Landgestüt Celle – für immer verbunden mit dem Hengst Wohlklang

Bronzeskulptur "Hengst Wohlklang in der Freiheitsdressur" im Schlosspark Celle
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  • Bronzeskulptur "Hengst Wohlklang in der Freiheitsdressur" im Schlosspark Celle
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Es fing damit an, dass ich im Schlosspark von Celle die lebensgroße Skulptur eines Pferdes sah: „Hengst Wohlklang in der Freiheitsdressur“ und das erinnerte mich an die Hengstparade 2008, in der auch öfters der Name des Hengstes fiel.

Wer war also dieser Hengst? Im Internet fand ich nichts Wissenswertes; weder Bilder noch Informationen. Hilfe bekam ich bei der Gestütsassistentin Maria Hansen vom Landgestüt Celle, die mir den Kontakt zu Klaus Holze vermittelte. Ich verabredete mich also mit dem langjährigen Betreuer von Wohlklang; dem Mann, der 20 Jahre Celler Zuchthengste in der Freiheitsdressur präsentierte.

Wohlklang, 1962 in Lübbecke i.W. geboren, war ein intelligentes Pferd mit einem enormen Drang nach Bewegung; er hatte seinen eigenen Kopf; doch saß ihm auch der Schalk im Nacken.
So habe ich jetzt all das, was ich berichten möchte, von Klaus Holze erfahren. Bei Kaffee und Espresso haben wir uns zusammengesetzt und ich habe viel über den Hengst erfahren.

Wohlklang war mit einem Stockmaß von 162 cm nicht besonders groß; er wirkte eher quadratisch und stand nicht im Rechteckformat, wie man es sich bei einem Zuchthengst wünscht. Doch seine enorme Lust zum Steigen, also auf zwei Beinen zu stehen, war ihm wohl angeboren. Er hat viel von seinem Vater Wöhler geerbt, der als Dressurpferd sein Können an die Nachkommen weitergab. Und sollte Wohlklang vielleicht sein heiteres Gemüt von seiner Mutter geerbt haben? Nun ja, zumindest lässt das ihr Name vermuten: Die Lustige. Ihr Vater wiederum war englischer Vollblüter und so erklärt sich das Springblut in der Nachkommenschaft. Viele Nachfahren von Der Löwe waren in allen drei Olympischen Disziplinen im Pferdesport erfolgreich.

Wohlklang kann 1965 als Dreijähriger in die Hengstprüfungsanstalt nach Westercelle. Bereits hier fiel den Betreuern auf, dass das Tier oft auf zwei Beinen stand. Er ließ sich gut reiten und war in allen Prüfungen erfolgreich.

Und so schnell wie er war, so dickköpfig war er auch in manchen Situationen. Junghengste müssen erst einmal lernen über Hindernisse zu springen. Geführt vom Trainer und dann – kurz vor dem Hindernis – frei gelassen, nahmen sie dann die recht niedrige Hürde. Wohlklang machte sich oft einen Spaß daraus, neben der Hürde über den höheren Fang zu springen.

1966 kam Wohlklang dann für 13 Jahre nach Wittingen, um dort seinen züchterischen Pflichten als Landbeschäler nachzukommen. Einige Jahre davon wieder in die Obhut von Klaus Holze. Drei Jahre unterbrachen diese gemeinsame Arbeit; Wohlklang kam nach Luhmühlen. Doch dann führte beide wieder der Weg in Wittingen zusammen.

Es gab auch bedrohliche Zeiten im Leben des Hengstes. So 1977, als er mit starken Herzproblemen zu kämpfen hatte und in der Tierärztlichen Hochschule Hannover behandelt werden musste. Seit dieser Zeit begleiteten Tierärzte sein Leben besonders dann, wenn er seinen „Pflichten als Hengst“ nachkam. Doch das sei an dieser Stelle angemerkt: Wohlklang hatte nicht übermäßig viele Nachkommen, aber die waren sportlich sehr erfolgreich. So z.B. Winnetou 52 (erst unter Weltmeister Hartwig Steenken, dann unter Paul Schockemöhle) und Wariander (unter Sven Günter Rothenberger). Wallburg, eine Tochter Wohlklangs, war das erste Pferd auf einer Auktion in Verden, das für 100.000 DM den Besitzer wechselte.

Wohlklang war immer einer der besten Hengste und das bewies er auch auf einer öffentlichen Freiheitsdressur, die Pferd und Betreuer Günter Nagel in die Olympic Hall nach London führte. Nicht nur das Publikum war begeistert, sondern auch die Queen, die die Hengste zu einer ganz privaten Vorführung nach Windsor einlud, wie mir Klaus Holze erzählte. „Fotografieren verboten“. Schade, so gibt es nur ein Foto von dem denkwürdigen Ereignis; „geschossen“ mit einem Tele aus dem nahen Transport-LKW heraus.

