60 Jahre BRD-Kunst: Medien ignorieren Diskussion – KULTURschaffende protestieren

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Die „Kunst & Recht - Ost & West"-PODIUMS-Diskussion am 15.5. mit BEAUCAMP, IDEN & Co hatte wohl keinen Sinn. Ich hoffte, kritische Medien („Berichterstatter“) würden über diesen EVENT berichten, der einen Tag nach der Sitzung des Deutschen Bundestags zu "60 Jahre Grundgesetz" in Berlin stattfand. Seriöse Medien könnten durch kultur-kritische Berichte mithelfen, dass nicht nur (teils unfähige) Partei-Politiker in der BRD das Sagen haben, meinte ich. Gregor GYSI sprach im Bundestag über die gescheiterte Skandalschau "60-Jahre/Werke" und beklagte die Ausgrenzung der DDR-Künstler.

Medien (Feuilleton, KULTUR-Seiten) interessierten sich weder für die Podiumsdiskussion noch darüber, dass der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages sich mit den Stimmen der großen Koalition DAGEGEN ausgesprochen hatte, die KULTUR als STAATSZIEL ins GRUNDGESETZ aufzunehmen. FDP und LINKE stimmten dafür, die GRÜNEN enthielten sich. Das Grundgesetz sollte um einen Artikel 20b ergänzt werden, der folgenden Wortlaut haben sollte: „Der Staat schützt und fördert die Kultur.“ Man hoffte, die Klausel, die keinerlei direkte Vorteile für die Förderung der Künste brächte, könne wenigstens als Auslegungshilfe für Gerichte und Verwaltungen dienen und so gleichsam indirekt das Gewicht der Kultur in der Konkurrenz mit anderen Interessen stärken. Die äußerst negativen Erfahrungen mit der documenta-Institution (siehe „Fall documenta“ NJW (HUFEN); Macht der d-Macher, Untätigkeit von Gerichten – vgl. 4 Bücher von mir hierzu) stützen meine Forderung nach REFORM der Kultur-POLITIK. Die Berliner 60-Jahre/Werke-SKANDAL-Schau entpuppte sich als staatlich gefördertes KUNST-lenkendes Trauerspiel für unabhängige Kulturschaffende. Siehe HUFEN, Friedhelm: „Muß Kunst monokratisch sein? Der Fall documenta“, in Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Heft 17/1997 S. 1177-1179.

Die PODIUMS-DISKUSSION zum Thema „KUNST & RECHT - OST & WEST" (vgl. Werner Hahn in: ZEIT Online v. 11.05.2009) ist von den überregionalen Medien ignoriert worden. Das Tot-Schweigen war vielleicht sinnvoll. Lediglich „Der Freitag“ hat berichtet: Dass nunmehr auch „in Sachen Bundesregierung“ ein „Erklärungsbedarf“ wachse, liest man im „Freitag“ zu Recht. Das Bundesinnenministerium (SCHÄUBLE) habe die Ausstellung mit 150.000 Euro (für ein filmisches Rahmenprogramm) unterstützt. Um das „tendenziöse Konzept, 60 Jahre Demokratie in Deutschland fast ausschließlich mit Hilfe linksrheinischer Künstler erklären zu wollen“, habe sich aber offenbar niemand in Berlin gekümmert. In der Tat: Es wird höchste Zeit, dass Bundeskanzlerin Angela MERKEL, „die mit ihrer Eröffnungsrede die Vernissage zum Staatsakt nobilitierte“ (so AREND), erklärt, was sie der Republik zu ihrem 60. Jubiläum damit sagen wollte.

Auf der Podiums-Diskussion im Berliner Gropius-Bau habe der Sprecher und Kurator der Skandal-Schau Peter IDEN „eine ungelenke Entschuldigungsgeste in Richtung DDR-Kunst“ gezeigt, so das Wochenmagazin „Der Freitag“ (Freitag.de/kultur). Ingo AREND resümiert ebenda „klar, dass mit der Auswahl eben doch eine gezielte Demütigung der Ostkunst beabsichtigt war und ein nachträgliches Festklopfen des Kanons West“. Nach der „turbulenten Veranstaltung“ seien die Veranstalter nach der Diskussion „sichtlich getroffen von der öffentlichen Kritik“ geflohen; „in das beliebteste ästhetische Refugium des alten Westberlin“ (in die Paris-Bar). Autor AREND meint in dem zitierten Blatt, man frage sich, was schlimmer ist: „Dass die Kunstwelt eine der schlechtesten Kunstausstellungen der letzten zehn Jahre erleben musste. Oder dass die Berliner Politik sich vor den ästhetischen Karren der Bonner Republik hat spannen lassen“. Und: Das Ergebnis sei „das Gleiche“, ausgerechnet eine Kunstschau habe den „Riss, der noch immer durch Deutschland geht, sichtbar gemacht“.

