Die Panoramafreiheit – Eine Falle für Fotografen im Internet? Teil 2

Rechtlich bewegen wir Fotografen uns im Internet oft auf dünnem Eis.
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  • hochgeladen von Jens Schade

Im Internet gibt es keine Panoramafreiheit. Die deutsche Rechtslage führt vielmehr Fotografen aufs Glatteis. Wer sich auf die entsprechende Bestimmung im Urhebergesetz verlässt, ist im Internet verlassen! Eine provokante These. Trifft sie zu? In Teil 2 meines Beitrages zur Panoramafreiheit will ich meine Überlegungen vertiefen und zum Abschluss bringen.

Ausgangspunkt ist - soweit waren wir in Teil 1 gekommen - die Frage, ob ein Myheimatler rechtliche Probleme bekommen kann, wenn er ein Foto, welches er nach bundesdeutschem Recht aufgrund der Panoramafreiheit“ unbedenklich fotografieren, veröffentlichen und nutzen kann, ins Internet stellt.

Um diese Frage zu beantworten, komme ich auf den im ersten Teil geschilderten „Hundertwasser-Haus-Fall“ des Bundesgerichtshofes (BGH) zurück, wandele ihn aber leicht ab.

Dazu ziehe ich einmal fiktiv von Hannover nach Wien. Hannover ist Österreich ja historisch verbunden, schließlich kämpften beide im Deutsch-Deutschen Krieg anno 1866 Seite an Seite gegen Preußen mit für beide Länder unschönen Konsequenzen. Bismarck schmiss Österreich aus Deutschland raus (und im weiteren Verlauf der Geschichte auch noch Lichtenstein und Luxemburg, soviel zum „Vater“ der deutschen Einheit), das Königreich Hannover wurde von Preußen annektiert und verschwand ganz von der Landkarte. Aber ich schweife wieder ab, dies soll ja kein Beitrag zur deutschen Geschichte werden.

Ein erdachter Fall mit realen Problemen

So, ich habe nun meine fiktive Wohnung in Wien bezogen, auch ein Internetanschluss steht bereit und ich gehe los, um Fotos von meiner neuen Heimatstadt zu machen. Bei Wien ist es keine Frage. Ich treffe dort im öffentlichen Straßenraum auf zeitgenössische Architektur, die unstreitig als Kunstwerk einzustufen und deren Urheberrechtsschutz noch nicht abgelaufen ist. So ein wunderschönes Haus möchte ich dann natürlich auch fotografieren. Da ich keine Laufboden-Fachkamera und auch kein Shift-Objektiv habe, die Software-Angebote zur Bereinigung stürzender Linien ebenfalls nicht so toll finde, frage ich einen freundlichen Wiener, ob ich nicht einmal ein Foto vom Haus aus dem Fenster seiner Wohnung im Haus gegenüber machen darf. Das führt zu einer angenehmeren Perspektive. Ich darf, der gute Mann öffnete mir sogar noch das Fenster um einen besseren Blick zu bekommen. Nach österreichischer Panoramafreiheit - nachzulesen in § 54 Abs. 1 Nr. 5 UrhG-Österreich - darf ich das künstlerisch gestaltete Gebäude, auf das mein Blick nun fällt, durchaus mittels einer Kamera in voller Schönheit „vervielfältigen“, d.h. fotografieren, ohne in die in Österreich geschützten Rechte des Urhebers einzugreifen. Ja, in Österreich darf ich auch sonst mit dem so entstandenen Foto machen, was ich will. Ich kann es veröffentlichen, ich kann es selbst oder jedenfalls die Nutzungsrechte daran - verkaufen. In diesem Beispielsfall biete ich zum einen über eine Bildagentur die Nutzungsrechte am Bild zur Verkauf an und veröffentliche es daneben auf dem (fiktiven? Ich weiß es nicht …) österreichischen Pendant zu myheimat. Und fühle mich damit absolut im Recht, denn ich halte mich im Rahmen des schon erwähnten § 54. Mit der Veröffentlichung im Internet sprenge ich jedoch die engen Grenzen einzelner Länder. Und so kann mein Bild durchaus auch in anderen Staaten angeschaut und im Fall der Bildagentur gekauft werden, beispielsweise in meiner alten Heimat Hannover. Die „Reichsdeutschen“ (so werden wir von älteren Österreichern immer noch genannt) kennen zwar ebenfalls die Panoramafreiheit, hier wird die entsprechende gesetzliche Regelung von den Richtern im allgemeinen aber dahingehend ausgelegt, dass ich ein Gebäude, an welchem der Urheber noch Schutzrechte hat, ohne Erlaubnis nur vom öffentlichen Straßenraum aus aufnehmen darf, nicht jedoch, wie in meinem erdachten Beispielsfall geschehen, von einem höheren Stockwerk im Haus gegenüber. Wenn jetzt der Urheber des abgebildeten Kunstwerkes in Wien nicht möchte, dass ich das Foto von seinem Kunstwerk in der BRD verkaufe und damit Geld verdiene oder es auch nur in der BRD veröffentliche, stellt sich die Frage, ob er mir den Verkauf über das Internet oder vielleicht gar schon das bloße Einstellen des Bildes auf irgendeine Seite des Internets (sei es die eigene Homepage, sei es irgendeine andere Plattform wie eben myheimat) verbieten kann und ob ich mich, handele ich gegen den Willen des Kunstwerke-Rechteinhabers, vielleicht sogar schadensersatzpflichtig machen.

