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Ostfriesland - verlorenes Land?

Im Heute für Morgen das Gestern suchen …

oder Identität bewahren.

Im fortgeschrittenen Lebensalter äußerte meine Mutter immer häufiger den Wunsch, die Stätten ihres jungen Lebens und Wirkens noch einmal aufzusuchen zu können. Den Ort, in dem sie das Licht der Welt erblickte, und die Orte, die sie formten – an denen sie Frau und Mutter wurde.
Im Alter von 28 Jahren war sie aus dem „heißen Kern“ Ostfrieslands an den „kühleren Rand“ der ostfriesischen Halbinsel gezogen (worden). 25 Jahre später verschlug es sie ins Rheinische. Ihre „Moor“-Wurzeln hat sie nie gekappt, weshalb es sie auch immer wieder nach Ostfriesland zog.
Sie stellte sich daher in schon fortgeschrittenerer Lebenszeit keinen Besuch im herkömmlichen Sinne vor – diese Art der Kontakthaltung zu Verwandten, die in der Region geblieben waren, die hatte sie sowieso nicht einschlafen lassen.
Sie wollte noch einmal unerkannt die alten Wege ihres jungen Lebens gehen. Sie wollte noch einmal alleine, so wie früher, mit dem Rad von Haus zu Haus, von Ort zu Ort ziehen.
Den Wunsch hat sie sich erfüllt. Ein einfaches Quartier in einem einfachen Haus sollte der Ausgangspunkt ihrer Erinnerungstouren sein. Doch die geplanten drei Wochen schrumpften zu drei Tagen zusammen. Sie fand eine ihr fremd gewordene Welt, die sie nirgendwo mehr einordnen konnte.
„See klauter mit hör föölen ut een annern Welt achter de Biller van ‚domoals in Oostfreesland’ an, – un de Minschen in Oostfreesland klabastern mit hör föölen ‚van nu’ achter de Biller ut een annern Welt an.“
Ich will damit sagen, die Menschen, die Ostfriesland nie auch nur zeitweilig verlassen hatten, die störte der Misthaufen unter dem Fenster nicht. Sie eiferten zwar im Wohnstil einer anderen Welt nach, waren aber in der Gestaltung ihrer Gefühlsempfindungen unterwegs irgendwo stehen geblieben. Sophie dagegen hatte sich auf beiden Ebenen meilenweit von ihnen entfernt.
Sie suchte nach Bildern ihrer Erinnerung – und die gab es im Zusammenhang so nicht mehr.
Als sie mir von ihrer vergeblichen Suche nach der Seele Ostfrieslands berichtete, fiel mir eine Zeile aus einem Lied von Hannes Fleßner ein, in der er wehmütig fragt, und auch gleich selbst die Antwort gibt: Is dat noch Oostfreesland? Ja man, dat is Oostfreesland - oaber dat van vandoach.
Die Ostfriesen – ausgenommen die in den wenigen Städten – haben es zum großen Teil nicht geschafft, ihre innere Kultur und ihr äußeres Erscheinungsbild im Zusammenhang zu verändern. Das Bestreben vieler Ostfriesen, auf der einen Seite ihre innere Kultur beizubehalten, und auf der anderen Seite im äußeren Erscheinungsbild eine andere Welt zu kopieren, konnte nur gründlich in die Hosen gehen. Die Entwicklung der inneren Kultur und die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes hätte Hand in Hand geschehen müssen. Das ist leider nicht so abgelaufen.
Dadurch bedingt, fehlt in vielen ostfriesischen Köpfen der landsmann-schaftliche Zusammenhalt.
Es kann nämlich niemand äußerlich Hund werden, und zugleich innerlich Katze bleiben. Denn ein Hund der nicht bellt, sondern miaut, der wird von aller Welt als sonderbar betrachtet. Völlig unabhängig davon, was er mit seiner Lautgebung auch kundtun will.
Von außen zuziehende Menschen schafften, und schaffen zwar Inseln innerhalb Gesamtostfrieslands, auf denen innen und außen übereinstimmt, aber landestypische ostfriesische Kultur sucht man da meist vergeblich, weil diese Menschen ihr Fühlen, Denken und Handeln von anderswoher mitbringen, und es an ihrem neuen Wohnplatz etablieren und leben lassen.
Viele Ostfriesen haben zugelassen, daß ein natürlicher Grundsatz auf den Kopf gestellt wurde. In allen Kulturen, die überlebt haben, hat dieser Grundsatz oberste Priorität. Alle anderen Kulturen, deren Mitglieder nicht die Stärke hatten, dieses Denken durchzusetzen, sind verschwunden, oder auf die Ebene der Bedeutungslosigkeit herabgesunken.
Es ist mittlerweile spät, wenn nicht gar zu spät geworden für das Bemühen, Ostfriesland als kulturelle Ursprungsregion zu erhalten.
Nur wenn sich alle Ostfriesen auch als Ostfriesen sehen, wenn sie sich gemeinsam anstrengen, und der Auflösung Ostfrieslands entgegenwirken – nur dann besteht noch die Chance auf ein Überleben des alten Kulturraumes Ostfriesland.