Der „Sturm der Entrüstung“ habe inzwischen auch einen „Säulenheiligen des Kunstbetriebs“ erreicht: Unter den (ostdeutschen) Mitgliedern der Berliner Akademie der Künste wachse die UNZUFRIEDENHEIT mit dem gerade wiedergewählten Präsidenten Klaus STAECK: „Mag sein, dass der Heidelberger Grafiker von den Veranstaltern lange im Unklaren gelassen wurde, wie wann und warum er in die Ausstellung eingeladen werden würde. Jetzt hängt er mit seinen Plakaten als 61. Zaungast im Lichthof des Gropiusbaus.“ Der „Vorsteher einer ‚Künstlersozietät’, die die umstrittene Ausstellung in einer Erklärung scharf verurteilt habe“, sollte „schleunigst seine Werke aus der Ausstellung zurückziehen“ fordert AREND, der von einem „heftigen neuen Einheitsstreit“ spricht. Vgl. ein Foto im WEB von P.I. (Kürzel des FR Kritikers): http://mitglied.lycos.de/protoweb/p\_iden.jpg.

Auch der Schriftstellerverband Berlin und Maler Bernhard HEISIG protestieren

Der Berliner Verband deutscher Schriftsteller (VS) hat Bundeskanzlerin Angela MERKEL aufgefordert, sich von der umstrittenen Kunstausstellung "60 Jahre - 60 Werke" im Berliner Martin-Gropius-Bau zu distanzieren. „In Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland müssen wir sagen, diese Ausstellung ist ein Skandal, sie spiegelt keineswegs die Bundesrepublik wider, sondern zeigt ein schiefes, unwahres Bild des künstlerischen Wirkens der letzten 60 Jahre in Deutschland. Es ist unbillig, sich dabei nur auf westdeutsche Kunst zu beschränken und das auch im Namen des Grundgesetzes", heißt es in einer in Berlin veröffentlichten Erklärung des Schriftstellerverbandes. Zu der Kritik, es sei keine DDR-Kunst vertreten, meinten die Ausstellungsmacher, es gehe um Kunst, die frei und im Sinne des Grundgesetzes entstanden sei. Die Ausstellung sei eine "Hommage an die Freiheit der Kunst".

Nach Ansicht des Malers und früheren Leipziger Hochschulrektors Bernhard HEISIG (84) war die DDR „eine Diktatur, ganz eindeutig war sie das" – so der DDR-Staats-Künstler im „Spiegel". Die weitgehende Ausgrenzung von DDR-Malern in der umstrittenen Ausstellung "60 Jahre. 60 Werke" hält er für einen "unverschämten Blödsinn": Die Vorstellung, Kunst könne nur in Freiheit gedeihen, sei sowieso falsch. Kunst sei auch immer schon "unter schwierigsten politischen Bedingungen entstanden, im Widerstand, im Protest."

JA, die als Hommage an die Kunstfreiheitsgarantie der BRD gedachte Schau klammert die OST-Kunst als „schwarzes Loch“ aus. 20 Jahre nach dem Mauerfall ist die Trennung zwischen Ost und West einzementiert – ein Hauptkritikpunkt an der SKANDAL-Schau, die nicht nur viele Berliner stört. Zur „staatstragenden Ausstellung“ recherchierte ich: 2 Artikel darf ich Usern besonders empfehlen (in ZEIT-Online): „60 Jahre BRD-STAATs-Künstler, KUNSTFREIHEITs-Garantie und Kunst-MARKT-Führer“ sowie „Zur 60-Jahre/Werke-SKANDAL-Ausstellung (Gropiusbau): Kunst-MARKT & Kultur-STAAT“. (Siehe auch (1) bis (6) u. Anmerkungen.)

MERKEL betonte zur Schau-Eröffnung: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei." Die Kanzlerin (subjektiv-fehlerhaft): „Und das war die Grundlage dafür, dass die Kunst entstehen konnte, die hier gezeigt wird.“ Es geht aber in Wirklichkeit um eine durch Kunst-MARKT-STEUERUNG bewirkte und durch STAATs-Gelder subventionierte Schau. SCHÄUBLE gab 150.000 E. für „den hohen Stellenwert von Kunst und Geistesleben für eine freiheitliche Demokratie“ (so im Katalog).

