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Weg weisende Beschlüsse, Bahn brechende Urteile

Weg weisende Beschlüsse, Bahn brechende Urteile - doch was ist die Realität?

Kolumne vom 01.12.2012 von Robert Schneider einem selbst Betroffenen Rollifahrer des MMB e.V.

Ich glaube, einleitend sollte ich noch einmal erwähnen, dass diese Kolumne nur die Meinung des Kolumnisten wiedergibt, nicht die des MMB.

Da gibt es ein Urteil, nachdem einer schwer behinderten Frau ein speziell auf ihre Behinderung angepasstes Auto zusteht.
Der Bayerische Landtag beschloss kürzlich, die Kraftfahrzeughilfe im Sinne der Behindertenrechtskonvention auslegen zu lassen.
Wie alle anderen habe ich mich über diese Entscheidungen gefreut, habe im Chor der Jubelnden mit gesungen.
Doch dann habe ich mir die Entscheidungen noch einmal durchgelesen, mit ein paar Leuten gesprochen und nachgedacht.

von Robert Schneider

Was ist passiert? Ein Gericht empfiehlt den Sozialbehörden, in Zukunft die Behindertenrechtskonvention in ihre Entscheidungen einfließen zu lassen.
Etwas ganz ähnliches fordert der Bayerische Landtag. Keine neuen Verordnungen, keine neuen Gesetze, die sind nämlich schon lange da. Die Sachbearbeiter werden von Gericht und Landtag dazu aufgefordert, sie auch anzuwenden.

Noch einmal, die Beamten werden angewiesen, endlich ihre Arbeit richtig zu machen.
Und wenn sie es nicht tun?
In der freien Wirtschaft wären solche Urteile undenkbar. Ich möchte jetzt um Himmels Willen nichts gegen die vielen Tausend Beamte sagen, die sich durch ständig neue Gesetze und Verordnungen wühlen müssen und nach bestem Wissen und Gewissen Entscheidungen suchen und auch treffen, die dem Wohl des Bürgers dienen.

Ich rede von den schwarzen Schafen, die nach Manier der alten Feudalfürsten auf einer Truhe hocken, die das Geld der Steuerzahler enthält, das genau für diese Zwecke ausgegeben werden soll. Ihr einziges Sinnen und Trachten ist darauf gerichtet, ihren Vorgesetzen am Ende des Jahres zu präsentieren, welche Summen sie diesmal wieder eingespart haben.

Solche Urteile und Beschlüsse gehen diesen Menschen meterweit an dem Körperteil vorbei, den sie sich im Laufe der Jahre breit gesessen haben. Wer sich durch meine Worte angegriffen fühlen sollte und sich diesen Schuh anzieht, dem dürfte er auch passen.

Übrigens: In Artikel 3, Absatz 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland steht, ich zitiere: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner
Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden."
Da frage ich mich doch als kleiner, einfacher Bürger: "Was braucht ihr eigentlich noch? Oder ist euch das Grundgesetz, auf das ihr immerhin vereidigt wurdet, auch noch zu neu und unbekannt?"

Ich gebe jetzt einmal den advocatus diaboli, male bewusst schwarz:

Vor einigen Jahren wurde ein Gleichstellungsgesetz erlassen - unter großem Jubel der betroffenen Personenkreise.
Das Gesetz floss sogar in diverse Bauordnungen ein - die sich so herrlich ignorieren lassen, speziell, wenn die städtischen Bauämter selbst die Bauherren sind.
Was wurde daraus? Nichts! In Worten: NIX! Makulatur, die sich so toll in den vielen Aktenordnern macht, die Kilometer von Regalen bevölkern.

Was wird also mit der Anweisung passieren, bei der Entscheidung über Kraftfahrzeugförderung für Menschen mit Behinderungen nach den Richtlinien der Behindertenrechtskonvention zu verfahren?

Eltern mit behinderten Kindern - sind nicht behindert. Abgelehnt.
Menschen in Ballungsgebieten - können öffentliche Verkehrsmittel benutzen. Abgelehnt.
Menschen, die nur unregelmäßigen Beförderungsbedarf haben - sollen Fahrdienste benutzen. Abgelehnt.
Schwerst-Mehrfachbehinderte, die das Fahrzeug auch mal zu hygienischen Zwecken benutzen müssen - gehören ins Heim. Abgelehnt.
Menschen, die das Fahrzeug benötigen, um zur Arbeit zu gelangen - die bekommen es genehmigt.
Das zahlt nämlich der Integrationsfachdienst, sprich: Die Arbeitsagentur, oder die Rentenversicherungsträger.

