Das Wort zu Silvester !

Vielleicht sollten sich die Bürger dieses Landes nicht einen guten Rutsch zum Jahreswechsel wünschen, sondern einen guten Putsch, für positive Veränderung. Die Regierung scheint keine Lösungen mehr zu finden. Es ist Zeit für einen Neuanfang.
  • Vielleicht sollten sich die Bürger dieses Landes nicht einen guten Rutsch zum Jahreswechsel wünschen, sondern einen guten Putsch, für positive Veränderung. Die Regierung scheint keine Lösungen mehr zu finden. Es ist Zeit für einen Neuanfang.
  • hochgeladen von Norbert Höfs

Dialog nötig zwischen Ost- und Westdeutschland (von Rainer Stankiewitz, WiedenVerlag)

Der Mensch an sich, das wissen wir, ist ein gespaltenes Wesen. Wer immer dafür zuständig war, dass sein Geist und seine Seele sich in enger Kommunikation untereinander so entwickelt haben, wie wir beide heute noch bei uns vorfinden – ohne ihre Wechselbeziehungen während unsere Lebenszeit je genügend kennengelernt zu haben, wird sich etwas dabei gedacht haben: Jener hat uns mit zwei grundverschiedenen Gaben ausgestattet, nämlich a) mit Egoismus, b) mit der Befähigung, Solidarität zu üben. Beiden überordnete unser Erzeuger den Verstand und die Vernunft, gewissermaßen als Motoren, die den Egoismus und die Solidarität dergestalt lenken sollen, dass sie paritätisch funktionieren. Denn offensichtlich plante unser Schöpfer weise, was wir an Grundausstattung benötigen: eben den Egoismus als Triebfeder unserer Entwicklung und Ansporn zur steten Vervollkommnung unserer selbst – aber auch das Vermögen zur Solidarität mit unseren Artgenossen wie mit anderen Lebewesen und zuletzt mit der Mutter Erde, die alles trägt.
Leider hat diese angestrebte Parität nie funktioniert, ich behaupte sogar, wir Menschen sind ein Fehlkonstrukt – wenn Gott es war, wir also von Gott, dem Herrn (allein der Begriff Gott, der Herr birgt schon in sich den Beweis des Elends in Form der Notwendigkeit eines Herrn) erschaffen wurden, können wir ihm ohne respektlos zu sein anraten, er hätte seinen Schöpfungsprozess bei den Tieren beenden sollen. Hat er aber nicht, nun sind wir Menschen da und müssen sehen, wie wir miteinander umgehen. Jeder, der in unsere eigene Menschen-Geschichte blickt, sieht, w i e wir es bislang getan haben. Der letzte große Wahnsinnskrieg in Europa (bei Kriegen geht es immer um so genanntes Eigentum, was der eine sich einst genommen und der andere nun haben will – völlig gleichgültig, ob man seinen Angriff mit religiösen, rassistischen oder sonstigen Motiven umhüllt) brachte es u.a. mit sich, dass in einem Teil Deutschlands sich die Eigentumsverhältnisse drastisch änderten. Das heißt, ihren Dreckskrieg verloren und dennoch riesige Gewinne erzielt Habende, verantwortlich für Millionen Todesopfer, verloren ihr Eigentum – das Volk hat es ihnen einfach weggenommen; sie zogen beleidigt und überdies wutschäumend in den Westen und warteten dort vierzig Jahre lang auf die Chance, es zurückzuerlangen. Währenddessen waren sie nicht untätig, sie beschossen nach Kräften im Kalten Krieg die kleine, mutige DDR mit den Bomben ihrer wirtschaftlichen Macht. Denn es stand von Anfang an fest: Eine Gesellschaft, die versucht ohne Kapitalismus auszukommen, darf nie und nimmer und nirgendwo auf der Welt existieren.

Dass der Westen den Krieg der ökonomischen Weltanschauungen eines Tags vorerst gewinnen würde, war mir lange vor 1989 klar, nicht deshalb, weil die Voraussetzungen für den Wiederaufbau nach dem Krieg für den Westen ungleich besser waren, sondern weil ein kapitalistisches Wirtschaftssystem solange effektiver, weil inhuman ist, bis es die Menschen zum Teufel jagen – aber dieser Tag ist noch immer fern, doch der Stern des Systems verlischt: Er muss verlöschen, das ist Gesetz, wir merken es an vielen Symptomen, weigern uns jedoch beharrlich zu definieren, was wir sehen. Nie kann ein System dauernd überleben, indem wenige Eigentümer Heerscharen von Besitzlosen gegenüberstehen, die sich, manipuliert und verblödet, von ihm beherrschen lassen; es braucht mächtig lange, bis der Druck im Wutkessel sein Ventil findet.

