"Übung in denen Waffen und anständiges Vergnügen" – Handbuch des historischen Schützenwesens in Waldeck

Gebunden, 448 Seiten stark, mit 152 größtenteils farbigen Abbildungen, war das Buch "Die Schützengilde Landau in fünf Jahrhunderten" vor Verkaufsstart in  genau 509 Exemplaren zu haben.
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  • Gebunden, 448 Seiten stark, mit 152 größtenteils farbigen Abbildungen, war das Buch "Die Schützengilde Landau in fünf Jahrhunderten" vor Verkaufsstart in genau 509 Exemplaren zu haben.
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Nur mit dem Jubiläum 500 Jahre Schützengilde ist das jetzt so eine Sache. Die wissenschaftliche Recherche ergab, dass das Gründungsjahr 1517 nicht zu belegen ist – was den Vorbereitungen zum großen Fest vor und über Pfingsten keinen Abbruch tut: „Landau ist kein Einzelfall“, sagte Karl Murk. „Schützenjubiläen stehen oft auf wackeligen Füßen und stützen sich vielerorts auf nicht sicher belegbare Gründungsdaten“ (s. unten).

Historiker & Schützenbrüder

Der gebürtige Landauer, Schützenbruder und Archivoberrat im Staatsarchiv Marburg hatte ein zwölfköpfiges Autorenteam aus professionellen Historikern und geschichtsinteressierten Landauer Schützenbrüdern zusammengeführt. Sie werteten Unterlagen in Landau und im Staatsarchiv möglichst lückenlos aus, führten Interviews, starteten eine Umfrage.

Er habe den Bogen über die Geschichte der Gilde hinaus spannen wollen, sagte Murk: Wie wehrhaft waren die Waldecker Schützenbrüder eigentlich? Wie verbanden sie „Uebung in denen Waffen und anständiges Vergnügen“? Was taten sie, wenn sie nicht feierten? Worüber gaben die Landauer Schützenbrüder ihr Geld aus? Und worüber stritten sie am häufigsten? Aber auch: Was macht die Schützenfeste der Bergstadt heute aus?

Drei Blöcke

Der erste Teil erklärt Wesensmerkmale und Entwicklungstrends vor allem der Waldecker Schützengeschichte. Der zweite befasst sich mit dem Entstehungsumfeld der Landauer Gilde als einer der ältesten und traditionsreichsten in Waldeck. Der dritte Teil ist den Innenansichten gewidmet, die bis in die heutige Zeit reichen.

„Dass sich die Schützengeschichte vergleichsweise gut rekonstruieren lässt, ist vor allem Heinrich Viering zu verdanken“, so Karl Murk. Mit seinem Wissen, seinem langjährigen Engagement für die Gilde und dem von ihm bewahrten Schützenarchiv habe er wesentlich zur Entstehung des Buches beigetragen.

Auf den Schutzherrn ist Verlass

Sein Dank galt auch Fürst Wittekind zu Waldeck und Pyrmont: „Auf ihre Schirmherren konnten sich die Waldecker Schützen immer verlassen.“ Sie genehmigten Feste, feierten mit, stifteten Grundstücke, ermäßigten Strafen. "Die Spaßbremsen", so Murk, "saßen zu allen Zeiten in den Amtsstuben."

Große Geschichte haben die Schützen zwar nicht geschrieben, wie Murk betonte. Doch ihr Verdienst gerade in Landau um Gemeinschaft, Zusammenhalt, Traditionspflege und Identität über die Generationen hinweg sei enorm, so der Tenor der Grußworte.

Von Regierungspräsident bis Bürgermeister

Die große Wertschätzung, die die Gilde genießt, zeigte auch der Blick ins Publikum mit dem Fürsten-Paar, Regierungspräsident Walter Lübcke, Thomas Viesehon (MdB), Armin Schwarz (MdL), Bürgermeister Jürgen van der Horst, Ortsvorsteher Tino Hentrich und Vertretern der historischen Schützengemeinschaft Waldeck.
Für den musikalischen Rahmen sorgte der Posaunenchor.

