Brot und Spiele 2012: So war's!

Jan Krüger (links) und die Gladiatoren von Ars Dimicandi
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Drei Tage ist die Moselstadt Trier noch mehr in römisches Flair getaucht worden, als ihre Bauten ohnehin schon gewährleisten. Denn vom 31. August bis zum 2. September lautete das Motto des Kulturbüros und der Medienfabrik Trier wie jedes Jahr „Brot und Spiele“. Angenehm: Trotz eines gewissen Tourismus-Potenzials und der Größe des Römerspektakels waren die Veranstaltungsorte nicht überlaufen.

Die Besucher kamen nicht nur aus Deutschland, sondern sprachen auch Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch oder Niederländisch. Auch die Mitwirkenden hatten teils weite Anreisen. Erstmals nahm eine erst 2006 gegründete flämische Legion aus Belgien am Programm im Römerdorf Vicus teil und demonstrierte, wie die Römer in der Antike Bogenschützen einsetzten. Zudem erläuterte das italienische Team von Ars Dimicandi anschaulich, wie und welche Gladiatoren gegeneinander kämpften. Natürlich wurden die Gladiatoren Darius, Leo (seit Brot und Spiele 2011 mit Katy Karrenbauer zusammen, wirkt mit nun kurzem Haar gealtert), Rufus, Silla und Co. auch wieder ins Spektakulum im Amphitheater eingebaut.

Arena-Spektakel: Schwacher Titel, reizvolle Story
Das Stück von Regisseur Alexander Etzel-Ragus verwob historisch angelehnten Stoff mit unterhaltenden Elementen. Dabei vertraute er nahezu der selben Besetzung wie im Vorjahr und knüpfte auch inhaltlich daran an. Ein neues Gesicht in der Arena war jedoch Thorsten Nindel in der Hauptrolle als Feldherr Avidius Cassius. Dieser greift von Alexandria aus nach dem Lorbeer des totgeglaubten Kaisers Marc Aurel (Manfred-Paul Hänig). Dabei gewinnt er den Trierer Statthalter Flavius Ignotus (Klaus-Michael Nix) und Kaisergattin Faustina (Katy Karrenbauer), die mit einem von sieben Sklaven gehaltenen schwarzen Trauerflor in der Länge der halben Arena einmarschierte, für seine Zwecke. Nur das Trierer Stadtoberhaupt Antigonos (Tim-Olrik Stöneberg) hält wenig von seinen Ambitionen.

Dem Volk von Alexandria hat Cassius überdies Spiele versprochen. Welch ein Glück, dass Superbus Sinister (Thom Nowotny) die einzigen Gladiatoren des Römischen Reiches besitzt und für reichlich bare Münzen zur Verfügung stellt. Das Motto der Spiele von Alexandria: „Herkules und die Macht des Bösen“. Dies ist gleichzeitig der Titel des Spektakulums – noch dazu ein recht willkürlicher, der dem Stück nicht wirklich gerecht wird. Obendrein taucht besagter Herkules tatsächlich erst mitten in der zweiten Hälfte der Veranstaltung auf. Allerdings sorgt er für eine böse Wende im Lebenslauf des Cassius. Denn der maskierte Herkules, der seinen Gegner in der Arena zu Tode schleift, ist niemand anderes als Commodus (Jan Krüger) – der Sohn von Marc Aurel, der ebenfalls nach der Macht greift. Freilich wurden die Zuschauer von Jubelperser Tinnitus (Christoph Bangerter) wieder dazu angestachelt, ihre Favoriten lautstark anzufeuern – was bei der Premiere am Freitag mit 1.600 von 2.200 möglichen Besuchern bei Nieselregen eher verhalten klappte. Das Spektakulum wird am kommenden Wochenende am 8. und 9. September übrigens nochmals im Amphitheater aufgeführt.

Mystische Nacht, Wissensvermittlung und Reitkunst auf dem Exerzierfeld
Eine ganz andere Atmosphäre herrschte anschließend in der Römerlounge in den Kaiserthermen. Dort legten DJs auf, deren Bässe bis in die illuminierten Gänge drangen, wo sich römische Krieger und anmutige Bauchtänzerinnen unterschiedlichen Alters im Rahmen der Mystischen Nacht zu geheimnisvollen Klängen von Peter Mergener bewegten. Tagsüber sorgten am Samstag und Sonntag dann zahlreiche Römerlegionen und Marketender für gute Stimmung, gutes Römer-Brot und ebensolchen Wein im Vicus auf den Wiesen der Kaiserthermen. Nicht nur die Truppen des Vereins „Milites Bedenses“ aus Bitburg ermutigten das Publikum, Fragen zum Alten Rom zu stellen oder erzählten von sich aus. Beim Militärsschreiber Caius Valerius Ursus durften Wachstafeln ausprobiert und Papyrus, Pergament, Landkarten, Baupläne sowie Briefe unter die Lupe genommen werden. Eine Schmiede zum Mitmachen, Tuchfärben, Speerwerfen oder ein Workshop zur Schmuckherstellung rundeten das interaktive Angebot ab, welches vor allem die jungen Besucher erfreute.

Interessant gestalteten sich auch die Vorführungen auf dem Exerzierfeld. Hierbei lag das Hauptaugenmerk nicht auf effekthaschenden Show-Elementen sondern auf illustrierter Wissensvermittlung. So demonstrierte die historische Reitertruppe „Timetrotter“ aus Wahllitz gemeinsam mit Renaissance- und Barockreiter Björn Kiefer vergleichende Reiterkämpfe. Ohne Steigbügel reiten sie an, um sich gegenseitig mit Stäben zu bewerfen und Salatköpfe auf Holzspießen zu köpfen. Bevor es zur Sache ging, wurden die Reiter in ihren Rüstungen bei Soloritten über das Exerzierfeld zudem in ihrer Funktion in der Antike vorgestellt. Auch bei der anschließenden Fernwaffenkunde mit eingangs erwähnten flämischen Bogenschützen-Römern, ihren deutschen Kollegen, die Bolzengeschütze präsentierten, und der Kriegstaktik-Demonstration des Römerheeres stand die Wissensvermittlung, unterfüttert von anschaulicher Praxis, im Vordergrund. Einen tieferen Einblick in die Geschichte der Römer in Trier bot das Rheinische Landesmuseum, das nicht nur in „Brot und Spiele 2012“ integriert war, sondern einen direkten Durchgang zu den Kaiserthermen ermöglichte. Extra Eintrittskarten (im Preis jedoch inbegriffen) benötigten Museumsbesucher für die dreimal täglich stattfindende innovative Media-Vorführung „Im Reich der Schatten“, bei der antike Reliefs zum Leben erweckt wurden. Diese Dauerausstellung lohnt auch nach „Brot und Spiele“ eines Besuchs, wenngleich der Betrachter ein bisschen Anlaufzeit braucht, bis er richtig in der fantastischen Reise mit Gott Merkur (gesprochen von Christoph Maria Herbst) zwischen Grabdenkmälern und Wagenlenkern drin steckt.

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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