Welche Erinnerungen haben Sie an das DFB-Pokalspiel 1984 gegen Bayern München, Herr Dahlgrün?

Klaus Dahlgrün, Vorsitzender des TSV "Friesen" Hänigsen. | Foto: Klaus Dahlgrün
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  • Klaus Dahlgrün, Vorsitzender des TSV "Friesen" Hänigsen.
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Klaus Dahlgrün ist der Vorsitzende des TSV Friesen Hänigsen. Im E-Mail-Interview gewährt er einen Einblick in die Vereinsgeschichte und verrät, welche der elf TSV-Sparten ihm besonders am Herzen liegt.

Was zeichnet Ihren Verein aus?

Das 100-jährige Vereinsjubiläum haben wir 2008 angemessen gefeiert. Jeder vierte Hänigser ist Mitglied bei den Friesen. Unser Vereinsmotto „Sport für Jedermann“ ist offensichtlich kein inhaltsloser Slogan. Um die fast 70 Mannschaften und Gruppen zielgerichtet zu betreuen, bedarf es einer Vielzahl von Trainern, Übungsleitern und Helfern, bei denen wir uns meist nur mit einem Händedruck bedanken können.

Und wo zwickt es?

Wir pflegen 75000 Quadratmeter Gemeindeflächen in Stadion, Baseballfeld und Tennisanlage. In den beiden Schulsporthallen sind wir neuerdings kostenpflichtige Nutzer. Die Ehrenamtlichen des TSV verbringen viel Zeit mit der Suche nach Sponsoren, Zuschüssen und sonstigen Einnahmequellen, um die Mitgliederbeiträge nicht anheben zu müssen.

Vor ziemlich genau 25 Jahren, am 21. November 1984, hat der TSV in Hänigsen den FC Bayern München im Achtelfinale des DFB-Pokals empfangen. Dabei liefen Spieler wie Klaus Augenthaler, Lothar Matthäus und Sören Lerby auf. Welche Erinnerungen gibt es im Verein an diese Begegnung?

Dieses Ereignis ist immer noch beliebtes Gesprächsthema am Stammtisch dienstags in der Friesenbrücke, unserem Vereinsheim. Nicht nur die Friesen, sondern das ganze Dorf hat damals mitgewirkt, um die geforderte Zahl von 16000 Zuschauern zu ermöglichen. Es wurden Tribünen gezimmert und das Dorf für die Gäste herausgeputzt. Und dann 0:0 bis zur 30. Minute. Bayern-Trainer Udo Lattek war nach zehn erfolglosen Eckstößen mit sorgenvollem Gesicht in der Sendung des Sportstudios bundesweit zu sehen. Die acht Bayern-Treffer danach waren den Hänigsern das Spektakel wert. Wir haben alle TV-Ausschnitte von damals auf einer DVD gesammelt. Für stille Stunden von Fußball-Chronisten empfehle ich den Beitrag auf youtube

Friesen Hänigsen ist ein Elf-Sparten-Verein. Gibt es eine Sparte, die Ihnen besonders am Herzen liegt?

Ich behaupte ehrlich: alle Sparten. Nach meiner Ernennung zum Vorsitzenden habe ich meine Intentionen zur Übernahme dieses Amtes mit einem Loblied auf die Jugendarbeit des Vereins begründet. Unsere eigenen Kinder konnten wir schon im Vorschulalter im Stadion und in der Sporthalle den Betreuern von Fußball, Handball und Turnen zu sinnvoller Freizeitgestaltung übergeben. Später hatten sie Mühe, Schule, Hausaufgaben und Mannschaftssport zu koordinieren. Datteln an der Spielekonsole oder Abhängen im Buswartehäuschen waren daher nie ein Thema. Mittlerweile bewundere ich ebenso die Aktivitäten im Ü-50-Bereich und beim Sportabzeichen.

Die Turnerinnen des TSV sind sehr erfolgreich. Sind sie so etwas wie das Aushängeschild des Vereins?

