Die Sage vom sächsischen Edelmann Lutter und der Alten Taufe auf dem Deisterkamm

Alte Taufe Deisterkamm
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Die Sage vom sächsischen Edelmann Lutter und der Alten Taufe auf dem Deisterkamm

Die Sachsenkriege

Diese Sage spielt in der Zeit der Sachsenkriege von 772 bis ca. 804 n. Chr. zwischen dem Frankenkönig Karl des Großen und den sächsischen Stämmen. Auch im Gebiet zwischen Deister und Süntel fanden kriegerische Auseinandersetzungen statt (z.B. 782 auf dem Dachtelfeld im Süntel). Ziel der Kriege war die sächsischen Stämme zu unterwerfen, ihre Gaue in das Frankenland von Karl einzugliedern und den sogenannten heidnischen Sachsen den christlichen Glauben aufzudrängen.
Viele Sachsen widersetzten sich dieser Christianisierung und leisteten erbitterten Widerstand.

Der sächsische Edelmann Lutter auf dem Deisterkamm

Der Sage nach soll der sächsische Edelmann Lutter einen besonderen Groll gegen die Christen und konvertierten Sachsen aus seinem Stammesgebiet gehabt haben. Auf dem Deisterkamm trafen drei sächsische Gaue aneinander. Der Bukkigau im Süden, der Mestemgau im Norden und der Tilitthigau im Westen. Zu welchem Stamm Lutter gehörte ist nicht überliefert.
Um Lutter, der Alten Taufe auf dem Deisterkamm und seinen grausamen Handlungen ranken sich diverse Geschichten und Sagen. Mehrere Autoren haben hierzu Geschichten veröffentlicht.
Bekannt sind die Veröffentlichungen von: Auszug aus dem Buch: "Über den Deister gehen" von Gudrun Wildhagen und Udo Mierau, ISBN-10: 3980348954:
Heiko Hesse: Teuflische Orte, die man gesehen haben muss aus 2018 ISBN 978-3-86124-717-3
und einige Online-Veröffentlichungen z:B. Ausführung nach Meissel (Apelern/ Rodenberg) oder
https://indigo-blau.de/alte-taufe-deister

Die Tränen der Tochter vom sächsischen Edelmann Lutter
frei nach Winni Gehrke 2018

Diese Geschichte spielt wohl in der Zeit um 800 n. Chr. Das Kloster Wennigsen war noch nicht gegründet. Im heutigen Calenberger Land und im Deister wohnten sächsische Stämme in ihren Gauen.
Der Volksstamm der Franken mit ihrem König Karl hatte gerade die Macht im ehemaligen Römischen Reich übernommen. Sie brachten den neuen christlichen Glauben mit in ihre eroberten Gebiete. Die sächsischen Stämme leisteten den Franken erbitterten Widerstand. Im Jahr 782 konnten sie auf dem Dachtelfeld im Süntel den Franken eine bittere Niederlage beibringen. Besonders hervorzuheben ist der Sachsenherzog Widukind, der den Franken in den Jahren 777 bis ca. 785 erbitterten Widerstand leistete.

Blutgericht von Verden 782

Die Rache der Franken war im Blutgericht von Verden grausam. Viele Sachsen traten daraufhin dem christlichen Glauben bei und ließen sich taufen. Einige sächsische Edelmänner widersetzten sich der Zwangstaufen.

So auch der sächsische Edelmann Lutter der auf dem Deister wohnte

Auf dem Deisterkamm, irgendwo zwischen der heutigen Münder Heerstraße und der Lauenauer Allee, hatte der sächsische Edelmann Lutter eine Burg. Die Reste der Burg werden in der Nähe des Nordmannsturmes nahe der Teufelskammer oder vielleicht sogar in Luttringhausen vermutet.

