Exkursionsbericht: Teamarbeit bei der Suche nach einer braunen Schönheit.

Grabensystem bei Stemwede. Links das Maisfeld.
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Wenn man aufs gerate Wohl an einem Gewässer exkursiert um die Artenvielfalt von Libellen zu erfassen ist das schon nicht einfach. Was da so alles auf einen zukommt, habe ich z.B. im letzten zweiteiligen Bericht erwähnt. Siehehttp://www.myheimat.de/bergheim/natur/exkursionsbe... und http://www.myheimat.de/bergheim/natur/exkursionsbe...

Ist eine Exkursion jedoch auf eine bestimmte Art hin ausgerichtet, so kann es noch ein wenig schwieriger werden. So möchte ich heute vom Unternehmen „Aeshna grandis“ berichten. Diese Edellibelle wird im deutschen Sprachgebrauch „Braune Mosaikjungfer“ genannt.

Mit losfahren und einfach mal schauen ist da nix! Hierfür braucht es schon eine gewisse Vorbereitung, zumal man es mit einer Art zu tun bekommt, die nicht nur selten ist, sondern sich auch noch sehr scheu und als absolute Dauerfliegerin erweist.

Die Planung der Exkursion beginnt mit dem Wälzen von diverser Fachliteratur, um sich die Tagesphänologie einzuprägen. Das ist nichts anderes, als sich die täglichen Gewohnheiten dieser bestimmten Art vor Augen zu führen.

(Libellen leben ein minutiös präzises Leben. Bei normaler Witterung beginnt ihr Tag mit dem Aufwärmen des Körpers, gefolgt von anschließenden Jagdflügen. Nach dem Frühstück gehen die Männchen in den „Suchmodus“ über. Sie patrouillieren im Flug auf der Suche nach Weibchen in ihren Revieren. Die Damen kommen exakt um die Mittagszeit ans Gewässer und lassen sich von den umherfliegenden Männchen finden. Dann ist Paarungszeit. Etwa gegen 14.00 Uhr beginnen die Weibchen mit der Eiablage. Anschließend wird noch einmal in den „Jagdmodus“ gewechselt, denn das Abendessen steht an. Danach kehrt am späten Nachmittag Ruhe ein.)

Sodann folgt das Studium der artspezifischen Habitatansprüche. In Frage kommende Lebensräume werden anhand von Kartenmaterial und früherer Sichtbeobachtungen von Kollegen in eben denselben ausgewertet. Danach wird innerhalb des Teams*() entschieden wo und wann exkursiert wird.

* (Eine derartige Exkursion führt eigentlich nur in Teamarbeit zum Erfolg. Mehrere Leute, ein jeder mit Hightech in Form von wasserabweisender Kleidung, Spiegelreflexkameras und konferenzfähiger Funksprechverbindung ausgerüstet muss in der Lage sein, ein weiträumiges Gebiet flächendeckend zu erkunden.)
Nach einer abschließenden Besprechung war das Ziel des Unternehmens „Aeshna grandis“ klar: Richtung Norden: Stemwede. Ein Grabensystem nahe dem „Großen Diekfluss“ in der Nähe der Ortschaft Levern. Nichts als freies Feld, Windräder, Entwässerungsgräben, ab und zu mal eine Baumreihe aus 25 Meter hohen Pappeln und sonst nur flaches Land. Prost Mahlzeit! Hier hoffen wir, eine seltene Lebensform zu finden, die im Allgemeinen als ausgesprochenes „Waldtier“ gilt.

Welch ein Anachronismus!

Gewiss: Die Braune Mosaikjungfer kommt auch in unseren heimischen Gefilden, der Kölner Bucht vor. Doch diese Habitate sind uns hinreichend bekannt und dermaßen unzugänglich, dass dort an einen Erfolg nicht zu denken ist.

Also sind am nächsten Morgen in aller Frühe 257 Autobahnkilometer unter die Räder zu nehmen.

Hierbei gilt es zu beachten, dass die Tiere vor dem Beenden der Aufwärmphase aufgespürt und lokalisiert werden müssen. Sind sie einmal warm und in der Luft, ist jede Chance auf gutes Foto- und Belegmaterial vertan.
Also: Früh in´ s Bett und früh wieder raus, um am nächsten Morgen Das Unternehmen „Aeshna grandis“ die Braune Mosaikjungfer in Angriff zu nehmen.