Die Turnsparte ist mit mehr als 600 Mitgliedern unsere größte Abteilung und der Schlüssel zum ursprünglichen Verständnis der Friesen vor 100 Jahren. Wir sind nicht etwa nach einem germanischen Volksstamm benannt, sondern die Namensgebung geht auf Karl Friedrich Friesen zurück. Friesen war engster Mitstreiter des berühmten Turnvaters Jahn, dem Initiator der deutschen Turnbewegung. Es erfüllt uns natürlich mit Stolz, wenn die Wettkampfgruppen der Turnerinnen mit guten Platzierungen in Landes- oder sogar Bundesausscheidungen heimkommen. Bei guten Trainingsbedingungen und Trainern ist Anerkennung durch Erfolg im Wettkampf ein wichtiger Bestandteil der Nachwuchsgewinnung und Motivation. Aber wir lassen dabei nicht aus dem Blick, dass wir im Sinne des Namenspatrons Friesen in der Turnsparte sehr aktive Gruppen wie Gymnastik für Männer und Frauen, Prellball, Faustball, Seniorensport, Aerobic, Nordic Walking und Gesundheitssport teilweise konstant seit 80 Jahren ohne besondere Erwähnung in Zeitungen betreiben.

Viele Vereine beklagen das fehlende Engagement des Nachwuchses. Welche Beobachtungen machen Sie bei Friesen Hänigsen?

Natürlich können auch wir in diese Wehklage einstimmen. Wichtiger wäre es, die Gründe zu beleuchten und wenn möglich zu reagieren. Finanzen, Vereins-, Steuer-, Versicherungs- und Gemeinderecht geben uns ein zu enges Korsett bezüglich Hierarchien und Strukturen. Ein Teil des Nachwuchses wäre zum Ehrenamt bereit, will sich aber nicht mehr in bestehende Hierarchien einpassen und von oben zugewiesene Aufgaben ausführen. Sie brauchen überschaubare Strukturen, eine Wohlfühlumgebung und möchten Chancen zur Mitgestaltung haben. Leider müssen wir zuweilen wegen der genannten Zwänge diese für uns wichtigen Individualisten ausbremsen.

Wo sehen Sie den Verein in zehn Jahren?

Auch ich habe Gestaltungswillen und sicher in meiner Position den meisten Spielraum dafür, wenn das Tagesgeschäft mich nicht immer wieder mit neuen Problemfällen daran hindern würde. Den anderen 54 Abteilungsvorständlern geht es ähnlich. Wir werden dennoch hoffentlich genügend auf den demographischen Wandel reagiert haben. Ein Stichwort lautet Gesundheitssport. Die Rolle als Dienstleister wird vermehrt eingeübt sein. Unsere „Kunden“ erkennen hoffentlich den unschlagbaren Niedrigpreis unserer Leistung im Breitensportangebot an. Die Pokalvitrinen der Wettkampfgruppen werden weiterhin gut gefüllt, denn ohne Erfolg keine Motivation. Die Friesen sind auch 2020 der mitgliederstärkste Verein im „Kasparland“.

Mal abgesehen vom TSV Friesen Hänigsen: Was macht Hänigsen lebenswert?

Die Handwerksmeister und Fachgeschäfte, die günstig und zuverlässig ihr Werk verrichten oder Waren verkaufen, auch weil man sich spätestens zum Schützenfest wieder in die Augen schaut. Es gibt eine medizinische und gastronomische Grundversorgung und ein leider zunehmend ausgedünntes Fachhandelsangebot. Wann immer es geht, lasse ich mein Geld gern im Ort. Und natürlich das Angebot und die Veranstaltungen der anderen 31 Vereine und Gruppen im Ort, von B wie Bergmannsverein bis Z wie Ziegenzuchtverein.

Und was sollte in Hänigsen besser werden?

Früher wurden in Hänigsen Erdöl und Salz gefördert. Heute fördern wir das Freibad, die Grundschule, den Miniclub und die Kirchengemeinde. Das darf nicht zur Selbstverständlichkeit werden. Es fehlen engagierte Mandatsträger für politische Gruppierungen, die den Ortsinteressen gegenüber einer sich gesetzmäßig zunehmend verselbstständigenden Verwaltung mehr Gehör verschaffen.

Seit einem Jahr schreiben Bürgerreporter aus Hänigsen und Uetze im Mitmachportal myheimat.de. Was halten Sie davon?

Das viel diskutierte „my“ hat mich anfangs gestört, mittlerweile ist die Internetseite eine gute Informationsquelle für mich. Die neuen Medien verführen zum Absondern von Wortmüll. In diesem Portal stehen die Schreiber unter Beobachtung ihrer Nachbarn, weil es regional ausgerichtet ist. Zielgerichtete Information und Meinungsvielfalt durch Bürgerreporter können die Beiträge der Profis gut ergänzen, was ich als eine Bereicherung empfinde.

myheimat-Team:

Annika Kamissek aus Bad Münder am Deister

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