Lutter grimmiger Mann im Deister

Lutter war ein grimmiger Mann, er wehrte sich den von den Franken aufgezwungenen neuen Glauben anzunehmen. Dem alten Kriegsgott Tyr huldigte Lutter und hegte tiefen Groll gegen die Franken und ihren christlichen Glauben, den sie über die Menschen im niederen Sachsen brachten. Karl, später genannt der Große, war mit seinen Heerscharen durch das Tal zwischen Süntel und Deister gezogen und hatte drei tapfere sächsische Stämme unterworfen, deren Stammesgebiete auf dem Deister aufeinander trafen. Nicht allein, dass die Eingesessenen den Glauben der Franken annehmen mussten. Sie hatten Karl überdies Tribut zu zollen. Die Franken forderten Geiseln und zuvorderst auch wertvolle Güter. Also bangte Lutter auch um seine Pfründe und Jagdgebiete im Deister und Deistervorland.
Der Edelmann Lutter dankte Tyr, dass die Franken seine Burg bisher nicht bezwungen hatten und gelobte ihm, die Christen zurückzudrängen, wo er nur konnte. Jeden Sachsen aus seinem Stammesgebiet zwang er, zum alten Glauben zurückzukehren. Wer sich weigerte, den rang Lutter mit dem Schwerte nieder. Der Besiegte musste ihm den erstgeborenen Sohn oder die erstgeborene Tochter als Pfand übergeben.

Diese führte Lutter zu einem großen Steinblock, den er in seinem Hoheitsgebiet zu Ehren seiner Götter errichtet hatte. Die Gefangenen mussten auf dem Stein knien. Mit einem Hieb schlug ihnen Lutter den Kopf ab. Das Blut sammelte sich in einer tiefen Schale im Stein. So, meinte der grimmige sächsische Edelmann, gefalle es seinen Göttern.
Weithin fürchtete man den Groll Lutters, nicht nur auf dem Deister, sondern im ganzen Deistervorland.

Lutter wird besiegt

Einmal jedoch hatte ein christlicher Krieger Lutter besiegt. Nun war es an Lutter, sein einziges Kind dem Feinde zu übergeben. Von diesem Tag an wuchs sein Zorn gegen die Christen ins Unermessliche. Seine Tochter hatte er als Pfand ausliefern müssen. Was hatte er nun noch zu verlieren, wo seine Tochter tot sei, wie er vermutete. Von nun an zog Lutter unerbittlicher denn je gegen jeden Christen zu Felde.
Doch Lutters Tochter wurde von dem christlichen Krieger nicht geopfert. Denn der Christengott forderte keine Menschenofer. Der Krieger hatte das Mädchen in seine Familie aufgenommen und ließ es im christlichen Glauben unterrichten und erziehen. Dem Mädchen mangelte es an nichts, was ihrem Vater Lutter verborgen blieb. Also wusste er auch nicht, dass seine Tochter zur Frau gereift war, den Sohn des Kriegers geheiratet und einen Sohn gebar.

Lutter trifft auf dem Deisterkamm seinen Enkel

Die Jahre gingen ins Land und der Sohn von Lutters Tochter wuchs zu einem kräftigen Jüngling heran. Dieser zog eines Tages mit seinem Vater durch den Deister. Ehe sie wussten, wie ihnen geschah, gerieten sie in die Fänge von Lutter. Obwohl ein alter Mann, hatte der Grimmbart nichts von seiner Kraft eingebüßt. Das Feuer des Hasses loderte immer noch in ihm.
Er erkannte nicht, wen er gefangen hielt, und die Gefangenen wussten nicht, wer sie bezwungen hatte. Als Lutter die Gefangenen aufforderte, Wotan, Donar oder Tyr anzubeten, weigerten sie sich und sprachen: „Christus, Sieger, gib‘ Gnade den Heiden und mir“. Wütend packte Lutter den Älteren, schleppte ihn auf den großen Stein und richtete ihn hin. Dem Jüngling wollte der Fürst noch Bedenkzeit geben, erinnerten ihn doch die Gesichtszüge des Burschen sehr an seine Tochter. Doch der Junge ließ sich nicht erweichen. Als Lutter abermals fragte, ob er nun seinem christlichen Glauben abschwöre, erwiderte der Jüngling: „Christus, Sieger, gib‘ Gnade den Heiden und mir“. Da schlug Lutter wieder erbarmungslos zu.

