Exkursionsbericht: Härtetest: Von einem Extrem ins Andere. Teil 2
Fortsetzung:
Wir sind in der Voreifel angekommen. Es ist später Vormittag. 29°C, kein Lüftchen regt sich, Schwüle hängt in der Luft. Jetzt ist bei den Luftakrobaten Paarungszeit. Nach einem kurzen schnellen Fußmarsch ist das versteckte und nur Wenigen bekannte Biotop erreicht. Jetzt können wir die Juwelen der Lüfte bei ihren akrobatischen Ritualen beobachten. Auch hier ist das Zeitfenster sehr kurz. Wir müssen uns an die Tagesphänologie der Tiere halten.
Die Tiere sind nervös, im Stress. Die Erhaltung ihrer Art ist ihr oberstes Ziel. Ihr Instinkt sagt ihnen nichts anderes.
Da die Insekten in der Lage sind, selbst in der Formation des Paarungsrades irrsinnig schnelle Manöver zu fliegen, ist „beobachten“ die eine Sache. Ein halbwegs brauchbares Foto zu schießen, die Andere. Mit unserer Ausrüstung behangen, erschweren schlammige, rutschige Teichufer, dornige Brombeerhecken, dichte Vegetation und von Wildschweinen zerfurchte Wiesenäcker und nicht zuletzt die zum Schneiden feuchte Luft unser Fortkommen. Wir können nicht fliegen wie die Libellen und sind darüber hinaus auch noch wesentlich langsamer. Welch eine Unterlegenheit! Nun wartet eine schwierige Aufgabe auf uns:
Wir nennen es „Die Königsdisziplin“. Flugaufnahmen, die die Erhaltung der Art, den Lebenszyklus dokumentieren. Tandems oder einzelne Weibchen der Blutroten Heidelibelle (Sympetrum sanguineum) und der Großen Heidelibelle (Sympetrum striolatum) bei der Eiablage abzulichten ist schon eine fotografische Herausforderung. Die Eier, die am Hinterleib des Weibchens austreten und von diesem in die Ufervegetation abgeworfen werden, haben einen Durchmesser von gerade einmal 0,3 Millimetern (!)
Wer derartiges schon einmal beobachtet hat, kann sich eventuell vorstellen, wie das Ganze auf den Chip zu bannen ist. Schnelle, hektische Auf und Abbewegungen, wippende Flugmanöver, ständige Richtungswechsel der Tiere lassen den Fotografen schier verzweifeln. Hier geben Bruchteile von Sekunden den Ton an, die über Wohl und Wehe einer einzelnen Aufnahme entscheiden.
Bei den Binsen- oder Teichjungfern ist es nicht viel anders:
Die Tiere sind extrem farbenfroh, jedoch so zierlich und klein in ihrer Gestalt, dass das manuelle Fokussieren der Optik zu einem Wettlauf mit der Zeit wird, denn die Ruhepausen der Kunstflieger sind extrem kurz. Ständig in Bewegung, den Paarungsrädern folgend, artet die Exkursion zu einer Art „Biathlon“ unter erschwerten Bedingungen aus: Schnelle Sprints über 10 bis 25 Meter schwierigen Geländes, dabei blind laufend, weil das Objekt dem Auge möglichst nicht entschwinden darf, mit abschließender Schussprüfung, bei welcher der Puls schnellstmöglich in niedrige Frequenzen gebracht werden muss, da die Aufnahme sonst nur für den Papierkorb bestimmt ist.
Zwischendurch erhält man Funksprüche der Teammitglieder, ob noch alles in Ordnung ist, da man längere Zeit nicht im Blickfeld des Anderen war. Es wäre nicht das erste Mal, dass einer von uns im Morast versunken ist. Nachdem alle ihr ok. gegeben haben trifft man sich an einem vorher ausgemachten Punkt und erstattet Bericht in Kurzform. Danach geht´s weiter.
Etwa gegen 14.00 Uhr kehrt langsam Ruhe nach dem Paarungsstress ein. Doch zum Verschnaufen haben wir kaum Zeit. Zu unserer Überraschung gewährt uns noch seine Majestät, die Große Königslibelle (Anax imperator) eine Audienz. Ein wenig Glück gehört halt auch immer dazu. Einen „Imperator“ sitzend zu sehen, ist immer etwas Besonderes!
Mittlerweile zeigt die Uhr fast 16.30. Gut zehn Stunden Nässe, Hitze, unwegsames Gelände, Mücken, Bremsen, Disteln, Brennnesseln, etliche Fußkilometer in Gummistiefeln die von außen zwar dicht hielten, aber jetzt von innen recht nass sind und die Konzentration bei der Dokumentation fingen an, ihren Tribut zu fordern. Das, was an Rest der Kleidung am frühen Morgen von außen durchnässt worden war, ist nun seit geraumer Zeit von innen feucht.
Nach einer kurzen Besprechung, die zum Ergebnis hatte, dass die Exkursion wieder als Erfolg zu werten ist, brachten wir schweren Schrittes unsere Ausrüstung zum Fahrzeug und begaben uns in Richtung Heimat.
Eine erfrischende Dusche und ein schönes Abendessen mit Manöverkritik in lockerer Atmosphäre und gepflegtem Ambiente entschädigen uns nach jeder Exkursion für die Strapazen.
Dieser Exkursionsbericht in zwei Teilen zeigt eine Auswahl von weit über 200 zum Teil außergewöhnlichen Aufnahmen, die an diesem Tag erstellt werden konnten. Ja, liebe Naturfreunde, solch eine Exkursion hat´s in sich. Sie kann nicht zur Nachahmung empfohlen werden.
Liebe Grüße an Euch alle, in der Hoffnung, dass dieser Bericht ein wenig Gefallen gefunden hat.
Mehr von diesen farbenfrohen Luftakrobaten und Kobolden der heimischen Tümpel und Weiher könnt ihr im XXl - Format auf http://waldschrat-online.de/Libellen.html betrachten. Dazu gibt es reichlich Infos für Naturfreunde und solche, die es noch werden wollen.
Liebe Grüße,
Willi, der „Waldschrat“
Bürgerreporter:in:H. - Willi Wünsch aus Bergheim |
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