Eltzer Mühle - mehr als ein Postkartenidyll

Baden an der Eltzer Mühle 1944: Emma Renn (von li.), Georg Möhle, Gertrud Brunschön mit Dieter Wagner, Ernst und Georg Stolze, Hans und Horst Brunschön, Wilhelm Möhle. Vorne stehen Ernst Dieter Brunschön und Walter Uzarewicz.
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  • Baden an der Eltzer Mühle 1944: Emma Renn (von li.), Georg Möhle, Gertrud Brunschön mit Dieter Wagner, Ernst und Georg Stolze, Hans und Horst Brunschön, Wilhelm Möhle. Vorne stehen Ernst Dieter Brunschön und Walter Uzarewicz.
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Oft führt uns ein Spaziergang durch den Frühlingswald und bei strahlendem Sommer- und Fotowetter ist die Wassermühle immer ein lohnendes Motiv.
Aber auch im Herbst, wenn die Blätter bunt werden und herabfallen, haben die Bilder ihren Reiz.

Schon seit mehr als 100 Jahren ist die 1420 erstmals urkundlich erwähnte Wassermühle an der Fuhse ein beliebtes Motiv auf den Eltzer Postkarten. Postkarten, die dem Zeitgeist entsprechend, immer wieder ihr Layout verändern. Und immer, wenn ich ins Heimatmuseum gehe, um nach verborgenen Schätzen Ausschau zu halten, blättere ich auch das Album mit diesen Ansichtskarten durch.

Ich wollte nun mehr über die Mühle und ihre Geschichte erfahren. Also habe ich genau zugehört, als mir Wilhelm Möhle vom Heimatverein von seinen Kindheitserinnerungen und den Mühlengeschichten erzählt hat. „Wir sind als Kinder immer in der Fuhse geschwommen. Meist gleich hinter dem Mühlenrad, denn dort ist das Wasser flach. So konnten auch die ins Wasser, die noch nicht schwimmen konnten.“ Und so wie auf dem zweiten Bild zu sehen, verliefen die Sommertage des jungen Wilhelm und seiner Freunde. Doch die Zeit war nicht immer so friedlich in den Jahren des Zweiten Weltkrieges: „Das Baden nahe des Wasserrades war sicher, denn wenn die Tiefflieger über Eltze flogen, konnten wir Kinder schnell Schutz in der Mühle finden“, erinnert sich Möhle weiter.

Viel Historisches habe ich über die Wassermühle aus den Aufzeichnungen von Karl Siedentopp, dem früheren Vorsitzenden des Heimatvereins erfahren, sowie aus dem Unterlagen, die der ehemalige Hauptlehrer Georg Köstermann über das Eltzer Wahrzeichen zusammengetragen hat. All diese Unterlagen sind in das Eigentum des Heimatvereins übergegangen; danke, dass ich darin lesen und viel Interessantes erfahren konnte.

Prägend für den Aufschwung der Mühle war unumstritten die Familie Scharlemann, die von 1705 bis 1922 Eigentümer war und mit viel handwerklichem und kaufmännischem Geschick Geschäfte mit der Mühlenbetrieb weit über die Grenzen von Eltze hinaus gemacht hat. Alte Quittungen belegen, dass die Scharlemanns - durch den Erfolg zu finanziellem Wohlstand gekommen - auch zu Geldverleihern wurden. Quittungen belegen, dass Leute aus Eltze und sogar aus dem Landkreis Peine Geld ausgeliehen haben.

Die Müllerfamilie vergrößerte den Betrieb immer mehr und zeitweise waren vier Gesellen angestellt. Die Mühle besaß um 1860 herum drei Mahlgänge für Roggen, Weizen und Graupen sowie einen Gang für Öl.

Als Karl Scharlemann am 26.03.1922 starb, erbte seine älteste Tochter die Mühle und ihr Mann Otto Bente sen. übernahm den Mühlenbetrieb. Später hat dann sein Sohn Otto das Mühlenrad am Laufen erhalten, bis der Betrieb dann Mitte der 1950er Jahre eingestellt wurde. Zwischenzeitlich ging die Mühle in den Besitz der Schwester von Otto jun. über und ist bis heute noch im Privatbesitz.

Ständig nagte der Zahn der Zeit an dem einst strohgedeckten Gebäude, sondern auch an dem 1917 ausgewechselten Wasserrad; seit Ende der 1950er Jahre drehte es sich auch nicht mehr. Das verfallene Rad musste ausgetauscht werden. Viele Gespräche zwischen Eigentümer, Land Niedersachsen und Landkreis Hannover waren nötig, um alle Fragen hinsichtlich Denkmalpflege zu klären. Nachdem die Finanzierung stand, an der sich auch die Sparkassenstiftung beteiligt hat, dauerte es noch sieben Jahre, dass sich endlich 1991 wieder ein unterschlächtiges Wasserrad drehen konnte.
Es war eine handwerkliche Meisterleistung, die der Mühlenrestaurator Wilhelm Reinhardt aus Burghausen-Vilsen vollbracht hat. Das Rad wurde in Einzelteilen in seiner Werkstatt gezimmert und dann vor Ort zusammengesetzt. Über fünf Meter misst der Durchmesser; mehr als eine Tonne wiegt die Eichenwelle.

Und dieses Wasserrad ist auch heute noch immer einen Besuch wert, auch wenn man es nur vom gegenüberliegenden Ufer der Fuhse betrachten kann. Aber mit dem Wasser und der Wiese im Vordergrund ist die Eltzer Mühle mit dem Eichenrad immer einen Blickfang wert und wird noch lange das Wahrzeichen unseres Dorfes bleiben.

Bleibt zu hoffen, dass die letzten Zeilen aus der „2000 Jahre alten Eltzer Dorfgeschichte“, die der Hauptlehrer Georg Köstermann und der Realschullehrer Dieter Wittenberg 1971 niedergeschrieben haben, nicht endgültig Wahrheit werden; ich zitiere:

„ … Ein letzter schwacher Hauch vergessener Wassermühlen-Romantik weht noch im Mai durch die lichtdurchfluteten Baumkronen, wenn die Nachtigall aus dem Hagen schlägt und der Grünspecht lacht. Nicht lange mehr, dann wird auch dieses Fluidum dahin sein, denn unsere Zeit hat von den uralten Wassermühlen längst Abschied genommen.“

Ich wünsche mir, dass das Lied von der „klappernden Mühle am rauschenden Bach“ bald wieder Wirklichkeit wird …

Bürgerreporter:in:

Uta Kubik-Ritter aus Uetze

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