Klaus Holze hatte in 20 Jahren, viele Hengste in der Freiheitsdressur trainiert und präsentiert. Meist waren es drei oder vier Hengste, mit denen er bei der Hengstparade auftrat.

Das besondere der Freiheitsdressur im Landgestüt Celle ist mit mehreren Zuchthengsten zu arbeiten. Hengste also, denen das natürliche Herdenverhalten erhalten geblieben ist und die ihre Stellung gegenüber anderen Hengsten stets verteidigen.
Wallache, die im Zirkus Schaubilder der Freiheitsdressur vorführen, haben nie den Fortpflanzungstrieb gespürt und sind in der Regel friedlichen zueinander.

Abenteuerlich ging es auf so mancher Tour um die Welt zu. Es war 1983, als sich die Celler Hengste auf eine 30 Stunden lange Reise über Amsterdam und London nach Calgary machten. Mit einer alten DC 10, die völlig überladen war mit Pferd, Mensch und jeder Menge Blumen für den Parcours in Canada, ging es 13 Stunden über den Atlantik. Und das auch noch mit einer ungeplanten Zwischenlandung in Neufundland, weil getankt werden musste. Wohlklang litt immer unter Platzangst und demzufolge war die Enge im Flieger nicht nach seinem Geschmack, was er auch allen deutlich zu verstehen gab. Doch endlich in Calgary gelandet, hatte sich seine Stimmung wieder gebessert. Die Veranstaltung wurde ein großer Erfolg für Calgary und Canada, sowie für das Landgestüt Celle und die Hannoversche Zucht.

Wohlklang hat viele Jahre auf der Celler Hengstparade – zusammen mit seinem Trainer Günter Nagel und die letzten zwei Jahre mit Klaus Holze – mit der Freiheitsdressur die Besucher begeistert und das sein ganzes Leben lang.
1983 war auch das letzte Jahr, in dem der Hengst öffentlich auftrat. Sein Herz machte ihn zu schaffen. Doch sein lustiges und ihm eigenes Wesen waren ungebrochen.

Als dann 1984 in einem Künstlerwettbewerb ein Bildhauer gesucht wurde, der eine Hengstskulptur schaffen sollte, fiel natürlich die Wahl auf Wohlklang als Model. Gestiftet hat dieses Bronzepferd mit Reiter die Sparkasse Celle anlässlich ihres 150jährigen Jubiläums. Von den eingereichten Vorschlägen haben sich die Verantwortlichen dann für den des Worpsweder Künstlers Ulrich Conrad entschieden.
Wohlklang war allerdings zu der Zeit in der TiHo in Hannover und konnte also nicht zum „Maßnehmen“ zur Verfügung stehen. Also sprang – und das im wahrsten Sinne des Wortes – ein anderer Hengst ein. Gut drei Monate hat der Künstler Drahtgeflecht und Knetmasse die Basis der Bronzeskulptur modelliert, doch ständig bekam er von den Insidern im Gestüt zu hören, dass sein Modell nicht Wohlklang ähnelte. Fast hätte Conrad dann sein Drahtgestell wieder zerstört…
Die fertige Skulptur wurde dann 1985 zum 250jährigen Jubiläum des Landgestüts auf dem Paradeplatz aufgestellt und enthüllt und nach den Hengstparaden 1985 im Schlosspark der Öffentlichkeit übergeben. Klaus Holze antwortete mir auf die Frage, ob die Bronze dem Hengst ähnlich sieht und wer der Mensch daneben ist, dass die Pferdeskulptur Wohlklang sehr ähnlich sieht. Der Mensch allerdings weder er noch ein anderer aus dem Landgestüt wäre. Eine Ähnlichkeit mit dem Künstler selbst sei nicht ganz von der Hand zu weisen.

Wohlklang hat diese Ehrung noch erfahren, aber sein Gesundheitszustand ließ nach. Sein Herz wurde schwächer; Klaus Holze hoffte, dass der Hengst noch rechtzeitig von Wittingen nach Celle kam.
Wieder zurück im Landgestüt wurde Wohlklang Tag und Nacht umsorgt, und seine Betreuer begleiteten ihn bis zu seinem Tode. Wohlklang verstarb 1986 im Alter von 24 Jahren.

Ich persönlich möchte mich an dieser Stelle bei Klaus Holze für das interessante Gespräch bedanken und die vielen netten Geschichten über Wohlklang, die Freiheitsdressur und das Leben und Arbeiten auf dem Landgestüt. Nachdem nun dieser Beitrag geschrieben ist stelle ich fest, dass ich noch lange nicht alles berichtet habe, was mir Klaus Holze an einem sonnigen Spätsommertag im Kaffeegarten irgendwo in Celle erzählt hat …

Bürgerreporter:in:

Uta Kubik-Ritter aus Uetze

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