Da es im Beispielsfall um eine Nutzung meines Bildes von dem berühmten Haus in der Bundesrepublik Deutschland geht, schauen wir mal auf das bundesdeutsche Recht. Das ist auch der Grund, weshalb ich Wien als Ausgangspunkt genommen habe und mit dem Bild nach Deutschland zurückgekehrt bin. So muss ich nicht von vornherein mit ausländischen Gesetzen hantieren und kann meine Gedanken erst einmal anhand einer etwas vertrauteren Rechtsordnung entwickeln.

Die fünf Hürden

Die erste Hürde, die ein Rechteinhaber überwinden muss, um gegen mich vorzugehen, ist, darzulegen, dass es sich bei dem von mir fotografierten aber von ihm entworfenen und/oder hergestellten Werk tatsächlich um ein schützenswertes Kunstwerk handelt. Hinsichtlich der Bundesrepublik Deutschland muss das Werk mithin unter § 2 UrhG fallen. In unserem Beispielsfall ist dies kein Problem. Hier wird die Kunstwerk-Eigenschaft des fotografierten Hauses vorausgesetzt, um den Fall nicht weiter zu verkomplizieren.

Die zweite Hürde für den Urheber: meine von ihm gerügte Handlung muss auch geeignet sein, in seine geschützten Rechte einzugreifen.

Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes, § 11 UrhG der Bundesrepublik Deutschland (soweit nicht anders erwähnt ist im Folgenden immer das Urheberrechtsgesetz der BRD gemeint). Der Urheber hat das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist, § 12 Abs. 1 UrhG.

Kleiner Exkurs über Bildagenturen

Als mögliche Nutzung meines eigenes Bilder (das die Abbildung eben jenes besonderen Wiener Gebäudes enthält) hatte ich den Bilderverkauf über das Internet erwähnt. Auch ein Hobbyfotograf kann seine Fotos etwa bei einer Bildagentur anbieten und versuchen, mit ihrer Hilfe Nutzungsrechte der Bilder zu verkaufen.

Es gibt eine ganze Reihe solcher Agenturen, die in Deutschland aktiv sind. Reich kann ein Fotograf mit dem Verkauf von Bildern über solche Agenturen kaum werden. Bei den meisten Betreibern, den sogenannten Microstock-Agenturen, fällt nur ein äußerst bescheidenes Honorar an und die Agentur zieht davon noch ihre Provision ab. Gleichwohl: wer eine Reihe von Fotos im Angebot hat, kann sich durchaus Chancen auf Einnahmen ausrechnen, vielleicht ist nach einem Jahr oder zwei sogar mit etwas Glück ein neues Objektiv drin. Investieren in Sachen Foto könnte sich schon im Hinblick auf das Finanzamt lohnen, wenn nämlich die Einnahmen aus dem Bilderverkauf die steuerlichen Freibeträge übersteigen und man etwas zum Absetzen braucht, soll an den kargen Lohn nicht auch noch der Fiskus beteiligt werden. Indes, derart hohe Einnahmen, dass eventuelle Schadensersatzforderungen wegen einer Urheberrechtsverletzung locker wegzustecken sind und aus der Portokasse gezahlt werden können, sind bei einer Bildervermarktung über diese Agenturen eher selten.

