Wenn die Drachen von der Weihnachts-Krippe fliehen!

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(Kleine) Drachen bei der Krippe?

Im Dom zu Worms werden große Meditationsbilder aus dem schon vor langer Zeit abgebrochenen Kreuzgang aufbewahrt. Darunter auch die hier vorgestellte Darstellung der Geburt des Christus, entstanden um 1515. Und auf diesem Bild sind zwei kleine Lurche zu sehen.
Das Bild muss aber erst einmal bei den Betrachtern ankommen, so groß wie es ist (ca. 2x4m), sind es die kleinen Dinge, die scheinbar am Rande sich befinden. Zwei Mal habe ich während unserer Tage in und um Worms mir dieses Bild für lange Zeit angesehen und jedes Mal staunte ich mehr über das Erzählte:

* Der Mann und die Frau, die aus den Fenstern der Stadt eher neugierig und doch distanziert ihre Ratlosigkeit gegenseitig mitteilen, aber doch nicht ihre scheinbar schützenden Mauern verlassen mögen.

* Oder der einsame Hirt, der da steht und nicht so recht weiß, was er von dem halten soll, was er wahrnimmt, als wenn er an sich selbst zu zweifeln beginnt. -

* Oder auch Josef mit seinem eher matten Sieges- oder Segenszeichen. Das Gesicht, die tiefen Sorgenfalten sagen viel über seine Zerrissenheit und auch seine Müdigkeit aus.

* Da ist auch der Rufer, dem es wichtig ist, das wichtige Geschehen, weiter zu sagen.

* Die in Worms allgegenwärtigen Drachen scheinen auf diesem Bild zu einem „Wurm mit Beinen“ verkümmert zu sein; der Lurch (über dem Kopf des Esels), der auf dem schnellsten Weg das Weite sucht, seinen eigenen Weg.

Aber warum diese beiden (der zweite unten links) kleinen Drachen in der gesamten Szenerie? - Sie verkörpern das Böse, den Teufel. Und der eine wurde von Maria mit einem Tritt beseite gestoßen, Maria das Idealbild des Reinen, Erlösten, - Der andere Drache gibt schon von sich aus Fersengeld.

Dabei können diese eher zu kleinen Ansichten die noch versteckteren Feinheiten nicht einmal gut erkennen lassen, wie die Schnecke, die sich auf die Familie zu bewegt; sie grübelt nicht über ihr Unvermögen nach, nicht schnell genug zu sein, sie will dahin, die kleine Butterblume, die auf dem kargen Boden neue Nahrung findet, sich entfalten zu können.
Und als habe sich der Künstler über das schon damals weit verbreitete Sicherheitsbedürfnis ein wenig lustig machen wollen, stellt er die wehrhafte Stadtmauer und die dazu gehörenden Türme in den Hintergrund – ganz klein – dem eher ungeschützten Säugling auf dem Boden liegend gegenüber.

Mit dieser Weihnacht von damals wurden die Wirklichkeiten auf den Kopf gestellt. Und wenn wir uns jetzt noch einmal die Jahreszahl 1515 in Erinnerung rufen... „Da lag was in der Luft, da braute sich was zusammen!“ zwei Jahre später wird das kleine Mönchlein Martin Luther von Wittenberg her die Welt scheinbar auf den Kopf stellen. Die einen werden weglaufen, die anderen werden nur zuschauen und nichts verstehen und wieder andere müssen sich erst einmal besinnen. - Ganz klein, muss die Veränderung beginnen, in der Geburt eines Kindes; und um das zu begreifen, müssen wir erst einmal die Hilfe von Engeln in Anspruch nehmen, die bereit stehen. Und vor denen wir mit einem Ausruf des Schreckens „Ach, die lieber Gott“ nicht gleich weglaufen sollten.

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die Zuordnung der Kreuzgang-Bildnisse ist noch ungeklärt. Sie dürften nach noch geltender Meinung, nicht als Altarbilder gedient haben.

Bürgerreporter:in:

Christel Pruessner aus Dersenow

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