Jakobsweg - Jahrestage: Start in Saint-Jean-Pied-de-Port

Saint-Jean-Pied-de-Port
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Vor genau einem Jahr starteten mein Münchner Freund Walter und ich unseren Pilgerweg nach Santiago de Compostela. Ein Jahr später will ich ihn noch einmal gehen - in Gedanken anhand meines Tagebuchs - und Interessierte teilhaben lassen. So werde ich ab heute täglich hier berichten. Dabei hoffe ich, mein Vorhaben einhalten zu können und nicht in Verzug zu geraten.
Eigentlich war es nicht mein Weg. Walter hatte mich dazu eingeladen. Irgendwann wurde er aber auch mein Weg. Das konnte nicht ausbleiben bei dem Lesen vieler Bücher, beim Betrachten unzähliger Webseiten, beim Hören von Vorträgen und mit den fortschreitenden Planungen.
So war ich nicht allein nur Mitläufer sondern wurde zum Pilger „in spe“, der sich auf den Camino freute. Dazu gehörte auch, ein wenig Spanisch zu lernen.
Sorgfältig wurde die Ausrüstung zusammengestellt und der Rucksack zur Probe gepackt: 9 kg ohne Getränk und Verpflegung – das schien zu passen.
Auch ein Marschtraining mit Rucksack schien mir sinnvoll zu sein. 6 Tage mit insgesamt 95 km rund um Burgdorf kamen zusammen. Dabei wurde beim letzten Training getestet, ob ich auch in den „Ersatzschuhen“ – in meinen ausgesonderten Laufschuhen – marschieren kann. Und natürlich wurde immer wieder an der Ausrüstungsliste gefeilt.
Am 24.April 2008 um 07.30 Uhr geht unser Bus von Bilbao, wohin wir am Vortag geflogen waren, nach Bayonne.Von dort bringt uns ein Regionalzug nach Saint-Jean-Pied-de-Port an den Fuß der Pyrenäen. Ich fühle mich nun erstmals als Pilger mit dem geschulterten Rucksack samt anhängender Jakobsmuschel und den Stöcken fest in beiden Händen. Aber noch fehlt der entscheidende Schritt: die Registrierung als Pilger im „Accueil des Pélerins“. Nicht nur in den Straßen der Altstadt, wie in der Rue de la Citadelle, herrscht Betrieb, auch im engen Pilgerbüro drängt sich die Kundschaft, obwohl an drei Plätzen abgefertigt wird. Über die Wartezeit sind wir natürlich nicht sehr erfreut. Aber die Mitarbeiter hier wollen doch nur, dass jeder Pilger sich mit umfassenden und aktuellen Informationen auf den langen Weg machen kann. Schließlich gilt es auch, Sprachprobleme zu lösen. So muss manches doppelt erklärt werden. Also Geduld.

Schließlich haben wir den ersten Stempel in unserem Pilgerpass und verlassen, mit einer Wegeskizze für die erste Etappe ausgestattet, die Stadt. Da ist der erste gelbe Pfeil, der uns die nächsten 36 Tage zuverlässig den Weg weisen wird.

Zeit zum ruhigen Eingehen bleibt uns nicht. Es geht gleich steil bergauf. Vergeblich sucht mein Blick in dem gestuften Gelände vor uns das heutige Ziel. Ab und zu sieht man Pilger auf dem Weg. Sie scheinen weit voraus zu sein. Über die „Route de Napoléon“, wie dieser Teil des „GR 65“, des „Camino Frances“ oder des „Camino de Santiago“ heißt, nehmen wir die erste der beiden Pyrenäen-Etappen in Angriff. Hinter der ersten Herberge des Weges „Quartier de Huntto“ finden sich Spuren einer verlustreichen Wanderschlacht: ein weggeworfenes Wollhemd und Handtuch. Ob die Geier über unseren Köpfen auch für den kunstvoll auf einem Stein drapierten Schafbockschädel verantwortlich sind? Bevor die Geier sich aber über uns beide hermachen, sind die vier Engländerinnen dran, die wir locker überholen. Eine von ihnen trägt eindeutig zu viel im Rucksack und am Körper! Dennoch wünschen wir Ihnen natürlich einen „buen camino“. Wir werden sie beim Abendessen wiedersehen, nachdem sie gut 1 ½ Stunden nach uns in der Herberge eintreffen.
Wir haben nach 2 ½ Stunden den 8 km langen Aufstieg nach 500 Höhenmeter zur Refuge Orisson geschafft. Hier hatten wir im Voraus unsere Betten reserviert. Wie sich später herausstellt, sind wir die ersten auf der Gästeliste dieses Tages. Wir ziehen in ein 6-Bett-Zimmer.
Duschen, erste Handwäsche und Wäsche auf die Leine - das sind die Tätigkeiten, die auf dem Camino regelmäßig als erstes nach dem Einzug in eine Herberge anfallen werden. Dann lockt die in der Sonne liegende Terrasse, der Wirt, ein junger Baske, versorgt uns mit Bier. So sind die Anstrengungen der ersten Etappe schnell vergessen.

Bürgerreporter:in:

Heinz Schumann aus Burgdorf

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