Kolumne
Über die Fußwaschung

Die Fußwaschung (lat. Mandatum „Auftrag, Gebot“) ist eine rituelle Handlung, die im Orient die Gastfreundschaft symbolisieren soll (etwa im Alten Testament: 1 Mos 18,4 EU). Die Fußwaschung wird im Johannesevangelium des Neuen Testaments als Handlung Jesu an seinen Jüngern beschrieben. Von den Worten Jesu Mandatum novum do vobis (Joh 13,34 VUL, „ein neues Gebot gebe ich euch“) hat der Ritus seine liturgische Bezeichnung.

Am Vorabend seines Kreuzestodes wusch Jesus Christus während des letzten Abendmahls seinen Jüngern die Füße und trocknete sie mit dem Tuch, das ihn umgürtete. Durch dieses Beispiel wollte er zeigen, dass auch die Jünger untereinander zum Dienen bereit sein müssen. Nur der Evangelist Johannes beschreibt das Geschehen, das durch die Abschiedsreden Jesu und sein Hohepriesterliches Gebet fortgeführt und entfaltet wird.

(fiktiver Text)

Die rituelle Handlung der Fußwaschung kenne ich persönlich nur aus der SELK - Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche. In den übrigen christlichen Konfessionen und Sonderlehren, die ich bislang kennenlernen durfte, ist diese Geste verlorengegangen, auch wenn es sie in der Theorie noch geben mag.

Sind Kirchen deswegen schlechte Gastgeber? Gewähren sie ihren Besuchern etwa nicht den nötigen Respekt. Die Zeiten haben sich geändert, mit ihnen auch die Sitten. Wahrer Glaube, wahre Höflichkeit orientieren sich nicht an Äußerlichkeiten.

Die sog. inneren Werte sind in den Vordergrund getreten. Im kirchlich-christlichen Bereich gilt die Beschäftigung mit dem Wort Gottes und seine Annahme als Grundvoraussetzung dafür, um in den Himmel zu kommen.

(fiktiver Text)

Ich konnte einen Blick erhaschen -
diese Füße soll ich waschen
nein, niemals, mitnichten
lieber laß ich mich entpflichten
lange Nägel, krumme Zehen
mir den Magen umdrehen
Knochen schief und krumm
daran werkel ich nicht `rum
und ist die Haut auch ganz schwarz
hilft auch kein Harz
Der Fuß ist abgestorben
weg muß, was ihn verdorben.

Klaus-Otto ist wütend. Stinkesauer sogar. Er ist Pfarrer der lutherischen Kirchengemeinde Ebbingen am Mittelrhein; es ist ein klassisches Winzerdorf an den Weinlagen der Swissel.

"Wir haben hier viele Weinbauern, die ihre berauschenden Produkte auch selbst herstellen," berichtet der erboste Geistliche. "Zuerst laufen sie barfuß im Matsch der Weinberge herum, wenn sie die Trauben pflücken. Sie füllen de Ernte dann in große Fässer. Mit der Kraft ihrer Füße stellen sie die Maische her, indem sie in den Fässern herumlaufen. Und ist das alkoholische Getränk erst einmal hergestellt, verkosten sie es oft auch selbst, teilweise jede Flasche einzeln. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf Farbgebung und Gesundheitszustand  der jeweiligen Füße."

Bislang weigerte sich der Geistliche beharrlich, die unansehnlichsten Füße rituell zu reinigen.

"In der Entstehungszeit dieses Rituals mag der Brauch ja seine Berechtigung gehabt haben. Damals gab es ja noch keine Duschen, Badewannen und Schwimmbäder - also mußte man irgendwie für Hygiene und Sauberkeit sorgen. Aber heute? Heute gibt es das doch alles."

Seine Arbeitgeber-Kirchengemeinde ist einen Kompromiß eingegangen. Sie stellt dem Mann Gottes Latex-Handschuhe, Handtücher und Waschschüsseln (einschließlich der dazugehörigen passenden Flüssigseife) zur Verfügung. Wer unappetitliche Füße vorweisen kann, erhält Plastikfüße zum Überstülpen quasi als Ersatz; diese Plastikfüße werden dann symbolisch gereinigt.

"Ja, das gefällt mir," gibt sich der Fußwaschverweigerer glücklich. "Jetzt mache ich wieder mit."

Bürgerreporter:in:

Felicia Rüdig aus Duisburg

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