WILLKÜR: Angriff auf Kunstfreiheits-Garantie und Chancengleichheits-Gebot

Die Ausstellung „60 Jahre. 60 Werke“ hat für deutsch-deutsche Verstimmung gesorgt, da ostdeutsche Kunst in dieser Jubelschau nicht vorkommt. Die von privater Hand organisierte Schau wurde aber vom Innenministerium subventioniert und durch Angela MERKEL offiziell unterstützt (Eröffnungsrede). Die von RWE mitfinanzierte Schau sollte ein einseitiges „Hoch auf die Kunstmarkt-Kunst der BRD“ und zugleich ein Hoch auf die Kunst-„Freiheit“ in der BRD werden! Doch das Ausstellungskonzept kam bei vielen besonders aus dem ehemaligen Osten der Republik nicht so gut an; aber auch im WESTEN der BRD gab es von Markt-„Unhabhängigen“ Kulturschaffenden heftige Kritik. Dass der Geburtstag des Grundgesetzes mit der Ausstellung gefeiert werden sollte, erwies sich als SKANDAL. Aus emotionaler Sicht trägt die Ausstellung im Jubiläumsjahr des Mauerfalls sicherlich nicht zum Zusammenwachsen von Ost und West bei. Kunst-Historiker vermuten, dass die kulturell-evolutionäre Entwicklung der „West"-Kunst ohne die „Ost"-Kunst so gar nicht möglich gewesen wäre. 60 Künstler für 60 Jahre Grundgesetz - das konnte nur total willkürlich und ungerecht ausgehen! Das „Mal richtig ungerecht sein“ der kunstlenkenden Privatmacher – als „Hommage“ an Art. 5 Abs. 3 GG – ist als staatlich geförderte WILLKÜR zu kritisieren und stellt in Wirklichkeit einen Angriff auf die Kunstfreiheitsgarantie und das Chancen-Gleichheitsgebot (Art. 3 GG) dar! Eingedenk von Grundgesetz-Vorschriften der BRD (GG Art. 5 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1) gilt es, ein freiheitliches Kunstleben zu erhalten und zu fördern: auf der Basis von Kunstfreiheitsgarantie in Verbindung mit dem Willkürverbot (Chancengleichheitsgebot). Die Idee eines „Deutschland sucht den Superkünstler" (ein Konzept, das auch die "BILD"-Zeitung als Medienpartner wohl mitgetragen hätte) wäre ja auch eine Möglichkeit der kunstlenkenden PRIVATEN Macher gewesen (à la RTL).

LITERATUR/Anmerkungen

Zur „staatstragenden Ausstellung“ „60 X 60 Werke/Künstler“ sind WEB-Usern Artikel zu empfehlen (in ZEIT-Online sowie in myheimat.de; ebenda stets mit Bildern und mehreren Kommentaren):

(1) HAHN, Werner (2009): „60 Jahre BRD-STAATs-Künstler, KUNSTFREIHEITs-Garantie und Kunst-MARKT-Führer“. In ZEIT Online v. 03.05.2009.

(2) HAHN, Werner (2009): „Zur 60-Jahre/Werke-SKANDAL-Ausstellung (Gropiusbau): Kunst-MARKT & Kultur-STAAT“. In: ZEIT Online v. 04.05.2009. (Vgl. auch: myheimat.de mit einem analogen Artikel und mit 18 Bildern sowie mehreren Kommentaren.)

(3) HAHN, Werner (2009): PODIUMS-DISKUSSION zum heiß diskutierten Thema „KUNST & RECHT - OST & WEST". In: ZEIT Online v. 11.05.2009.

(4) HAHN, Werner (2009): EVOLUTION der KULTUR-POLITIK am Ende? – KULTUR: kein Staatsziel. In: ZEIT Online v. 13.05.2009

Siehe auch:

(5) HAHN, Werner (2008): Zum DARWIN-Jahr: Kulturelle EVOLUTION, Paradigmen-Wechsel, Kultur- & Kunst-Förderung und Qualitäts-Sicherung. In: ZEIT Online v. 29.11.2008.

(6) HAHN, Werner (2007): Und tschüss, ade alte traditionelle documenta-Welt – Hi hola bonjour neue innovative Hessian documenta Academy (HdA). In: DOCUMENTA-DEMOKRATISIERUNG: Wege zu einer Hessischen documenta-Akademie mit d12-Kritik. Gladenbach 2007. (Essay zu lesen auch im WEB bei art-and-science.de und hier: http://blog.hna.de/?p=2697 .)

Myheimat:

http://www.myheimat.de/gladenbach/beitrag/96113/ku...

UND

http://www.myheimat.de/gladenbach/beitrag/95625/wi...

UND

http://www.myheimat.de/gladenbach/beitrag/95228/zu...

Bürgerreporter:in:

W. H. aus Gladenbach

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