Es dürfte keinen Streit darüber geben, dass das Einstellen von Bildern auf den Seiten einer Bildagentur zum Verkauf eine durchaus gewerbliche Nutzung des Fotos und seiner Inhalte darstellt. Bei kommerzieller Nutzung stehen die Chancen besonders gut, dass der Inhaber eines möglicherweise verletzten Urheberrechts allergisch reagiert. Zumal: die wenigsten Käufer von Bildrechten drucken sich das erworbene Foto aus und hängen es ins heimatliche Wohnzimmer. In der Regel verwenden sie es selbst weiter gewerblich. Der einzelne Bildanbieter hat keinen Einfluss darauf, wer die Bildrechte kauft und wozu er sie nutzt. Nur einige wenige Bildagenturen bieten eine rudimentäre Steuerungsmöglichkeit, indem eine Verwertung auf redaktionelle Zwecke beschränkt werden kann.

Im Falle des Verkaufs von Bildrechten könnte es bei Urheberrechtsverletzungen durch das Bild möglicherweise dann zudem zusätzlichen Ärger mit dem Bildkäufer geben, weil der das Foto nicht so verwenden kann, wie er es gerne möchte. Ein kleiner Exkurs, ohne das Problem zu vertiefen: Der Bildautor erklärt der Bildagentur gegenüber beim Hochladen des Bildes u.a. auch, dass er alle Rechte an dem Bild besitzt. Meiner Meinung nach – wie es die zuständigen Gerichten sehen würden, weiß ich nicht (wenn ein myheimat-User da Erfahrungen hat, möge er diese bitte in einem Kommentar zum Beitrag nennen, ich wäre sehr dankbar dafür) - erklärt der Bildautor damit in erster Linie, dass er der Urheber des hochgeladenen und angebotenen Fotos ist bzw. er jedenfalls über die Nutzungsrechte an diesem Foto verfügt und diese weitergeben kann. In der Regel muss der Bildautor daneben erklären, dass das Bild frei von Rechten anderer ist. Soweit sich diese Erklärung nicht nur auf das Urheberrecht am Foto selbst, sondern auf darauf abgebildete Gegenstände bezieht (ggf. Auslegungssache), kann sie m.E. nur dahin verstanden werden, dass versichert wird, das Foto verstoße nicht gegen den rechtlichen Rahmen des eigenen Landes des Fotografen. Es kann nicht ernsthaft erwartet werden, dass jeder Bildautor alle einschlägigen Gesetze aller Länder der Erde kennt und sein Foto auf etwaige Verstöße hiergegen überprüft. Dies würde jeden Fotografen schlichtweg überfordern. Soweit mir bekannt, bietet jede Bildagentur die Möglichkeit, zu dem Foto entweder ein Modelrelease (bei Aufnahmen von Personen) oder ein Property-Release (bei Aufnahmen von Gegenständen) mit hochzuladen. Fehlt ein derartige Release (Neudeutsch für Zustimmungserklärung bzw. Modelvertrag), kann der Erwerber eines Bildes nach meiner Ansicht nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass auch möglicherweise erforderliche besondere Einverständniserklärungen zur Verwertung des Fotos vom Model, Urheber und ggf. auch Eigentümer einer Sache vorliegen. Der Bildkäufer kann deshalb wohl kaum auf eine uneingeschränkte Nutzungsmöglichkeit des Fotos vertrauen. Ende des Exkurses. Denn dies ist eigentlich nicht mein Thema heute.

