769. Newsletter Südharzstrecke - Abflug in den Harz … mit dem ÖPNV - Fahrpläne gut, Darstellung schlecht

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 1. Harz: Wandertipp - Abflug in den Harz … mit dem ÖPNV

(Stand: 06.08.2020)

In Corona-Zeiten bietet sich eine kleine Tour im Harz schon deswegen an, weil man weder an der Bier- noch an der Schinkenstraße vorbeikommt. Das Restrisiko ist auch bei der Nutzung von Bahn und Bus nahe Null, weil sich hierzulande so gut wie niemand nicht an die Regel hält, die da lautet: Einstieg nur mit Mund-Nase-Schutz.

Also ging es am 30.07.2020 kurz entschlossen mal wieder los. In meinem Alter muss man sich aber schon überlegen, was man sich so zumuten will und kann. Vor zwei Wochen an der Hanskühnenburg waren es rund 20 Kilometer – eindeutig zu viel. Also dieses Mal nur 10 bis 12. Aber wohin?

Wie wäre es mal mit der Nordwestecke des Harzes? So rund um Bad Grund, vielleicht mit Innerste oder Buntenbock? Geht denn das überhaupt ohne Auto?

Es geht. Natürlich geht es. Für Walkenrieder ist allerdings etwas Bahnfahren angesagt. Osteroder können die Tour nur mittels Bus gestalten, Gäste in Osterode, Bad Grund oder Buntenbock gar ohne Kosten – dank HATIX. Ihnen stehen die Buslinien 440 und 460 praktisch den ganzen Tag über zur Verfügung, auch am Wochenende.

Von Walkenried aus geht das so: Mit dem Zug um 8.03 bis Herzberg, dort um 8.34 weiter in Richtung Braunschweig, aber nur bis Gittelde-Bad Grund, wo man um 8.54 eintrifft. Die geschlossene Schranke auf dem Weg vom Bahnsteig zur Bushaltestelle der Linie 460, welche sich vor dem Bahnhofsgebäude befindet, muss in diesem Fall nicht stören, da sie sich nach der Begegnung beider Züge um 9.00 wieder öffnet und der Bus erst um 9.08 fährt. Den nimmt man dann bis zum „Taternplatz“. Diese einsam auf der Höhe liegende, erst vor einigen Jahren wieder eingerichtete Haltestelle hat den angenehmen Vorzug, dass sie eben oben auf dem Kamm liegt, man den lästigen Anstieg aus Bad Grund herauf vermeidet und sogleich am „Harzer BaudenSteig“ steht, der da oben längs kommt. „Taternplatz“ – das ist natürlich eigentlich heute nicht mehr politisch korrekt. Aber wer weiß schon, was mit „Tatern“ gemeint ist? Diese Überlegung hintanstellend, geht es ganz gemütlich auf dem BaudenSteig los, der hier zugleich auch „Försterstieg“ ist. Das nächste Etappenziel wäre übrigens Lerbach, aber das kann man anders lösen. Obwohl Lerbach sehr schön liegt! Alsbald eröffnen sich wunderbare Blicke in das westliche und südliche Harzvorland.

Nehmen wir zum Beispiel diesen. Nach etwa 2 Kilometern erreicht man den „Gewitterplatz“, aber statt eines solchen öffnet sich der Blick gen Osterode – ganz deutlich hier die Gipsklippen, sehr deutlich leider auch die aktiven Steinbrüche – und weiter in Richtung Altes Amt und in Richtung Eichsfeld. Da muss man eine Weile verharren. Schon toll, unser Harz. Auch jenseits vom Brocken!