ewaldeden©2013-01-25

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Ewald EdenWilhelmshavenautor edenTexteOstfrieslandPlattdeutsch

6 Kommentare

Oh Wilhelm ...
auf Deine kurzen Fragen bzw Anmerkungen könnte ich Dir jetzt gleich ein Buch schreiben -
ich vermute aber, dass Deine fragen dann noch immer nicht erschöpfend beantwortet wären. Ich versuche es aber in der Kürze - also, die Nebelhörner, die Typhone noch - aber man hört sie kaum - erstens weil nur, wenn es nebelt und zweitens weil es von der Anzahl her weniger Schiffe (die Pötte sind größer und Laderaum mehr ) aber die Menge der Kähne ist geringer geworden.
Die Teekultur sie lebt noch - natürlich wird auch hier verstärkt zum Teebeutel gegriffen - das aber nur von Nichtteekennern, die Tee nur als etwas Flüssiges , als profanes Getränk zum Ausgleich des Flüssigkeitshaushaltes ihres Körpers betrachten. Du bist zur "Teetied bi Ewald Eden an d' Teedisch elker Tied haartlich nööcht" ...
Das Bild zum Beitrag sagt vielleicht etwas zur ostfriesischen Teekultur - es ist übrigens mein Entwurf für eine Teekampagne)
... ach ja - das Verhältnis zwischen Ostfriesen und Bremern hat sich nicht wirklich veändert, denn auch heute sagen Ostfriesen immer noch, ich bin doch kein Bremer, wenn ihnen jemand Anderer die Arbeit aus der Hand nehmen will.

Lieber Ewald, dem Kommentar von Gaby möchte ich mich anschließen.

LG Erika

Zeit zu antworten.

Fahren die Schiffe heute nicht mit Radar, welches die Typhone überflüssig macht?
Ich habe sie zuletzt in der Kieler Bucht beim segeln gehört, aber nur als Warnsignal für ein paar dumme Segler, die die Größe der Dampfer einfach nicht einschätzen können oder wollen.

Die Teekultur.
Ich kann sie noch ausführen, aber Hannover ist Kaffeeland. Ich habe ein Stöfchen von Sylt, mit entsprechender Teetasse, Kluntjes und Sahne, nur die heiße Ofenplatte zum ziehen fehlt mir. Ich gebe die Sahne auch nur in den umgerührten Tee, nachdem er 2-4 Minuten gezogen ist und dann erst aufgegossen wurde. Heißen Tee darf man auch schlürfen.
Habe ich es richtig übersetzt, dass ich zur Teezeit bei Ewald Eden herzlich eingeladen bin? haartlich nööcht, herzlich eingeladen?

Ostfriesen und Bremer.
Wir waren zum Weihnachtsmarkt in Bremen. Sprach uns ein Bettler an, haste mal nen € ? Ich sehe ihn nur an, da sagt er, ich bin doch kein Bremer.
Da hat er Deine Fassung und auch meine wohl auf den Kopf gestellt. Ich habe ihm keinen € gegeben.
Schönes Wochenende,
Wilhelm

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