Der „Upload“ von Bildern etwa bei einem Fotowettbewerb dürfte ebenfalls eine Nutzung des Bildes und damit seines Inhaltes durch den Fotografen darstellen. Heutzutage sind bei vielen Fotowettbewerben im Netz alle eingestellten Fotos zu sehen, spätestens wenn aber das eigene Werk mit viel Glück unter die Siegerbilder rutscht und der Ausrichter zumindest die Preisträger auf seinen Seiten bekanntgibt, ist das Bild und damit auch die Abbildung des fotografierten Kunstwerkes veröffentlicht. Das Recht zur Veröffentlichung des Kunstwerkes liegt jedoch beim Urheber (§ 12 UrhG). Da die meisten Veranstalter derartiger Ausschreibungen Gewerbetreibende sind (auch der Verlag einer Fotozeitschrift ist ein Unternehmen und bietet einen etwaigen Fotowettbewerb im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit an), darf man in der Mehrzahl der Fälle auch hier von einer letztendlich gewerblichen Nutzung ausgehen (wie gesagt, bei gewerbliche Nutzungen ist die Toleranzschwelle betroffener Urheber verständlicherweise meistens gering; warum sollte man auch tatenlos zusehen, wenn ein Dritter unbefugt mit dem eigenen Werk Geld verdient). Selbst das Ausstellen von Bildern auf Internet-Plattformen von Fotocommunities oder bei myheimat hat einen gewerblichen Bezug. In aller Regel finanzieren sich diese Plattformen zumindest teilweise durch Werbung und diese Werbung wird eben mit den Fotos verpackt. Außerdem fürchte ich, dass, wer es wirklich auf Abmahnungen und Schadenersatzforderungen abgesehen hat, sich nicht wirklich durch eine reine private Verwendung von seinem üblen Tun abbringen lassen wird. Denn wer ein Foto mit einem urheberrechtlich geschützten Werk auch nur auf seine private Homepage stellt, nutzt letztendlich ohne Erlaubnis dieses Werk für seine eigenen, wenn vielleicht auch nur ideellen Zwecke und verstößt damit gegen Schutzrechte des Urhebers. Auf eine gewerbliche Verwertung dürfte es im Ernstfall damit nicht groß ankommen. Die Diskussion, ob ich mit den Fotos Geld verdienen will oder sie nur zu ideellen Zwecken veröffentliche, spielt meines Erachtens deshalb nur bei der Frage, wie groß das Risiko ist, das ich mit einer möglicherweisen verbotenen Veröffentlichung eingehe, eine Rolle. Wie schon gesagt, es dürfte eine Reihe von Urhebern geben, die erst „wach werden“, wenn es ums Geld verdienen geht und andere Nutzungen dulden. Aber verlassen kann man sich auf diese Annahme nicht.

Zurück zum Beispielsfall. Die dritte Hürde für den Urheber findet sich bei der Frage, ob das Recht des Landes, für dessen Gebiet um Schutz nachgesucht wird, überhaupt seine Rechte schützt.

Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich für Deutschland aus § 120 UrhG. Im Beispielsfall geht es um einen österreichischen Urheber. Das bundesdeutsche Recht schützt indes auch seine Rechte, wie aus der genannten Vorschrift folgt. Schon im 1. Teil dieses Beitrages hatte ich unterstellt, dass innerhalb der Europäischen Union (EU) die Rechte von Unions-Urhebern in jedem einzelnen Mitgliedsstaaten geschützt sind. Interessant könnte diese Frage aber werden, wenn wir als Fotograf mit einer angeblich von uns vorgenommenen Urheberrechtsverletzung in Staaten außerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes konfrontiert werden. Wessen Rechte geschützt werden, bestimmt das jeweilige nationale Recht. Denkbare und wahrscheinliche Anknüpfungspunkte könnten die Staatsbürgerschaft des Urhebers sein, es könnte auch auf seinen ständigen Aufenthalt bzw. den Sitz eines Unternehmens ankommen, schließlich ist es nicht fernliegend, dass jemand sich etwa gegen Zahlung einer Gebühr den Urheberrechtsschutz in einem Land erkaufen kann. Und da in Zeiten der Globalisierung Architekten und bekannte Künstler durchaus international tätig sind, kann es schnell geschehen, dass man – in vielen Fällen vielleicht sogar, ohne es zu wissen – das Werk eines außereuropäischen Urhebers fotografiert. Wenn die Gesetze etwa in den USA die Verwertungsrechte eines US-Künstlers dann auch an Kunstwerken schützen, die sich in Deutschland befinden (ich habe da nicht nachgelesen, befürchte jedoch, dass dies genau zutrifft. und dieser amerikanische Künstler eine Verletzung seiner Rechte gerade auf dem Gebiet der USA geltend macht, türmen sich die Wolken eines rechtlichen Gewitters ziemlich drohend auf. Denn die USA kennt keine Panoramafreiheit in unserem Sinne. Hannoveraner, die den Gehry-Tower am Steintor fotografieren (das Architekturbüro sitzt in Los Angeles) sollten sich also beispielsweise vor einer Veröffentlichung ihrer Fotos lieber genau darüber informieren.