Weiter geht es zur „Kaysereiche“, die aber gar nicht mehr steht, und von dort über die Wasserscheide hinweg in den Bereich der Innerste. An der „Lasfelder Tränke“ biegt man ab und erreicht alsbald ein echtes Juwel. Jedenfalls würde ich es so bezeichnen, weil sich der Blick, wenn man aus dem Wald, der hier noch leidlich intakt ist, heraustritt und auf eine herrliche, vom Wald quasi eingekreiste ruhige Wasserfläche blickt. Da könnte man eigentlich schreien vor Begeisterung. Wir sind am „Oberen Hahnebalzer Teich“ angelangt, einem der vielen kleinen und größeren Teiche im Innerstebereich, die dieser Wasser zuführen, welches einst im Medingschacht zu Energie wurde und ansonsten dem Bad Grunder Bergwerk („Hilfe Gottes“ mit Achenbachschacht, Wiemannsbuchter Schacht und Knesebeck-Schacht) zwecks Antrieb von allerlei Geräten und „Künsten“ diente. Alles Weltkulturerbe, aber hier doch wenig besucht, obschon es von Stempelstellen nur so wimmelt. Der Hahnebalzer Teich ist im 18. Jahrhundert angelegt worden, über seinen Damm hinweg führt der „Försterstieg“ weiter, und irgendwann muss man sich ja losreißen. Nach kurzem Anstieg erreicht man einen geradezu riesigen Kahlschlag, aber an derartige Anblicke müssen wir uns wohl gewöhnen. Dafür gibt es hier abertausende von Fingerhüten und Weidenröschen, dazu Ausblicke zum Acker mit der Hanskühnenburg, zum Brocken und zum Bocksberg. Wenn die Sonne brennt, ist hier allerdings eine Mütze nicht schlecht. Ein sehr höflicher polnischer Holzverlader, der gerade zwei Lkw mit den Resten des einst hier stehenden Waldes belädt, hält mit dem Verladen inne, bis man vorbei ist (!). Das „dzienkuje bardzo“ oder so ähnlich würde er in seiner Kabine eh nicht hören, also Hand gehoben und weiter. Plötzlich Autos und ein Motorrad mitten im Wald. Nanu? Ja, zum größten der Teiche im Innerstegebiet, dem Prinzenteich, darf man anscheinend fahren. Hier darf man ja auch Baden.

Der „Prinzenteich“ entstand Ende des 17. Jahrhunderts und ist der mit Abstand größte Teich dieser Ecke, eigentlich schon so etwas wie eine kleine Talsperre. Clausthaler Studenten feiern hier gern Feten und hinterlassen jede Menge Müll, aber die sind derzeit nicht da, und es ist recht ruhig. Nur ein paar Badegäste tummeln sich. Gastronomie gibt es nicht, das dämpft den Zuspruch schon etwas. Der Teich hat einen beachtlich hohen Damm und verfügt über zwei Ausläufe. Sein oberes Ende reicht schon fast an die Bundestraße Osterode – Clausthal-Zellerfeld heran, deren Geräusche schwach herüberwehen. Nach Überqueren des Damms gäbe es diverse Möglichkeiten: Hinunter zur „Oberen Innerste“, hinüber zu den Flambacher Teichen und der Flambacher Mühle oder relativ direkt, wenn auch auf reichlich langweiliger Forstpiste hinüber nach Buntenbock. Mein Onkel nennt diese Art breiter Forstwege neuerdings „Reimann-Straßen“. Aber das Holz muss ja weg. Also los. Ein Auto der Harzwasserwege kommt entgegen, es staubt entsetzlich. Aber wir haben ja den Mund-Nase-Schutz dabei! Nach einer Viertelstunde kommt man an die Bundesstraße, muss sich aber nicht erschrecken, denn man steht direkt an der Abzweigung nach Buntenbock hinein. Nach Überquerung der Straße erreicht man rasch eine Bushaltestelle der Linie 440. Diese verkehrt an Werktagen praktisch stündlich nach Clausthal und stündlich nach Osterode, man muss mithin nie lange warten. Ich musste gar nicht warten, denn kaum stand ich an der Haltestelle, bog ein Bus mit dem Zielschild „Osterode“ ein. Die Linie verkehrt allerdings nur bis zum Dielenplan und fährt den Bahnhof Mitte in Osterode nicht an. Macht aber nicht wirklich etwas: Nach 20 Minuten Fahrt auch durch das langgezogene Lerbach kommt man in der alten Kreisstadt an und kann zum Beispiel am Kornmagazin aussteigen, über den Kornmarkt schlendern, bei Eggers noch eine Bratwurst verdrücken und dann den Haltepunkt Mitte an der „Kaffeemühle“ aufsuchen, von wo es jede Stunde über Herzberg zurück in die Heimat geht.

An- und Abfahrt
Mit Bus Linie 460 ab Osterode über Gittelde Bahnhof und Bad Grund bis zum Taternplatz. Am Bahnhof Bad Grund Anschluss sowohl aus Richtung Braunschweig als auch aus Richtung Herzberg mit RB46. Rückfahrt ab Buntenbock Im Oberfeld mit der Linie 440 bis Osterode Dielenplan – von dort ca. 7 Minuten Fußweg bis zum Haltepunkt Osterode Mitte. Montag bis Freitag verkehren die Busse mindestens zweistündlich, zeitweise auch jede Stunde. Auskunft: www.vsninfo.de oder im Harz-Kursbuch unter A.2, C23 und C.24.