Dass solche Entscheidungen überhaupt notwendig sind, trotz der bestehenden Gesetzeslage, das ist das eigentlich Beeindruckende.
Was passiert denn, wenn die Verordnung auf halbem Weg in der Bürokratie versickert?

Solange niemand hin geht, die Texte mit Hammer und Meißel in Stein schlägt und sie den Mini-Feudalfürsten so lange um die Ohren haut, bis auch der letzte kapiert hat, dass es den Menschen Ernst mit der Inklusion ist, solange werden wir bei unseren Widersprüchen und Sozialgerichtsverfahren bessere Munition haben - mehr nicht.

Was ist eigentlich, wenn jemand nach jahrelangem Rechtsstreit endlich in letzter Instanz Recht bekommt und die Gemeindekasse ist leer?

Aber lassen wir uns einmal überraschen. Bei dem Jubel müsste man eigentlich in der verstaubtesten Amtsstube mitbekommen haben, dass da draussen in der Welt etwas passiert ist.

Nachher sagt noch jemand, ich wäre ein Schwarzmaler und würde alles schlecht reden.

Also liebe Feudalfürsten, hört auf das, was der Papa Landesvater sagt und schaut zur Abwechslung mal in die richtigen Gesetzesbücher. Und hört nicht wieder mitten im Paragrafen auf zu lesen. Ihr verwaltet nämlich unser Geld, nicht eures.
Die Nichtbayern, die bekommen demnächst von ihren Landesvätern oder -Müttern denselben Einlauf verpasst.

Dafür sorgen gerade die vielen Freiwilligen vom MMB, die ihre Abgeordneten mit Mails, Briefen und Apellen versorgen.

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2 Kommentare

Das kann ich alles nur unterstreichen. Bei mir kommt dann immer der Gedanke von hinten aus meinem normalen Menschenverstand angeschlichen: was wäre, wenn der ablehnenede Beamte auch plötzlich in der "behinderten Situation" wäre? Das kenn man sich jetzt mal in Farbe ausmalen!!!!!!

Ach, übrigens bin ich auch Beamtin auf Lebenszeit gewesen und konnte und kann die schwarzen Beamtenschafe nicht leiden. Habe immer gegen gesteuert, wenn sich die Gelegenheit ergab. Und die ergab sich leider zu oft. LG

Auch mein Vater war ein Beamter, er würde gesagt haben:
"Recht und Gesetz müssen eingehalten werden, aber der Betroffene muß auch selbst Eigeninitiative entwickeln um seine Situation zu verbessern".

Als mein Vater als Hoch- und Tiefbauingenieur aus dem 2.Weltkrieg aus Russland zurückkehrte hatte er nur noch ein Bein. Damit war der Bauingenieur Beruf nicht mehr machbar.
Also eine Beamtenlaufbahn anstreben, dazu brauchte er aber das Verwaltungsseminar in Kassel.
Aber wie kam man 1946 von Fritzlar nach Kassel, nur mit dem Zug, kein behindertengerechtes Fahrzeug, geschweige denn ein Auto.
Nun waren die Winter damals noch keine Sommer und in Fritzlar lag dann Schnee und Eis auf den schon so glatten Kopfstein-Pflasterstraßen,
wie sollte er mit einem Bein und Krücken aus der Stadt zum Bahnhof kommen ?
Wir, meine Mutter und ich zogen ihn auf meinem Rodelschlitten des Morgens zum Bahnhof und des Abends zurück zur Wohnung.
War damals so kein Einzelfall.
In diesem Zusammenhang fällt mir noch eine Begebenheit aus dieser Zeit ein,
mein Vater und ich (ich so ca.5-6 Jahre alt) standen an einem Sommerabend vor unserer Haustür als eine Gruppe Ami-Soldaten der Fritzlarer Gastronomie zuströmten und vor uns stehen blieben.
Mein Vater wurde wegen dem fehlenden Bein als Kriegsteilnehmer erkannt und mit den Worten: "Fucking Nazi" mit einem Faustschlag ins Gesicht bedacht.
Da er nicht von schwächlicher Statur und auch nicht ängstlich war, schlug er dem Angreifer eine seiner Krücken über den Schädel. Der Ami lag um.
War nur gut das mein Vater gut mit seinem Schulenglisch zurechtkam, denn die herbeigerufene MP (Militärpolizei) fragte nach dem Hergang.
Es gab für uns keine Repressalien.
Ich bin dem amerikanischen Volk jedoch sehr dankbar für z.B. die Schulspeisung die wir täglich erhielten, es waren die "Care-Pakete" und die "Quäker-Speisung" die uns Kinder vor Hunger bewahrten.

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