Und damit wären wir bei der vierten Hürde für den Urheber im Fall einer Klage gegen mich.

Auch wenn ein Eingriff in dessen Verwertungsrechte vorliegt, kann er nichts machen, wenn dieser Eingriff gerade nach dem Land, für dessen Gebiet er um Schutz nachsucht, erlaubt ist (wir erinnern uns: das ist das sogenannte Schutzlandprinzip aus dem Teil 1 meiner Gedanken zur Panoramafreiheit).

Im Beispielsfall geht es um den Schutz auf dem Gebiet der BRD. Wie das österreichische Urheberrecht kennt auch das bundesdeutsche Gesetz eine Reihe von erlaubten Eingriffen. Ich habe sie im Teil 1 erwähnt (Entwicklung eines eigenständigen Kunstwerkes unter Verwendung eines fremden Werkes, § 24 UrhG, die Berichterstattung für Medien, § 50 UrhG oder die Verwendung als „Zitat“, § 51 UrhG). Die wichtigste Ausnahme in Deutschland ist jedoch § 59 UrhG, die Panoramafreiheit.

Hier darf ich noch einmal auf Teil 1 verweisen. Die Panoramafreiheit in der Bundesrepublik Deutschland ist nach der Rechtsprechung der bundesdeutschen Gerichte enger gefasst als die Panoramafreiheit der Bundesrepublik Österreich. Im Beispielsfall hatte ich das besagte Haus aus dem Fenster einer Nachbarwohnung aufgenommen. Bei einem solchen Standort kann ich mich hier bei uns nicht auf die Panoramafreiheit berufen. Auch diese Hürde hätte der in seinen Rechten verletzte Urheber des Beispielsfalls damit überwunden.

Und: wie ebenfalls schon in Teil 1 gesagt, mit der Verlagerung des Beispielsfalles in die Bundesrepublik habe ich noch ein Land ausgesucht, mit einer relativ großzügigen Ausnahmeregelung. Es gibt Staaten, wie Frankreich oder Italien die kennen noch nicht einmal diese Ausnahmen. Hier gelangt man oft schneller zu einer Verletzung eines fremden Urheberrechts, als der Fotograf glaubt.

Die entscheidende Frage: Wo liegt der Tatort?

Kommen wir zur letzten und damit alles entscheidenden Hürde. Ich muss das Urheberrecht auch in dem Land verletzt haben, dessen Schutzrechte in Anspruch genommen werden. Es kommt also im Beispielsfall darauf an, wo der „Tatort“ ist. Aus dem Hundertwasserhaus-Fall des BGH hat man ja gelernt, dass in Wien ein Tun legal ist, dieselbe Handlung in Berlin dagegen schon illegal ist.

Aber wo tut man was im Internet? Ist es der Ort, wo ich an meinem heimatlichen Computer sitze und das Bild hochlade? Im ausgedachten Beispielsfall wäre dies Wien. Oder ist es der Sitz des Betreibers der Internetseite, auf dem das Bild dann zu finden ist (also etwa der Sitz von myheimat)? Ist es vielleicht stattdessen der Ort, an dem der Server steht, auf dem das hochgeladene Bild gespeichert wurde und zum Dowwnload bereit steht? By the way: wer weiß eigentlich, wo die Server von den Anbietern stehen, auf dessen Seiten man sich gerade tummelt? Ich habe jedenfalls keine Ahnung, wo der Server von myheimat steht, ist es Augsburg oder ist es Manila? Es gibt aber noch weitere denkbare Ansatzpunkte für den Tatort. Dabei könnte es sich etwa um den Ort handeln, an dem das Bild downgeloaded wird, wo mit anderen Worten ein Kopiervorgang stattfindet; vielleicht kommt es aber auch nur darauf an, wo ein potentieller Internetnutzer die Möglichkeit hätte, das Bild, wenn er denn wollte, herunterzuladen. In den letzten Fällen käme damit praktisch jeder Punkt auf dem Globus als Tatort für eine Urheberrechtsverletzung in Betracht. Welche der Antworten ist richtig? Wo ist der Ort des Vergehens zu lokalisieren? Denn davon hängt es oft ab, ob das Tun legal oder illegal ist.