***

Doch was ist eine „Braune Mosaikjungfer“ eigentlich? Natürlich eine Libelle. Genauer gesagt eine Edellibelle. So groß, wie die Hand eines erwachsenen Mannes. Ihr Körper hat die Farbe von geröstetem Kaffee. Kräftig blaue Farbanteile heben sich bei den Männchen vom satten Braun des Habitus ab. Leuchtend gelbe Seitenbinden entlang der Brust bilden einen ebenso starken Kontrast zur Grundfarbe des Tieres. Als einzige Libellenart weist sie durchweg braun geäderte, mächtige Flügel auf, die es auf über 10 Zentimeter Spannweite bringen. Stirn und Augen erscheinen in einem regenbogenfarbenen Gemisch aus schwarz, gelb, braun und blau.

Den Weibchen fehlen die blauen Farbanteile. Bei ihnen ist lediglich noch etwas an gelben Streifen zu sehen. Der besseren Tarnung wegen ist das auch gut so. Die Natur ist halt perfekt.

***

Nachdem uns der Wecker um 05.00 Uhr unsanft in die Vertikale katapultiert hat, treffen wir so gegen 08.45 Uhr am vereinbarten Treffpunkt ein. Bemerkenswert: Während das letzte Teammitglied eintrifft, zieht sich das zuerst angekommene, obwohl aus einer anderen Richtung angereist, gerade die Stiefel an. Zuverlässigkeit ist bei derartigen Exkursionen nicht hoch genug einzuschätzen. Nach dem genüsslichen Verzehr einer hart gekochten „Keimzelle mit drei Buchstaben“ geht´ s in´ s Eingemachte.

Die Gruppe verteilt sich entlang eines Entwässerungsgrabens auf mehrere hundert Meter Länge. Etwa 30 Zentimeter hohes Gras beherbergt einige Heide- und Pechlibellen. Wind kommt auf. Den können wir jetzt gar nicht gebrauchen. Nach wenigen Minuten ist der gesamte Graben beiderseits des Ufers abgesucht. Keine Spur von der „Großen Braunen“. Wie auch? Keine Möglichkeit für solch ein Rieseninsekt sich aufzuwärmen. Die Getreidefelder ringsum sind abgeerntet. Die Grashalme meiden sie, daran können sie nicht sitzen, dafür sind sie zu groß. Da sind nur noch…na klar… die riesigen Maisfelder! Sie kommen einem dichten „Wald“ sehr nahe. Sie sind für uns zu dicht, um da durchzukommen. Außerdem wollen wir ja hier keine Schäden anrichten. Was bleibt, ist das systematische Absuchen der Ränder. Es wird zusehends wärmer. Schon 24°C! Es ist kaum noch Zeit.

Wir beginnen sofort mit der Suche an der der Sonne zugewandten Seite. Systematisch suchen wir die etwa 2,20 Meter hohen Halme ab. Nichts!

Wenig später stellte ein Mitglied unseres Teams seinen Rucksack am Rande des Maisfeldes ab, da er in der warmen Sonne zu unbequem wurde. Dabei fiel sein Blick zwangsläufig auf den Boden….und…BINGO! Da sind sie! Unheimlich gut versteckt, fast unmöglich zu entdecken. Mit dem Untergrund, auf dem sie sich zum Aufwärmen niedergelassen haben nahezu verschmolzen, sitzen einige Männchen in geringem Abstand 20 Zentimeter über dem Boden an den Halmen friedlich nebeneinander. Wir haben sie im letzten Moment entdeckt. Gleich beginnen ihre langen Flugphasen. War´s das jetzt?

Einige Zeit schien es so. Doch dann gelangen zwei Teammitgliedern noch außergewöhnliche Aufnahmen von weiblichen Tieren, sowohl im Portrait als auch von der Eiablage. Das war´ s jetzt!

Nach ziemlich genau 13 Stunden hatten wir zum zweiten Mal 257 Autobahnkilometer hinter uns und saßen nun, wenn auch etwas verschwitzt, in einem guten Steakhaus (…wo man uns kennt…) bei gutem Essen und Trinken und der üblichen Manöverkritik.

Fazit: „Mission successfully terminated!“ Exkursion erfolgreich abgeschlossen! Dieses Mal war es knapp. Doch wir haben wieder viel von den Tieren gelernt was in keinen Büchern zu finden ist.

Die beigefügten Aufnahmen dieses etwas ausführlicheren Berichtes sprechen für sich. Sie machen verständlicher Weise nur ein Bruchteil derer aus, die bei dieser Exkursion entstanden sind.

Für Eure Kommentare zu diesem Bericht bedanke ich mich im Voraus recht herzlich. Ich hoffe, Ihr macht regen Gebrauch davon. Weitere Infos zur Braunen Mosaikjungfer, „Aeshna grandis“ und ihren vielen Artgenossen findet Ihr hier: http://waldschrat-online.de/GrosslibellenII.html

Liebe und naturfreundschaftliche Grüße,

Willi, der „Waldschrat“

Bürgerreporter:in:

H. - Willi Wünsch aus Bergheim

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