Gesetzlich Versicherte benötigen keine täglichen Toilettengänge

Gesetzlich Versicherte benötigen keine täglichen Toilettengänge

Kolumne von Robert Schneider ein selbst Betroffener des MMB e.V.
(Genehmigung zur Veröffentlichung liegt vor).

Das waren noch Zeiten! In meinem früheren Leben habe ich mir ein bis zwei mal täglich eine Zigarette und eine Zeitung geschnappt und bin in der Nasszelle verschwunden. Für Eltern aktiver Kinder und sportbegeisterter Partner oft die einzige Möglichkeit, mal der Hektik des Tages zu entfliehen.

Menschen mit einer Darm- und Blasenlähmung haben es da nicht ganz so einfach. Viele sind beim wieder Loswerden ihrer täglichen Futterrationen auf fremde Hilfe angewiesen.

Ein Diskurs über die verschiedenen Techniken, wie mensch den Darm regelmäßig leer bekommt, wäre an dieser Stelle nicht nur unpassend, es würde auch zu weit führen.

Die Pflegedienste können diese spezielle Hilfe auf zwei Arten abrechnen. "Hilfe bei Ausscheidungen", nach Leistungskatalog der Pflegeversicherung, oder "Digitales Enddarmausräumen" nach Verordnung vom Arzt. Das eine ist eine Pflegetätigkeit, das andere eine medizinische Notwendigkeit. Zwei Abrechnungsmodi für ein- und dieselbe Sache. Das eine wird von der Pflegekasse bezahlt und geht vom Pflegegeld ab, das andere von der Krankenkasse. Ob eine medinzinische Behandlung anders vergütet wird, als eine pflegerische Leistung? Gute Frage!

Die armen, Not leidenden Krankenkassen haben wieder eine Möglichkeit entdeckt, wie man richtig sparen kann.
In der letzten Zeit erhielten nämlich diejenigen, die auf Kosten der Krankenkasse ihr tägliches Steak wieder los wurden, ein Schreiben genau dieser Krankenkasse:
Sehr geehrte(r) Versicherte(r), leider können wir die Kosten für ihr digitales Abführen nicht mehr täglich übernehmen.
Wir freuen uns aber, nach wie vor dreimal (bei manchen zweimal) wöchentlich die Kosten nach wie vor zu übernehmen.

Hallo? Geht´s noch? Habe ich das richtig verstanden? Die Kasse schreibt mir vor, wie oft in der Woche ich ka... - Entschuldigung, defäziere?

Auch ich erhielt ein solches Schreiben. Am nächsten Tag rief ich meine Kasse an und fragte die Sachbearbeiterin, wie oft sie denn zur Toilette ginge?
Ich war wohl nicht der erste, denn sie wirkte etwas unentspannt. Sie könne das auch nicht nachvollziehen, aber die Geschäftsleitung habe so entschieden.

Ein guter Bekannter ließ sich kurzerhand in einer bekannten Fachklinik für Querschnitte attestieren, dass er als verhältnismäßig gesunder Mensch mit einem ebensolchen Appetit bei täglicher Nahrungsaufnahme diese auch täglich los werden müsse.
Die Antwort seiner Krankenkasse lies nicht lange auf sich warten.
Man freue sich, ihm wieder das tägliche Abführen zu bezahlen - an 5 Tagen in der Woche.
Sein trockener Kommentar: "Am Wochenende wird nicht geschissen!"

Aktionäre freuen sich über großzügige Dividendenausschüttungen, aber muss das immer auf unsere Knochen sein?

Ich kann mir das nur so vorstellen, dass diese Kosteneinsparer sich so bewusst und vor allem so trocken ernähren, dass sie nur zwei bis drei mal in der Woche ein paar winzige Bröckchen in Rosinengröße produzieren. Die lassen sich bestimmt mit einem Staubwedel entfernen.
Diese vertrockneten Zahlenjonglierer schließen vermutlich einfach von sich auf andere und können die ganze Aufregung gar nicht verstehen.

Die Kasse ist die Kosten los, dafür hat die Pflegeversicherung einen höheren Aufwand. Das geht aber vom Pflegegeld ab. Diese Zeche zahlen somit die pflegenden Angehörigen, was die Aktionäre vermutlich keine Sekunde ihres Nachtschlafes kostet.

Wo wir gerade bei Rosinen sind - diese ganz kleinen, besonders trockenen, nennt man die nicht Korinthen?

Irgendwie habe ich plötzlich einen sehr unfeinen Ausdruck im Hinterkopf...

Bürgerreporter:in:

Klaus-Dieter Dingel aus Bad Wildungen

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