Nach meinen Recherchen hat wohl früher einmal die EU-Kommission vom „Ursprungsland der Dienstleistung“ gesprochen und damit das Land des „Uploading“ im Auge gehabt. Mir ist jedoch nicht ganz klar geworden, ob die Kommission damit das Land gemeint hat, von dessen Boden ich etwas hochlade (also dort, wo ich an meinem PC sitze) oder das Land des Servers, es mithin auf den Standort des Servers, auf dem das Bild hochgeladen wurde und wo es dann zum Download bereit gehalten wird, Handlungsort sein sollte. Aber das ist auch egal, denn soweit ich das nachlesen konnte, hat die Kommission diesen Ansatz nicht weiterverfolgt.

Aber es gibt einen kleinen Lichtblick in diesem Wirrwarr. Zumindest für den Bereich der Europäischen Union könnte Art. 3 der Richtlinie 2000/31/EG (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr) von Interesse sein. Der Europäische Gerichtshof hat dazu in seinem Urteil vom 14.12.2010 (C 509/09 und C-161/10) ausgeführt, dass diese Bestimmung es bis auf die in Absatz 4 des Artikels geregelten Ausnahmen nicht zulasse, dass ein Anbieter eines Dienstes des elektronischen Geschäftsverkehrs strengere Anforderungen unterliegt, als sie das im Sitzmitgliedstaat dieses Anbieters geltende Sachrecht bestimmt und die Mitgliedsstaaten dies sicherstellen müssen (Rdnr. 67 und 68 des Urteils). Vielleicht kann man sich darauf auch als kleine normaler Internet-User berufen.

Indes: Die Europäische Union ist nicht die Welt. Was machen wir, wenn der Urheber eines von uns abfotografierten Werkes beispielsweise aus den USA, aus Japan oder der inneren Mongolei kommt? Letztendlich kommt es immer darauf an, wie das Gericht, bei dem Klage erhoben wird, die Sache sieht. Wie lautet der bekannte Spruch? „Auf hoher See und vor Gericht …“

Zusammenfassung: Die Lösung des Beispielsfalles hängt damit letztendlich davon ab, wo die Richter den Ort der schädigenden Handlung lokalisieren. Wird auf den PC in Wien abgestellt, von dem das Foto hochgeladen wurde, wäre alles in Ordnung. Wird auf ein Land - etwa die Bundesrepublik Deutschland - abgestellt, wo das Foto vielleicht nur auf dem Computerbildschirm betrachtet wird, es aber keine oder keine so weitreichende Panoramafreiheit wie in Österreich gibt, handelt man illegal, erst recht, wenn etwa von Frankreich als Tatland ausgegangen wird.

Was passiert im Falle eines Falles ...?

Wer über kein pfändbares Einkommen und Vermögen verfügt und auch nicht ernsthaft damit rechnet, jemals über welches zu verfügen, hat bei einer Verurteilung zu Schadenersatz nicht allzu viel zu befürchten. Für alle anderen stellt sich die Frage, ob eine etwaige Verurteilung im Ausland Konsequenzen im heimatlichen Deutschland hat. Leider ist dies grundsätzlich der Fall. Ganz klar, in der Europäischen Union gibt es Regelungen über die Vollstreckung von Urteilen, Deutschland hat zudem mit anderen Staaten bilaterale Verträge über derartige Maßnahme abgeschlossen. Betrachten wir hier nur einmal den für einen Schuldner günstigsten Fall, dass keine EU-Regelungen und keine besonderen zwischenstaatlichen Vereinbarungen greifen. Aus dem Schneider ist man damit noch lange nicht. Die Frage der Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Urteil regelt sich in einem solchen Fall nach § 722 ZPO.

Gibt es keine anderweitigen Regelungen (siehe oben) bedarf es zwar zur Zwangsvollstreckung noch zusätzlich eines Vollstreckungsurteiles eines deutschen Gerichts, § 722 Zivilprozessordnung (ZPO). Wer hofft, in einem solchen Verfahren die Rechtsfrage noch einmal durchleuchten zu können, macht sich wohl falsche Hoffnungen. § 723 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass ein Vollstreckungsurteil ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen ist.