Zu den Ursprüngen der Gilde

Der Landauer Pfarrer Ulrich hatte 1929 die Gründung einer Fabians- und Sebastiansbruderschaft (Schutzheiliger der Schützen) am 19. April 1517 als Geburtsstunde der Schützengilde identifiziert. Doch der Marburger Historiker Ulrich Hussong kommt in seinem Aufsatz zu dem Schluss, dass es sich dabei um eine kirchliche Bruderschaft gehandelt hat - ohne belegbare Verbindung zur Gilde. Der erste und älteste Nachweis bleibt darum die Schützenordnung von 1593 – ein Statut, mit dem Graf Franz III. vermutlich eine schon bestehende Vereinigung versah. Wann diese gegründet worden ist, liegt im Dunkeln.

Der Inhalt

Ein einziger größere „Kampfeinsatz“ der Landauer Schützen im allgemeinen Landesaufgebot ist nachweisbar: am 14. Mai 1703 zur Verteidigung der nördlichen Landesgrenze bei Hörle.
Karl Murk berichtete von Untertanen und Bürgern, die in Korbach nicht aus dem Bett kamen, in Helsen und andernorts schon beim Ausmarsch „mehrentheils truncken“ waren, unterwegs und in Hörle selbst lieber einkehrten oder ein Lager aufschlugen und Spielleute orderten. Auch von Verteidigern, die mit Forken und Mistgabeln ausrückten war die Rede – schließlich aber auch von Verletzten und Toten.
Was hier als Desaster endete, verweist doch auf die Säulen des Schützenwesens: Dienst am Gemeinwohl, Wehrhaftigkeit, Zusammenhalt und Geselligkeit als wesentliche Aspekte spiegeln sich in den drei Blöcken des Buches mit 15 Kapiteln wider.

Rahmenbedingungen
Waldeck ist der Schwerpunkt, wenn es um die Rolle der Gilden in frühneuzeitlicher „Landesdefension“ (Holger Gräf) , um Schützenwesen und Landesverteidigung, um Normen und Strukturen, um die Schützengesellschaften als Festgemeinschaften und ihre Rolle in Städten und Gemeinden geht (Karl Murk).
Entstehungsumfeld Landau
Dieser Block beantwortet folgende Fragen: Wurzelt die Schützengilde tatsächlich im spätmittelalterlichen Bruderschaftswesen (Ulrich Hussong)? Und wie sah das Umfeld mit Stadt und Grafenhof im späten 16. Jahrhundert aus (Ulrich Stöhr)?
Innenansichten der Gilde
Zum dritten Block und damit zum Kernthema gehören: der Aufsatz „Stadt Landauer Schützen Bruderschaft“ (Ursprung, Organisation, Entwicklung, Karl Murk), Schützengeschichte des 17./18. Jahrhunderts anhand von Rechnungen und Protokollen (Katharina Schaal), ein Blick auf ausgewählte Schützenschilde vom Landauer Kleinod (Konrad Schneider), außerdem Kapitel über das Festspiel „Siebringhäuser Zopfritt“ (Landau im 30-jährigen Krieg, Gerhard Menkel/Karl Murk), das Schützenfest als Gemeinschafts- und Identitätsstifter (Matthias Boos/Gerhard Menkel) sowie die Gilde und ihre Unterabteilungen nach 1945 (Ralph Busch mit Gerd Trotte/Heinrich Viering). Mit der nachgestellten Schlacht um Landau in Bildern endet das Handbuch.

„Die Schützengilde Landau in fünf Jahrhunderten“,
hrsg. von Karl Murk, Landau 2017, 448 Seiten mit 152 größtenteils farbigen Abbildungen, gebunden, 19,80 Euro, ISBN 978-3-00-056120-7

myheimat-Team:

Christiane Deuse aus Bad Arolsen

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