Michael Reinboth

2. Harz: Fahrpläne gut, Darstellung schlecht – ein altes Lied im Westharz - update des Harzkursbuchs

(Stand: 06.08.2020)
„Es ist wie so oft im Westharz: Es werden gute Fahrpläne gemacht, aber man verkauft sie schlecht, weil man größere Geldausgaben für die Darstellung und Vermarktung scheut und sich ausschließlich auf die digitalen Medien verlässt. So kommt es, dass die Fahrgäste gerade bei umfangreichen Änderungen nicht klarkommen und der Ruf des ÖPNV unverdientermaßen leidet.“ Michael Reinboth, Fahrplanexperte des BUND und wie viele seiner Mitstreiter an einer besseren Nutzung von Bahn und Bus im Harz in hohem Maße interessiert, verfolgt die aktuelle Debatte um die neuen HarzBus-Fahrpläne mit großem Interesse. Seit Jahren hat er sich der Verbesserung der Darstellung gerade des Busverkehrs im Harz verschrieben und erlebt immer wieder, wie gute Ansätze an unflexiblen technischen Systemen und fehlendem Verständnis für die Bedürfnisse der Kunden zwar nicht scheitern, aber doch leiden.

Sowohl der Regionalverband Braunschweig als auch der Zweckverband ZVSN in Göttingen haben schon vor Jahren die Herausgabe von Fahrplanbüchern oder Fahrplanheften eingestellt – zu geringe Nachfrage, hieß und heißt es unisono. Stattdessen sollten es Faltblätter für jede einzelne Linie und, natürlich, die elektronische Auskunft richten, da heute jeder über ein Smartphone oder ähnliches verfügt und sich die nächste Verbindung so schnell „ziehen“ kann.

Der Haken bei der Sache: In einem Faltblatt lässt sich eben aufgrund der heutigen unflexiblen Systeme nur genau eine Linie darstellen. Gibt es zwischen A und B mehrere Linien, braucht man auch mehrere Faltblätter. Durchgehende Fahrten über mehrere Linien hinweg lassen sich, wenn überhaupt, nur mit Tricks darstellen. Der geneigte Kunde, der Urlaubsgast zumal, ist hoffnungslos überfordert, wenn er sich die Faltblätter bei den Informationsstellen oder gar beim Zustieg im Bus zusammensuchen muss.

„Auf diese Weise gerät eben unter die Räder, dass alle Fahrten der Linie 830 natürlich den Kronenplatz bzw. die benachbarte Haltestelle Adolph-Roemer-Straße bedienen. Letztgenannte Haltestelle kennt die Linie 830 schlicht nicht, weil sie nur von der 840 angefahren wird. Umgekehrt steuern alle von Altenau kommenden Fahrten vor dem ZOB auch den Kronenplatz an, aber eben als Fahrt der Linie 840. Fasst man die 830 und 840 in einer Tabelle zusammen, wird deutlich, dass praktisch jede zweite Fahrt durchgeht und keine einzige am Clausthaler ZOB endet. In der Not hat HarzBus den Hinweis „ohne Umstieg nach Altenau“ angebracht, der aber nicht hilft, weil die Haltestellen ja nicht aufgeführt sind. Ähnliches spielt sich in Langelsheim ab, wo die Fahrten von der 850 auf die 832 übergehen, dies aber aus den Faltblättern nicht hervorgeht. Auch hier würde eine zusammenfassende Darstellung der beiden Linien helfen – aber das kostet Geld und macht Arbeit.“ Und, so fügt er hinzu, man muss höllisch aufpassen, gerade bei verwickelten Linienführungen wie in Clausthal-Zellerfeld. „Mir sind da auch schon Fehler unterlaufen, weil es eben sehr schwer zu überblicken ist und man immer mehrere Blätter nebeneinanderlegen muss.“

In den elektronischen Systemen ist auch nicht alles Gold, was glänzt. Einige packen es und teilen dem Auskunftssuchenden zumindest mit, dass er im Bus sitzenbleiben kann, auch wenn dieser unter einer anderen Nummer weiterfährt. Andere, die HAFAS-basierten, eben nicht. Und da zwischen Ankunft und Abfahrt stets nur eine oder gar keine Minute liegt, weil der Bus ja weiterfährt, schalten diese Systeme auf stur, deklarieren die Umsteigezeit als nicht ausreichend und ignorieren die gesamte Verbindung oder drücken dem Fahrgast völlig unmögliche Wartezeiten auf.

