einem Spinnrad zu einem feinen Faden gesponnen, den man "Zehnes" nannte. Der nächste Arbeitsgang war das "Haspeln". Dabei wurde die volle Spule auf einen Haspel gewickelt. An dem Haspel war ein Markierungsrad, welches nach 60 Umdrehungen ein Knarren abgab, zum Zeichen, dass nun ein "Gebinde" aufgewickelt '" war. Das gleiche wurde hier abgebunden; wenn nun der sogenannte Strang vom Haspel genommen wurde, hatte man ein genaues Maß. Wenn man 20 Gebinde aufgehaspelt hatte. war dies eine "Zahl".

Das Garn wurde nun in Holzasche gekocht, in fließendem Bachwasser gespült und danach mit einem Holzhammer weichgeklopft (Strangklopfen). Nun war es endlich fertig zum Weben.
Aus diesem edlem Material wurden 2 Sorten Leinen gewebt. Das Feine für Leib- und Bettwäsche, das etwas Grobere für Kitteln, Schürzen und Jacken.
Zum Weben wurden die Kettfäden am Webstuhl aufgewickelt. Die Pappspule, die in das Schiffchen passte, wurde mit der Hilfe eines Spulenrades aufgewickelt. Später wurde der Schussfaden durch Baumwollgarn ersetzt. Einmal "aufgebäumt" ergab 6 bis 7 "Steigen Tuch". Für sieben Steigen wurden 20 "Gebinde" gebraucht. 10 Meter gewebtes Leinen, 0,58 cm breit, war eine Steige. Das fertig gewebte Leinen kam auf die Bleiche, in Geismar auf die Rennwiese. Die Steige wurde an den 4 Ecken mit Pfählen in der Erde gespannt und immer wieder mit Wasser begossen. Danach wurde das Leinen im Leinenschrank aufgehoben. Bevor das Leinen vernäht wurde, wurde es blau eingefärbt. Einfärben war auch in Frankenberg möglich. Hier gab es eine Reihe Blaufärber. Noch vor 1900 kamen aus England die ersten Kammgarnstoffe aus Schurwolle. Damit kam für die Oberbe-kleidung (Sonntagsgewand) ein neues Material auf den Markt.

All diese Arbeiten, von der Saat bis zum Leinen kann man in Geismar beim
Heimat- und Kulturverein im Flachsmuseum erleben und besichtigen.
Kontakt: www. spinnen-weben.de Tel. 06451 / 8722

Bürgerreporter:in:

Heinz Hauptführer aus Frankenberg (Eder)

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