Lutters Tochter sucht ihre Familie

Weil ihr Gatte und ihr Sohn über die Zeit ausblieben, machte sich Lutters Tochter auf die Suche nach ihnen. Bald erfuhr sie, dass diese im Deister in die Fänge des sächsischen Edelmanns Lutter geraten waren. Unsäglicher Schmerz erfasste sie. Sie stieg auf den Deisterkamm und trat in die Burg ihres Vaters ein, an die sie sich noch schwach erinnern konnte. Auf Bärenfellen liegend fand sie ihn. Mit drohender Gebärde erhob sich der alte Mann und trat auf sie zu. Aus seinen Augen blitzte grausame Wut, als er das Kreuz auf der Brust der Frau entdeckte. Er hob die Faust, da rief die verängstigte Tochter in höchster Not: „Christus, Sieger, gib‘ Gnade den Heiden und mir“. Dann sank sie zusammen.
Lutter erschrak zutiefst. Die Stimme hatte er erkannt und wie er sich die Ohnmächtige beim Lichte des Feuers näher betrachtete, war er sich gewiss, dass er in das Antlitz seiner Tochter blickte. Wortlos hob er sie auf und legte sie auf eine Schlafstatt. Nun erinnerte er sich auch, von wem er den christlichen Gnaden-Ruf schon einmal gehört. Als ihm gewahr wurde, welche Männer er vor wenigen Tagen auf dem Deisterkamm getötet hatte, wollte er am liebsten vom Deisterberge verschlungen werden.

Lutter bittet um Vergebung

Bald erwachte seine Tochter und Lutter bat sie um Vergebung. Der harte Edelmann war weich geworden. Also gestand er ihr, durch wessen Hand ihr Sohn und Gatte gestorben waren. Er versprach ihr, fürderhin weder Tyr noch Wotan zu huldigen. Vielmehr sei er beseelt von der Stärke des Christengottes. Dem wolle er nun sein Leben widmen und jedem Kampf entsagen.
Stumm folgte die junge Frau den Worten ihres Vaters. Fassungslos war sie, als ihr gewahr wurde, dass ihr eigener Vater ihren Sohn und Gatten getötet hatte. Als der alte Lutter seine Ausführungen beendete, erhob sich die Tochter, sah auf ihn herab, schüttelte den Kopf und trat grußlos aus dem Raum heraus. Sie verließ die Burg, ohne sich noch einmal umzusehen.
Eine Weile war sie wohl durch den Deister gegangen, als der Gram sie übermannte. Sie kniete nieder und ihre Augen liefen über. Laut rief sie ihr Unglück in den dunklen Wald. Die Tränen rannen und rannen. Neben ihr versickerten sie in der Erde und nahmen ihren Lauf.
Der Lutterbach von Wennigsen
Dicht beim Waldkater in Wennigsen entspringt ein kleiner Bach, den die Leute „Die Lutter“ nennen. Sie fließt durch die Wiesenstraße und anschließend durchs Lutterfeld. Die Lutter trennt die Jahnstraße vom Lutterbrink. Irgendwo in der Feldmark zwischen Wennigsen und Sorsum verliert sich die Lutter und vereinigt sich mit dem Waldkaterbach. Der Waldkaterbach fließt in Sorsum in den Wennigser Mühlbach und bildet bei Evestorf mit dem Bredenbeckerbach die Ihme.

Die Tränen der unglücklichen Tochter Lutter
Wer meint, dieses Bächlein seien die Tränen der unglücklichen Tochter des sächsischen Edelmanns Lutter, der soll das getrost allen Menschen erzählen. Schließlich gehört nicht viel Phantasie dazu, den ganz leichten Salzgeschmack zu erkennen, wenn man aus der Lutter trinkt.

Dass Lutter sich zum Christentum bekannte und auf dem Opferstein taufen ließ, liest man in einer Sage über einen Opferstein auf dem Deisterkamm. Deshalb heißt dieser Stein heute „Alte Taufe“ und in der Schale steht immer etwas Wasser. Der tieftraurigen Tochter dürfte das allerdings einerlei gewesen sein. 

Das Weinen der Lutter

Wenn es ganz windstill ist und man in den Deister hineinhorcht, kann man mit etwas Phantasie die weinende Tochter von Lutter hören. Gerade im Frühjahr fließen besonders viele Tränen durch die Lutter. Ich selbst (Winni Gehrke) habe früher bei uns im Garten von dem Tränenmeer der Lutter mehrfach gekostet und kann die Sage um Lutter bestätigen.
Heute erinnern der Bachlauf, der Lutterbrink und das Lutterfeld an den sächsischen Edelmann Lutter.
Nachkommen von Lutter sollen übrigens immer noch sehr friedlich am Deister wohnen.

Lesung in Wennigsen 2019
Heiko Hesse und Winni Gehrke „Deister-Winni“ Lesung in Wennigsen 13.02.2019 Teuflische Geschichten

Bürgerreporter:in:

Winfried Gehrke aus Wennigsen

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