Cölber Rotweinlauf

Bereits der Morgen begann suboptimal. Ich war davon ausgegangen, dass ein Wecker gestellt ist und wir – wie ich von meinem Partner bereits gewohnt war – überzeitig aufstehen würden. Aber nichts da. Ein Erschrockener Aufruf riss mich aus dem Tiefschlaf!

Also: halb wach aufstehen, völlig verwirrt die Radklamotten suchen, nebenbei Frühstücken. Trotz der Hektik verbrachte er einige Zeit damit, immer wieder an seinem Handy zu hantieren. Vermutlich erst mal seine morgendlichen Daddeleien erledigen.

Dann ging es los, sein Rad zu holen. Auch hier war die Planung im Vorfeld schon nicht ideal. Beim Rad verladen am Tag vorher hatte ich bemerkt, dass der Träger noch in meiner Garage stand, was bedeutete, das wir die Räder in mein Auto laden werden müssten. Es stellte sich aber heraus, dass es trotz einiger Aktionen nicht gelingen würde. Da ich aber noch nicht ganz startklar war und noch nicht wusste, welche Bekleidung ich letztendlich tragen und welche noch mitnehmen würde kam ein Sofortstart von dort für mich nicht in Frage. Zudem hätte dies bedeutet, dass zu den knapp 30 km noch mal einiges an An- und Abfahrt dazu käme und mir war bereits zu diesem Zeitpunkt klar, dass ich heute nicht unbedingt meinen besten Tag haben würde.

Ich fuhr also mit dem Auto und Gepäck voran und war verkehrsbedingt nicht wirklich viel früher am vereinbarten Ort. Schnell noch Jacke und Helm an, Handschuhe gesucht, Rucksack fertig eingeräumt und schon war er da und wir machten uns auf dem Weg zum Startpunkt. Es war recht kühl, aber zum Glück kein Regen. Während ich mir ein Langarmtrikot ausgesucht hatte und noch eine Jacke darüber, zog er sich noch etwas aus, damit sein neuen Kurzarmtrikot auch zur Geltung kam.

Am Startpunkt angekommen, standen bereits einige Läufer und Radler am Startpunkt. Es war halb 10. Per Lautsprecher wurde verkündet, dass jetzt noch auf die „Nachzügler“ also wir, gewartet werde. Das war mir unangenehm. Sollten Sie doch starten, ich kann auch später noch beginnen. In der Sporthalle mussten wir uns anmelden. Er wusste aus den letzten Jahren wo und wie das von statten ging und war demnach im Prinzip fertig, bevor ich mich überhaupt orientiert hatte. Leider verstand die Dame auch meinen Namen nicht und ich musste das Missverständnis erst klären. Biss ich hiermit fertig war, sah ich aus den Augenwinkeln, dass er bereits an einem weiteren Stand angekommen war, an dem es die Teilnehmershirts gab. Also dorthin gehetzt. Eine Größe war bereits leer, ich nahm die nächstbeste und wollte mir das Shirt eigentlich ganz gerne mal überziehen oder anhalten, aber er war schon so gut wie draußen. Also wieder mit Handschuhen Geldbeutel, Shirt in den Rucksack geschmissen und hinterher gerannt. Dort war er bereits fertig mit dem befestigen seiner Startnummer. Oh. Ich hatte nichts zum befestigen von drinnen mitgenommen. Und schon wieder die Handschuhe an. Während ich noch überlegte, wie ich das jetzt am besten dran bekomme, stieg er aufs Rad. Also nur schnell die Startnummer irgendwie zwischen Lenker und Kabel gezerrt, Rucksack auf und hinterher. Ich schob mein Rad gerade seitlich an den Läufern vorbei, da er sich vor den Läufern positioniert hatte, als der Startschuss fiel. Ein Gerenne, ein Gedränge! Aufs Rad drauf und: keine Chance mehr vorbei zu kommen. Okay, nur die Ruhe, irgendwann werde ich überholen können. Konnte ich dann auch bald. Von ihm keine Spur mehr. Doch! Da ganz vorne. Er hatte sich ziemlich an die Spitze abgesetzt. Also rein in die Pedalen und Gas. Ich war noch nicht warm und bereits kurz außerhalb des Ortsschildes etwas außer Puste. Bereits jetzt war ich wirklich genervt. Ich wusste nicht, dass er irgendeinen Streckenrekord holen wollte und wusste nicht, warum wir diesen Blitzstart hinlegen mussten. Es lief trotzdem ganz gut und ich konnte einen Läufer nach dem anderen und sogar den ein- oder anderen Radfahrer überholen.

