Wahrheit und Wirklichkeit: der Mensch als Wahrheit im Kosmos

Abendröte

Wahrheit und Wirklichkeit: der Mensch als Wahrheit im Kosmos

Langsam färben sich die Bäume herbstlich, Ahorn, Zierkirsche und andere zeigen an, wie sie sich auf Herbst und Winter vorbereiten. Wir selber spüren es: das Jahr neigt sich, die Frucht reift.
Mehr als in anderen Jahren ahnen wir, es rundet sich kein gewöhnliches Jahr, vielmehr ein Jahr, das uns zwar behutsam, doch bestimmt zeigte, wie wenig wir in einem Karussell sitzen, das sich ewig nur im Kreis dreht. Nein, wir merken, die Bewegungen unseres Kosmos Erde sind komplexer, inhaltsvoller, größer.
Für viele ist es ein schönes Sinnbild: die Frucht der Felder wird eingebracht, geerntet, was in Sonnenwärme und Erdenfeuchtigkeit gewachsen ist. Auch denkt mancher an die eigene Reise, wohin die Zukunft weisen mag. Wie die bunten Bilder der Natur offenbaren, so verhüllen sie wohl auch, in der Vielfalt des Bestimmten vergessen wir oft, nach dem Ganzen zu fragen, freuen uns am Gegenwärtigen.
Die Gegenwart kann und darf uns alles sein, denn sie trägt wie die Natur im Samen auch die Zukunft schon in sich - unerfüllt, wie eine Frage, die auf Antwort wartet. Geborgen dürfen wir uns auch fühlen, denn z w i s c h e n dem Vergangenen und ferner Zukunft ist ja der Mensch, der beide Pole zu versöhnen sucht.
Es ist nicht eine große “Formel”, nicht ein großer Wurf, es ist Wachsen, Sprießen, Bewegung, die Kraft aus Ruhe neu gewinnt, Sterben, das neues Leben aus der Auferstehung erfährt, ein großes Gesetz, das alles wahrt, was im Sein den Ursprung kennt, ein Werden, das uns in die Fremde führt, in eine Ferne, die uns die Nähe wiederbringt, die wir im Verharren nie ergründen könnten.
So führt ein Weg durch tausend Gleichnisse, Bilder und Gestalten, zeigt uns, was tief im Innern schlummert, wachsen kann und soll, Vertrautes uns vergegenwärtigt, als erinnerten wir uns an etwas v o r und a u ß e r h a l b der Zeit, jener Zeit, die nun als Reise oder Wanderschaft zu neuen Wirklichkeiten uns bringt.
Wenn wir so uns mitten in der Wirklichkeit des Werdens erleben, inmitten aller Gleichnisse, die hindeuten auf das, was bleibt, inmitten so auch des Vergänglichen, wenn wir erkennen, wie das kleine Schiff des menschlichen Ichs in den Zeiten des Terrors, der Gewalt, der Zerstörung hindurchsegelt, wie Imperien vergehen, als sei eben nur eine Löwenzahnwiese verblüht, gemäht worden, dann möge der Blick nicht kleinlich an dem haften, was an Vergänglichem uns hemmen, hindern mag, zu werden, was wir sind!
Wenn im blinden Wahn Menschen ihr eigenes Leben und das tausend anderer zerstören, wenn Gewalt die Saat der Gewalt erntet, wenn statt weiser Versöhnung der Zorn gemehrt wird, weitere Opfer fordernd, wenn es manchen genügt, an dem irren Wahn sich zu weiden, anstatt - für sich - die gesehenen Zeichen zu deuten - kein Augenblick länger zögern, sich zu besinnen: im kleinsten Kreis beginnt das Große, nirgends ist das Ferne als im Nahen, kein Dann darf täuschen - jetzt ist die Zeit, wohl wenn über die Verantwortung a n d e r e r die Selbstverantwortlichkeit stets als die schönste Aufgabe gesehen wird!