Schutz in einem gewissen Rahmen bietet nur § 328 ZPO. Fünf Punkte nennt der Absatz 1 des Paragraphen, die wichtigsten dürften Punkt Nr. 4 und 5 sein. Punkt Nr. 5 verlangt, dass bei der Zwangsvollstreckung die Gegenseitigkeit verbürgt ist (dies ist immerhin eine genaue Prüfung wert, vielleicht hat man ja Glück). § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bestimmt, das ausländische Urteile nicht anzuerkennen sind, wenn die Anerkennung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Der Jurist umschreibt dies mit dem Begriff der "ordre public", was eigentlich wörtlich übersetzt nur öffentliche Ordnung bedeutet. Ob zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechtes - der deutschen ordre public - auch § 59 UrhG und Art. 3 der Richtlinie 2000/31/EG zählen, ist eine spannende Frage. Persönlich hege ich aber keine großen Hoffnungen, dass die Gerichte dies zu sehen werden.

Fazit: Das Einstellen von Fotos ins Internet, auf denen in irgendeinem Land dieser Welt urheberrechtlich geschützte Werke abgebildet sind, birgt ein erhebliches Risiko für den uploadenden Fotografen. Er kann Ansprüchen wegen Verletzung von Verwertungsrechten ausgesetzt sein, selbst wenn der Bildautor diese Werke legal im Rahmen des heimatlichen Urheberrechts fotografiert hat.

Nachtrag

Da mich das Problem nicht losgelassen hat, habe ich weiter gesucht und bin fündig geworden. Leider trägt das Ergebnis nicht unbedingt dazu bei, dass man als Fotograf ruhiger schlafen könnte.

Wie gesagt, die Frage, ob ein Urheberrecht verletzt wird, richtet sich nach dem Recht desjenigen Staates, in dem vom Urheber um Schutz vor einer Verletzung seiner Rechte nachgesucht wird. Nutzt man ein fremdes Urheberrecht ohne Erlaubnis, etwa in dem man ein Bild, das ein urheberrechtlich geschütztes Objekt zeigt, im Internet hoch lädt und dadurch veröffentlicht, kommt es für die Frage, ob dies unangenehme Folgen haben kann, wie Abmahnkosten, Schadenersatz, ggf. auch ein Strafverfahren (eine Urheberrechtsverletzung kann eine Straftat sein, vgl. für die BRD etwa § 106 UrhG) auf das Recht des Tatortes an.

Nun ich auf zwei Entscheidungen deutscher Gerichte gestoßen, die sich zur Frage des Tatortes geäußert haben. Zwar ging es in einem der Verfahren um einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß, im anderen um einen urheberrechtlichen Verstoß durch das ins Netzt stellen von fremden Musikstücken, das Problem ist jedoch gleich. Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt sah, auch wenn die IT-Dienstleistungen im Ausland zur Verfügung gestellt wurden (in diesem Fall London), das Land Sachsen-Anhalt als Tatort an, weil die Daten „zum Abruf im Inland - insbesondere in Sachsen-Anhalt -bestimmt“ waren (Urteil vom 27.09.2012 , Az. 9 U 73/11).

In die gleiche Kerbe schlug bereits die 10. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg am 12.06.2009 in seinem Urteil zum Az. 310 O 93/08. Das Landgericht stützte sich auf § 32 ZPO (Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist) und meinte, die streitgegenständlichen Musikstücke könnten nach dem Vortrag der Klägerin ja über das Internet unter der URL www. r....share.com auch in Hamburg aufgerufen werden.

Es ist zu befürchten, das andere Gerichte weltweit dies ebenso sehen und man als Fotograf, der Bilder im Internet veröffentlicht (erst recht, wenn er welche zum Verkauf über Bildagenturen anbietet) wirklich die unterschiedlichsten Urheberrechte in jedem Land der Welt beachten muss, will er ganz sicher gehen, nichts falsch zu machen. Ein unmöglicher Zustand! Kennt jemand die jeweils strengsten Regelungen des Urheberrechtes in der Welt? Ich wäre dankbar für einen Hinweis darauf. Dann könnte man sein Verhalten vorsorglich daran ausrichten.

Der Link zu Teil 1:

http://www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mi...

Und wer sich fragt, ob er fremde Dinge einfach so knipsen darf, der könnte sich für den folgenden Beitrag interessieren:

http://www.myheimat.de/hannover-seelhorst/ratgeber...

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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