Tagesgeschehen
Straßenbahn -Alltag 2023

Ich fahre täglich mit der Straßenbahn und könnte ja nun behaupten ich mache das, weil ich ein umweltfreundlicher Mensch bin, aber ehrlich, ich habe kein Auto, was ich sehr bedauere; denn dann bliebe mir so einiges erspart:

Also rein in die Straßenbahn, falls mir das gelingt und nicht ein Fahrgast schon den Eingang blockiert. Die meisten dieser Spezies bekommen das oft gar nicht mit; denn mit dem Blick auf ihr Handy gerichtet, sind sie bereits schon in anderen Welten.
Nun geht es um die Sitzplatzsuche, erster Rundumblick- alles besetzt. Viele weibliche Fahrgäste verhüllt, mal weniger, mal mehr.
Junge Männer haben es sich bequem gemacht, ihre schwarzen Haare frisch onduliert, schöner Gegensatz zu den auffallend weißen Turnschuhen, an manchem Handgelenk blinkend eine große Uhr, blicken sie alle gebannt auf ihr Handy.
Um den Kinderwagenbereich eine Schar von Kindern und auch auf verschiedenen Sitzplätzen haben es sich die Kleinen gemütlich gemacht, lutschen an süßen Stangen, trinken aus bunten Pappdosen, krümeln, manschen und sind sehr ungehalten, was sie auch äußerst laut verkünden, wenn so eine Tüte mit Zuckerwerk nichts mehr enthält.
In den schwarzen Haaren klebt noch ein Rest von Eis, Mama redet laut mit einer Frau aus dem vorderen Bereich der Bahn, in einer mir fremdem Sprache. Sie haben sich sehr viel zu erzählen.
Ach übrigens, noch kein Sitzplatz frei.
Ein paar Schülerinnen lümmeln in den Sitzen und lästern laut über den Mathelehrer, dabei kommt es mitunter zu argen Heiterkeitsausbrüchen.
An der nächsten Haltestelle steigt auch niemand aus, dafür noch mehr Fahrgäste ein.
Eine Gruppe Schüler hat die Bahn trotz Dauerlauf nicht mehr erreicht, sie sind sauer, was sie unmissverständlich mit Handzeichen dokumentieren.
Ich habe die falsche Zeit erwischt, aber nicht immer kann man den Tagesablauf nach dem Aufkommen der Fahrgäste einrichten.
Hatte schon mehrmals an die Verkehrsbetriebe geschrieben und auf die Situation aufmerksam gemacht.
Es wird nun immer enger in der Bahn und auch immer lauter aber ich habe Glück, ein Sitzplatz wird frei, allerdings muss ich achtgeben, dass nicht ein Rucksack unsanft meinen Kopf streift.
Ich sitze nun neben einer stark geschminkte Dame, goldenes Geschmeide funkelt am Handgelenk und sogar das Handy ist mit einem Goldkettchen geschmückt auf dem sie jetzt, mit ihren langen roten Fingernägeln, eine Nummer tippt, mir unerklärlich wie sie das hinbekommt.
Sie beginnt munter und für alle hörbar ein Gespräch und die Sprache verstehe ich, habe sie sieben Jahre in der Schule gelernt.
Eiskalte Luft umhüllt langsam meinen Körper, die Klimaanlage.
Noch zwei Haltestellen bevor ich endlich diesem Chaos entrinnen darf, allerdings, ich muss ja auch wieder zurück, also Chaos ohne Ende.

Übrigens nichts Ausgedachtes, sondern alles Erlebtes und da habe ich noch nicht mal die Hunde erwähnt, die ohne Maulkorb mitfahren und die Radfahrer, die keine Lust zum Radeln haben und mal kurz ein paar Haltestellen mitfahren, die ewig durstigen Männer usw.

Bürgerreporter:in:

Silke Dokter aus Erfurt

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