Die DDR hat versucht über sowjetische Diktionen einen Staatssozialismus/Kommunismus anzugehen; über Sinn und Unsinn darf heftig gestritten werden, aber wahr und unstrittig ist, dass dieser Versuch seinen Ursprung im russischen Oktoberaufstand von 1917, eigentlich schon in der Februarrevolution hatte, als der Zar abdanken musste. Ja, warum musste er denn gehen? Weil er sein gemeines Volk schlechter behandelte als Vieh. Irgendwann stehen die Völker auf, wehren sich, töten ihre Peiniger und nehmen ihr Schicksal in die eigenen Hände. Die Idee, die in einem solchen Vorgehen steckt, ist doch die größtmögliche denkbare Freiheit! Hunderte Dichter haben sie besungen. Diese Idee steckte auch in der kleinen DDR und begann sogar bei mir zu keimen, trotz allen Verdrusses, den mir meine kleine DDR bescherte, trotz ich unbedingt in den sechziger Jahren einen Nylonmantel von „drüben“ besitzen wollte, trotz ich grüne Buletten als Beweis mangelhafter Arbeiterversorgung an die mit rotem Fahnentuch bespannte so genannte Tafel der Besten nagelte und es mit der Stasi zu tun bekam. Ja, trotzdem keimte die Saat jener Idee in mir: Der Weg der DDR aber, der zu früh begann und auf unvorbereitete Menschen stieß - musste zu dieser Zeit als undurchführbar gelten und es lag auf der Hand, dass er unterbrochen werden würde; er wies in eine Zukunft, die frei von Kriegen wäre, weil die Kriegsgründe beseitigt sein würden, weil das Eigentum Weniger umgewandelt wäre in eine irdische Leihgabe für alle. Ein Traum, belächelt, verlacht von armseligen reichen Traumlosen? Meinetwegen, weil unnütz die Anstrengung, Illusionen zu hegen, die Ellenbogen könnten Kreide fressen. Die Gestrigen werden s i e sein, nicht ich bin einer! - Das kann gar nicht praktikabel sein, was du da träumst, sagen sie und spotten – und die Realität nach 1989 gibt ihnen scheinbar Recht (sie haben ja ihren Beitrag geleistet).

Wie weit der Weg noch ist, bis ein westdeutscher Deutscher fast dreißig Jahre nach Anschluss der DDR an die BRD überhaupt willig ist, die Bereitschaft des Verstehens zuzulassen, von welchem Keim ich rede, zeigt ein Gespräch vor einigen Tagen in der Wohnung eines Geburtstag feiernden Freunds: Ich sagte, es gäbe heute welche wie mich, die den abgerissenen Faden der DDR wieder aufnähmen, um bessere Wege für unser aller Zukunft vorzudenken, (...) übrigens sei doch eine ausbeutungsfreie Gesellschaft nicht zu verachten. Er (ein für ein republikweit erscheinendes politisches Magazin tätiger Journalist) meinte, Schwerin habe nach 1989 nach Rost und Dreck gestunken, und die DDR habe (anstatt der Kapitalist ihn und seine Mitbürger) ihre Bürger dermaßen ausgebeutet, dass sie zuletzt nichts mehr besessen hätten als ein marodes Land, das ihnen der Westen aus purer Hilfsbereitschaft notgedrungen abkaufen musste. (…) „Und weil wir vom Kapitalismus ausgebeutet wurden, waren wir reich und ihr arm.“
Im weiteren Verlauf stellte der Gast fest, dass es den Deutschen gut wie nie zuvor gehe und er verwundert sei, dass ich gerade in dieser Phase den Faden der DDR aufhebe. Ob ich denn allen Ernstes die DDR zurückwolle. Nein, sagte ich, diese DDR nicht, eine andere vielleicht, einen Staat von Menschen für Menschen. So ein Staat ist in diesem Deutschland nicht möglich.

Was ist denn geschehen, nachdem der Westen aus Mitleid unser nach Rost und Dreck stinkendes Land gekauft hatte? 30 000 neue Millionäre sind entstanden im Westen (durch den Raub unserer Anteile am Volkseigentum, in vierzig Jahren Arbeit erworben. Diesen Gedanken wagte ich nie fortzudenken, weil mir immer dann die Galle überlaufen wollte). -- Wenn es denn nur das gewesen wäre, wenn man nicht so übermäßig gierig auf Besitz gewesen wäre, die Ostdeutschen nicht immer wieder und immer wieder neu enteignet hätte! Wenn doch nicht diese Habgierigen auf unsere Kosten sich gar zu arrogant in unserem gewesenen Land ihre blühenden Landschaften gebaut hätten, während wir, die Ostdeutschen, derweil das letzte uns Verbliebene, die Würde, gefressen haben, weil die Almosen für neue Bürgersteige draufgingen. Wenn es doch nur nach der Aneignung der DDR wenigsten ein wenig fairer zugegangen wäre! Aber alle Inbesitznahmen in der Geschichte beweisen: Sieger haben immer Recht. Und Sieger über Kommunisten haben doppelt Recht. -
Diese, meine vielleicht ein wenig überzeichnete Sichtweise, soll lediglich erklären helfen, woher nun urplötzlich und unerwartet nach dreißig Jahren dieses undankbare Rumoren im Osten kommt, das immer noch mit hemmungsloser Ignoranz der Realität registriert wird: „Da ist er wieder, der Pappenheimer der Nation, der Ewiggestrige, der übergewichtige, bildungsferne Plattenbaubewohner, der nie zufrieden ist und immer die Falschen wählt.“ (SVZ, 28.12.17; S.2.) Das ist der Knecht, der neue Souverän, wie ihn sich die westdeutsche Herrschaft herangezüchtet hat. So kann es doch nicht bleiben! Aber ich fürchte, unter diesen gesellschaftlichen Verhältnissen wird es noch lange so bleiben. Solange durch vom Kapital diktierte Politik die Vermögensverhältnisse munter weiter auseinanderdriften, kann es nicht anders werden, Zeit also für Extremdenkende. Bin ich denn so ein Extremer, wenn ich unter diesen Umständen, – wo es Deutschland angeblich so gut wie nie zuvor geht und man jeden, der Vorbehalte dagegen vorträgt, am liebsten, so scheint es mit mitunter, erschießen möchte, damit Ruhe an der demokratischen Kapitaldiktaturfront herrscht, – den zerrissenen Faden der DDR aufhebe und mir vorstelle, wohin es gehen könnte, wenn ich diesen Faden weiterspinne? Ich will doch nicht Deutschland überwinden,

Bürgerreporter:in:

Norbert Höfs aus Schwerin (MV)

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