Familienhilfe oder Eingliederungshilfe? Eine Frage der Priorität.

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Familienhilfe oder Eingliederungshilfe? Eine Frage der Priorität.

Kolumne vom 09.05.2013

Fast können sie einem schon leidtun, die Bayern. Erst hauen alle auf einen gewissen Fußballmanager ein, bloß weil der darauf vertraut hat, dass eine Selbstanzeige Straffreiheit gewähren kann. Dass sein ehemaliger Vorstandskollege Franz B. schon seit Jahren seine Abgaben im deutschsprachigen Ausland entrichtet, juckt dabei keinen. In Weltmeisterkreisen ist das ja nicht unüblich, siehe Michael S. Für das, was er bisher nachentrichtet hat, hätte Herr H. beispielsweise in Kitzbühel bestimmt ein nettes Eigenheim bekommen.

von Robert Schneider

Viel desolater zeigt sich aber die Situation der Bayerischen Bezirke. Da haben sie sich kaum gefreut, dass der Uli sich netterweise vor sie platziert und ihnen medientechnisch ein wenig Deckung bietet, schon kommen ein paar Abgeordnete daher und treten eine Diskussion über die bayerische Familienhilfe los.

Familienhilfe?

Ein paar Landtagsabgeordnete haben in ihren Büros Familienangehörige beschäftigt. Das ist eigentlich nicht illegal, aber wird nicht so gerne gesehen. Schließlich werden unsere Volksvertreter von unseren Steuergeldern bezahlt. Wenn es sich dann noch herausstellt, dass da Kinder beschäftigt wurden, die eigentlich in der Schule hätten sein sollten, da muss man sich schon die eine oder andere unangenehme Frage gefallen lassen.

Für wie dumm halten die uns eigentlich? Oder hat denen die Gier jegliches Feingefühl weg geätzt?

Bei den angestellten Ehefrauen könnte man zumindest noch einen Interessenskonflikt unterstellen. Aber bei angestellten Kindern stellt sich die Frage nach dem strafrechtlichen Aspekt. Das Thema zieht übrigens sich quer durch fast alle Fraktionen. Dabei hat die größte Fraktion auch den größten Anteil an Familienhelfern. Aber dadurch, dass fast alle dabei sind, wird uns hoffentlich ein Aspekt der zu erwartenden Wahl-Schlammschlacht erspart bleiben. Und vielleicht wird ja die eine Fraktion, bei der bisher noch keiner mit der Hand in zumindest dieser Kasse erwischt wurde, die Art von Dreckklumpen liegen lassen. Früher gab es mal sachbezogene Wahlkämpfe. Früher - da hat man Behinderte auch in Heimen deponiert. Was, da will man wieder hin? Wer hat denn da vergessen, die Schlafbrille abzusetzen? Hallo, wir haben 2013! Schon mal was von der Behindertenrechtskonvention gehört?

Aber ich schweife ab. Wo waren wir? Ach ja, bei der Familienhilfe. Da können auch schon mal „um die 150.000 Euro“ zusammenkommen, hat der Bezirksvorsitzende der oberfränkischen CSU-Mittelstandsunion, Christian Hübner, am Beispiel des Abgeordneten Nöth hochgerechnet.*

Und war nur ein Abgeordneter! Pikanterweise ein Abgeordneter desselben Landtags, der noch vor Kurzem beschloss, den Bezirken so medienträchtig das Fell zu gerben. Haben diese doch viel zu sehr bei der Eingliederungshilfe auf das Geld gesehen. Das Geld, das einige ihrer Zuchtmeister schon lange ihren eigenen Familienkassen zugutekommen ließen.

Ich höre jetzt schon die Gerügten lauthals ihre Unschuld beteuern. „Wir hätten ja viel mehr bewilligen können, hätte uns nicht das Geld gefehlt!“ Tja - Dumm gelaufen. Dahinter könnt ihr den Zynismus, mit dem ihr gerade die Schwächsten behandelt, nicht mehr verstecken.

Das hätte mal ein paar Tage früher heraus kommen müssen. Oder sagen wir besser Wochen, die Bezirke sind ja für ihre sorgfältige Arbeit bekannt. Der armen Frau Verhinderungsbeauftragten wäre viel verbales herum Eiern erspart geblieben. Tut mir eigentlich gar nicht leid.

Herr Nöth und Komplizen, Entschuldigung, Konsorten wären unter den vielen überreichten Schwarzen Petern kaum mehr wahrnehmbar gewesen. Aber vielleicht kommt das Geschrei ja noch. Ein klein wenig Kreativität bei der Interpretation der Tatsachen - was bei Ablehnungsbescheiden funktioniert, gibt bestimmt auch eine prima Verteidigungsstrategie ab. Leute, wenn ihr eure Arbeit so gemacht hättet, wie der Landtag vorgeschlagen hat nämlich richtig, dann wäre überhaupt keine Verteidigung nötig gewesen!

Außerdem, und da muss einfach mal gesagt werden, die meisten Landtagsabgeordneten haben sich bei der Familienhilfe bescheiden zurück gehalten.

Aber zurück zur Familienhilfe. Wenn wir die Hochrechnungen des Herrn Hübner als Grundlage nehmen, dann wäre zumindest rechnerisch keine einzige Ablehnung auf KFZ-Förderung durch die Bezirke notwendig gewesen.

Aber das erklären sie bitte selbst den Familien, die sie in die soziale Isolation gedrängt haben, meine Damen und Herren Familenhelfer und -Helferinnen.

Aber glauben sie jetzt bitte nicht, dass mit einem Rücktritt wieder eitel Sonnenschein herrscht. Zurücktreten ist einfach. Ein bisschen zu einfach.

Was halten Sie denn davon, als kleine Wiedergutmachung eins der abgelehnten behindertengerechten Fahrzeuge zu fördern? Freiwillig natürlich.

Was der so im Kreuzfeuer stehende Uli H. übrigens getan hat.
Vorher.
Still und im Hintergrund.

* Quelle: NORDBAYERISCHE Nachrichten

Bürgerreporter:in:

Klaus-Dieter Dingel aus Bad Wildungen

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