Keine Menschlichkeit ersteht, solange der Durst des eigenen Innern nach ewiger Wahrheit ungestillt bleibt! Wo ist denn Wahrheit, wenn sie nicht durch das Licht forschenden Strebens des Ichs ersteht? Wie könnte “Humanität” eine bleibende Stätte in unserer Kultur erlangen, wenn nicht aus dem beständigen Streben vieler “soziale Wirklichkeit neu erfunden wird” - Tag für Tag!
Nirgendwo beginnt sie als in unserer Mitte: klare Ziele, ein waches Ich, Gegenwart in Deinem Wirken. Der oft wohlgepflegte Graben zwischen Theorie und Wirklichkeit verschwindet als hohle Illusion, wenn bestimmend im individuellen Erleben Wahrheit zur Wahrhaftigkeit aufsteigt!
Wie könnte närrisches Treiben, Neid und Missgunst irritieren? Es gibt genug zu tun: wetteifernd mag jeder zu beständiger Humanität seine Gaben tragen, dann wird selbst die wertloseste Eitelkeit in sinnvollen Dienst gestellt, ausgelöst aus dem illusionären Treiben einer Welt voll narzisstischer Egoismen jener, die im andern nur Mittel ihrer Triebe sehen können, im Ich-erblindeten Wahn ihrer Selbstentfremdung längst nicht mehr der Gesellschaft noch ihren Mitmenschen ein Stückchen Brot zu reichen imstande sind.
Wer nur wohlklingende Sprüche zu einem Gemälde Goya's zu reden befähigt ist, nicht aber erkennt, wie tausendfach Goyas Motive im Alltagstreiben um ihn s e l b e r herum tagtäglich ihm entgegengrinsen, versteht den Maler nicht, nicht seine eigene Wirklichkeit.

Wieviele zweifeln, zweifeln an Wahrheit und Wirklichkeit: Lichtjahre weit, Urknallnebel, Schwarze Löcher - ja, wie weit hat Wissenschaft es doch gebracht! Bis zu den Grenzen ferner Galaxien, wären nicht leider da die Welten ganz vergessen worden, die aus zwei Augen uns in vielen anschauen: die Menschen hier, die Welten, die wie Monaden, streng verschlossen, vielen anmuten, da gelehrte Unwissenheit zuletzt ach! die Wahrheit des Menschseins aus s e i n e m Forschen ausgeschlossen hat.

Sind es nicht Menschen, die da forschen? Gensequenzen neue und neu enträtseln? Was finden sie? Wahrheit? Was lehrt uns die Physik? Im eifrigsten Bestreben, mehr und mehr zu enträtseln, türmen sich längst Probleme auf, die von der Erde bis zur Sonne reichen: Wohlbegründet steht zuletzt die Frage, wo der Mensch geblieben ist, von dem aus alles Forschen, alle Wissenschaft und alles Bestreben, zu verstehen, anfängt. Sollte das nicht auch zum Menschen und zum Menschsein als gute Frucht zurückkehren?
Viele zweifeln heute, wie manche zweifelhafte Frucht, aus Wahrheitsstreben, die Naturwissenschaften uns präsentieren: sind jene Zweifel wirklich gänzlich unbegründet, wenn schon mehrfach - hochgepriesener Fortschritt naturwissenschaftlichen Forschens - die Menschheit an den Rand der Selbstzerstörung trieb? Solche Frucht müsste den Schläfrigsten wecken, selten sehen wir leider, was weit links und weit rechts zugleich in unserer Kultur geschieht zusammen. Längst schweigen die Philosophen, und wer philosophiert, spricht über ferne Galaxien, ferne Vergangenheiten und eine Zukunft - gottseidank - die im Grunde mit dem eigenen Leben so viel zu tun hat, wie der Urknall mit dem kaputten Fahrradl der Marie!
So fern der Wirklichkeit und Wahrheit - scheint mir - war Wissenschaft dem Menschen nie.-

Bürgerreporter:in:

Wolfgang Leitner aus Donauwörth

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