Dann ging es irgendwann links von der Straße ab in ein Waldstück hinein. Da ich nicht damit gerechnet hatte, dass mich dort nur Matsch und ein direkter, steiler Anstieg erwartete, fuhr ich noch in einem sehr hohen Gang. Beim Anblick des Weges versuchte ich von daher so schnell wie möglich runter zu schalten. Was mir nicht gelang. Ich steckte quasi in dem schlammigen Untergrund fest, außerdem hatte ich einen Kettenhänger, der die Kette dann letztendlich auch zum fallen brachte. Runter vom Rad, Kette mit Handschuhen versucht drauf zu wurschteln, er bereits oben, alle Läufer zogen langsam an mir vorbei. Weiter gings. Aber nur ein paar Meter. Gleiches Spiel von vorne. Immer mehr Menschen zogen an mir vorbei. Ich geriet so langsam in Stress. Versuchte mein Rad den matschigen Berg hoch zu schieben, in der Hoffnung an einer geraden Stelle Kette und Gang wieder in Einklang bringen zu können. Das Schieben eines Rades bergan kostet mehr Kraft als den Anstieg zu radeln. Hier kam schon meine erste Überlegung diese Veranstaltung für heute abzubrechen. Oben wartete er auf mich und wir bekamen Gang und Kette vorerst wieder hin. Nun hatten wir aber ALLE wieder vor uns und es ging tendenziell weiter relativ matschig weiter bergan.

Er fuhr immer wieder voraus und ich bot ihm irgendwann an, dass jeder die Strecke für sich alleine fährt, was er aber ablehnte. So versuchte ich permanent irgendwie hinter ihm her zu kommen, verlor ihn dennoch immer wieder aus den Augen. Mein Atem ging recht schnell und mein Puls viel zu hoch. Wenn endlich ein Zwischenstopp in Sicht kam, saß er bereits da und kühlte langsam aus. Dies veranlasste mich dazu mich nicht weiter aufzuhalten, sondern nach einem kleinen Schluck Apfelschorle direkt weiter zu radeln. Ich zog meine Jacke aus, da ich ins Schwitzen geraten war, aber das war auch nicht optimal, da ich nun fror. Der Wind pfiff ganz ordentlich auf den Hügeln rund um die Dörfer. Meine Füße spürte ich nicht mehr. Ein großer Teil der Strecke verlief auf Feld- und Waldwegen und einmal verlor ich die Wegmarkierung aus den Augen, was mich dazu veranlasste ein Stück noch mal zurück zu radeln. Dort kamen mir ein paar Läufer entgegen und diese liefen dann doch auch den Weg, den ich zuvor eingeschlagen hatte. Also wieder zurück.

So zog sich diese Radtour für mich recht endlos hin, den Schildern entnahm ich jeweils den Kilometerstand und konnte nicht glauben, dass es noch so weit war und das diese für mich im Vorfeld als recht kurze Tour eingeschätzte Strecke mich so aus der Fassung bringen könnte.

Auf den letzten paar Kilometern fuhren wir wieder ein Stück gemeinsam und dann ging es wieder in ein Waldstück. Da mein Partner die Strecke vom letzen Mal kannte, sagte er mir, dass es jetzt noch mal eine ganze Weile im Wald bergan gehen würde, bevor wir dann kurz vor Cölbe rauskämen. Mir war kalt. Ich war mit meinen Kräften am Ende und wollte nur noch so schnell wie möglich zurück. Er versuchte mich aufzumuntern, aber hier entschloss ich an diesem Punkt die Strecke zu verlassen und auf der Hauptstraße weiter zu fahren. Hier war es wenigstens etwas sonnig und eben. Ich versprach gut aufzupassen und wir fuhren los. Am Kreisel angekommen, fuhr ein Bus gleichzeitig mit mir auf der von mir links gelegenen Einfahrt ein. Während ich an der ersten Ausfahrt rechts vorbei radeln wollte, bog er – ohne zu blinken – hier ab. Das bedeutete für mich: Kollision! Ich befand mich in voller Fahrt und riss mein Lenkrad schnell nach rechts und fuhr so parallel zum Bus aus der Ausfahrt raus. Das war nun gar nicht meine Richtung, aber nachgeben war wohl hier angesagt. Meine Reifen quietschten, ich schlingerte, konnte mich aber noch fangen. Der Bus fuhr unvermindert weiter, ich wendete und machte mich erneut auf den Weg in den Kreisel. Beim zweiten Anlauf kam ich auch dort raus wo ich wollte und kam einige Minuten später am Ziel an.

Nur wenig später kam auch mein Partner angeradelt und holte sich seine Urkunde und seine Flasche Wein ab. Eigentlich hatte ich auf beides irgendwie keine Lust mehr. Ich ließ mich überreden und ging auch noch mal in die Halle, musste ja auch meine Startnummer wieder abgeben. Dort bekam ich dann meine Urkunde. Mit falschem Namen. Die Dame hatte mich ja schließlich gehörig Missverstanden bei der Anmeldung.

Fazit: die Urkunde wurde noch korrigiert, der Wein war leider trocken und das Shirt sitzt recht eng. Nächstes Mal wieder? Mal schauen.....

Bürgerreporter:in:

Rabea Bender aus Ebsdorfergrund

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