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Lehrerfortbildung in der Löwenzahnschule

  • Dr. Michael Wehrmann referiert vor dem Kollegium über Rechenschwäche bei Kindern.
  • hochgeladen von Moor Frau

Für gewöhnlich lehren sie, doch bisweilen können Lehrer auch lernen. Zu einer Informationsveranstaltung in der Grundschule Dollbergen war das Kollegium vollzählig erschienen. Auch einige Mütter nahmen am Vortrag über Dyskalkulie bei Kindern teil.

Dr. Michael Wehrmann vom Braunschweiger Institut für Mathematisches Lernen, IML, erläuterte zunächst die Ausprägungen der Lernstörung und die Situation der Kinder mit Rechenschwäche. Nach der aktuellen Dyskalkulie-Forschung haben durchschnittlich 5 % der Schüler in Deutschland Probleme mit dem Verstehen von mathematischer Logik, sagte Michael Wehrmann. Das sei hochgerechtet ein Kind pro Klasse. Wenn nicht bereits bei Schulbeginn festgestellt wird, dass Probleme beim Erfassen von Zahlenmengen bei diesen Kindern vorliegen, potenziert sich die Störung, bis die Lernrückstände des Kindes in der 4. Klasse unaufholbar geworden sind. Dabei könnte in 90 % aller Fälle geholfen werden. So der Dozent Wehrmann.

Er zeigte den Lehrern anhand von Beispielen auf, wie die Kinder den Alltag mit den für sie unverständlichen mathematischen Vorgängen meistern. Im Unterricht werden Zahlen an den Fingern abgezählt, ohne die Beziehungen der Mengen untereinander deuten zu können. Diese Abzählen ist eine gewaltige Anstrengung und wird schwerer mit jedem neuen Schuljahr. Eine an sich einfache Rechnung 81 minus 79 brächte diese Schüler an den Rand der Verzweiflung, da sie nicht den Rechenvorgang durchschauen, sondern versuchen, auch diese großen Zahlen an den Fingern abzuzählen. Die dazu notwendige Konzentrationsleistung ist enorm.

Die anwesenden Zuhörer bekamen eine Ahnung von den Nöten der Schüler, als Michael Wehrmann sie bat, sich den Buchstaben "M" vorzustellen - und dann den Buchstaben zu benennen, der im Alphabet fünf Stellen danach kommt. Alle zählten an den Fingern ab, eben wie ein Kind mit Rechenschwäche es tun würde. Noch schwieriger wurde es mit der Aufgabe, im Alphabet 13 Stellen rückwärts zu gehen... da mussten einige schon zu Stift und Papier greifen.

Dieser Qual nun sind die rechenschwachen Schüler tagtäglich ausgesetzt, und man kann leicht nachvollziehen, dass vermehrtes Üben und auch Nachhilfe diese Qual nur steigert und die Schule schließlich insgesamt unerträglich erscheinen lässt. Lernblockade und Verweigerung sind die Folgen. Zudem versuchten die Kinder, sich mit selbst aufgestellten Regeln durch das Gewirr der Hieroglyphen einen Weg zu bahnen. Damit ist aber spätestens mit dem Wechsel in die nächsthöhere Schulform Schluss, denn dann reicht schnelles Zählen können nicht mehr aus.

Im IML-Braunschweig wird Dyskalkulie diagnostiziert - das sollte möglichst in einem frühen Stadium unternommen werden, um den betroffenen Kindern rechtzeitig Wege aus ihren falschen Strategien zu zeigen und die Rechenschwäche mit einer individuellen Therapie beheben zu können.
Wie schwierig überhaupt das Erkennen einer vorliegenden Rechenschwäche sein kann, lässt sich ahnen, wenn man bedenkt, dass im Kollegium der Grundschule Dollbergen der Großteil der Lehrer Mathematik unterrichtet, aber nur eine Lehrkraft speziell Mathe im Hauptfach studiert hat. Abgesehen von der sonderpädagogischen Vorbildung, die für derartige Fälle vonnöten und wünschenswert wäre, sind Lehrer - und auch Kindergärtner - somit überfordert. Nicht einmal die Standard-Test für Kinder mit Rechenschwäche-Verdacht wären immer geeignet, eine sichere Diagnose "Dyskalkulie" zu stellen, sagte Michael Wehrmann. Präventive Diagnostik könnte viel Leid der Betroffenen verhindern.

http://www.iml-braunschweig.de/

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