„Auf der Schiene geben die Gleise vor, wie gefahren wird. Die meisten Systeme sind hierfür und für Großstädte konzipiert, wo streng liniengebunden gefahren wird und an bestimmten Haltestellen immer im Takt umgestiegen werden kann. Für den Busverkehr im ländlichen Raum sind sie nicht geeignet. Da muss man selber ran.“

Reinboth nennt, um den HarzBus („die Fahrpläne sind gut“) aus der Schusslinie zu nehmen, zwei andere Beispiele.

1. Die KVG hat alle Fahrten von Bad Harzburg in den Harz und rund um Braunlage unter der Nummer 820 zusammengefasst. Das ist gut für die Darstellung durchgehender Fahrten, da der Computer ja nur diese eine Liniennummer kennt, aber weniger gut für die Darstellung, die enorm aufgebläht wird, und auch für den Kunden, der eine „820“ herannahen sieht, vergnügt einsteigt, um zum Torfhaus zu gelangen, und am Sonnenberg merkt, dass diese „820“ nach St. Andreasberg fährt… „Bei HATIX muss er sein Ziel ja nicht nennen. Aber die KVG-Fahrer können offenbar Gedanken lesen, fragen nach und verweisen den Gast auf den in wenigen Minuten folgenden richtigen Kurs.“

2. Wieder anders sieht es zwischen Bad Sachsa und Braunlage aus. Da gibt es zwei Linien, die 470 und die 472, eine über Zorge, die andere über Wieda. In den Ferien und am Wochenende überlagern sich die Fahrten dieser beiden Linien zu einem dichten Gesamtangebot – nur merkt es keiner, weil er hierfür zwei Faltblätter nebeneinander legen müsste, um zu erkennen, dass er in Stunde A über Wieda nach Braunlage kommt und in Stunde B über Zorge. Auch hier würde eine Gesamtdarstellung beider Linien helfen, die aber eben auch Geld kostet und überdies dem Computer nicht so ohne weiteres entlockt werden kann. Elektronisch klappt es hier allerdings, weil man gottseidank nicht noch einmal umsteigen muss.

Noch ein Beispiel:
An den Haltestellen wird stets nur der Plan der Linie ausgehängt, die dort fährt – und da fehlen dann Angaben über weitergeführte Fahrten und umsteigefrei erreichbare Ziele. Gerade an den Busbahnhöfen von Goslar oder Clausthal-Zellerfeld sowie an von Urlaubern gern genutzten Haltestellen wäre dies aber dringend geboten.

„In einer Tourismusregion muss man mehr tun, um den Kunden in die Busse zu locken. Das 08/15-Programm reicht leider nicht aus. Selbst Einheimische haben ja Probleme – wie soll sich da ein der Harzer Geographie nicht mächtiger Gast zurechtfinden?“ fragt Reinboth.

Solange die Aufgabenträger hier keinen zusätzlichen Aufwand betreiben, wird es so bleiben:
Fahrpläne gut, Darstellung schlecht – und vom Start der neuen Pläne an Hypotheken, die nur mit Mühe abgetragen werden können. Diese Erfahrung müssen aktuell der Regionalverband und HarzBus wieder machen. Reinboth bleibt dabei: „Die Fahrpläne sind, wenn man von einigen ärgerlichen, aber abstellbaren Fehlern absieht, gut gelungen. Sie sind besser als alles, was wir vorher hatten. Nur kommt das eben nicht richtig rüber.“
Er hat im Rahmen der Initiative „Höchste Eisenbahn für den Südharz“ nicht nur das große Harz-Kursbuch, sondern auch diverse kleine Fahrplanhefte für Kommunen herausgegeben bzw. entwickelt. „Die sind mit Excel erstellt – das macht viel Arbeit, aber man kann eben auf Besonderheiten viel besser eingehen als mit den Standardprogrammen.“
So werden auch regelmäßig updates des Harz-Kursbuchs herausgegeben, die kostenlos unter www.suedharzstrecke.de heruntergeladen werden können. Das neueste update wurde am 25.07.2020 veröffentlicht.
Seine Hilfe, so der Walkenrieder, könne man gern in Anspruch nehmen – ehrenamtlich, wie es sich gehört.

Michael Reinboth

Viele Grüße

Burkhard Breme

Initiative "Höchste Eisenbahn für den Südharz"
37431 Bad Lauterberg

E-Mail: burkhard.breme@suedharzstrecke.de
Internet: http://www.suedharzstrecke.de

Bürgerreporter:in:

Bernd Jackisch aus Bad Lauterberg im Harz

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