Wahlprüfsteine des Sozialverband Deutschland (SoVD)

Fragen an die Kandidatinnen und Kandidaten für den 17. Deutschen Bundestag

Die Politik der Deregulierung und der Marktliberalisierung ist gescheitert. Die gegenwärtige tief greifende Finanz- und Wirtschaftskrise führt uns allen deutlich vor Augen, wohin ein ungezügelter freier Wettbewerb und das einseitige Streben nach Profitmaximierung führen. Die richtige Antwort auf die Krise kann aus Sicht des SoVD nur in der Stärkung der sozialstaatlichen Ordnung liegen, die Solidarität, Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit für alle Menschen zum Ziel hat. Zur Verwirklichung dieser Ziele braucht es eine offensive, den Bedürfnissen der Menschen verpflichtete Sozialpolitik, die wieder in den Mittelpunkt des Handelns von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft treten muss. Nur ein aktiver Sozialstaat, der niemanden im Stich lässt, Sicherheit und soziale Gerechtigkeit für alle gewährleistet und den solidarischen Zusammenhalt in der Gesellschaft fördert, kann zu einem wirksamen Schutzschild für die Menschen werden. Das gilt auch und gerade in Zeiten der Krise. Vor diesem Hintergrund richten wir unsere Fragen an die Bewerberinnen und Bewerber für die Wahl zum 17. Deutschen Bundestag am 27. September 2009:

Armut und Soziale Ausgrenzung bekämpfen

Die Kluft zwischen Arm und Reich ist in den vergangenen Jahren weiter gewachsen und gefährdet zunehmend den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Sind Sie mit uns der Auffassung, dass auf allen Handlungsebenen mehr Verteilungsgerechtigkeit und Chancengleichheit hergestellt werden müssen? Welche Maßnahmen sollten Ihrer Meinung nach ergriffen werden, um die steigende Kinderarmut zu bekämpfen? Werden Sie sich mit uns dafür einsetzen, dass existenzsichernde Leistungen an Hilfebedürftige stets bedarfsgerecht bemessen sein und den individuellen Lebenslagen weitest möglich Rechnung tragen müssen?

Soziale Sicherheit im Alter

Die gesetzlichen Renten haben in den letzten fünf Jahren Kaufkraftverluste von mehr als 10 Prozent erlitten. Diese massiven Kaufkraftverluste sind im Wesentlichen auf die Nullrunden und geringen Rentenerhöhungen sowie auf die stetig gestiegenen Beitragsbelastungen zur Kranken- und Pflegeversicherung zurückzuführen. Halten auch Sie es für dringend notwendig, den fortwährenden Wertverfall bei den Renten und den damit verbundenen schleichenden sozialen Abstieg der Rentnerinnen und Rentner zu stoppen? Werden Sie sich mit uns für Renten- erhöhungen einsetzen, die sich wieder stärker an den Löhnen orientieren und vor Inflationsverlusten schützen? Sehen Sie Handlungsbedarf für eine schrittweise Angleichung des Rentenwerts in den neuen Bundesländern? Welche Maßnahmen
befürworten Sie, damit in absehbarer Zeit gleiche Lebensarbeitsleistungen in Ost und West bei der Rente in gleicher Weise anerkannt und bewertet werden? Die massiven Leistungseinschnitte bei den Renten, die langfristige Rentenniveauabsenkung und der Wandel in der Arbeitswelt werden zu einem Anstieg der Altersarmut führen. Sind Sie mit uns der Auffassung, dass dem drohenden Anstieg von Altersarmut schon heute mit gezielten Maßnahmen begegnet werden muss? Welche Maßnahmen müssen Ihrer Auffassung nach ergriffen werden, um dem verschärften Armutsrisiko von Niedriglohnbeziehenden und Langzeitarbeitslosen entgegenzuwirken? Sehen auch Sie dringenden Handlungsbedarf, damit eine Erwerbsminderung nicht zur Armutsfalle wird, und unterstützen Sie die SoVD Forderung nach Abschaffung der Abschläge bei die Erwerbsminderungsrenten? Werden Sie sich mit uns für die Fortentwicklung der Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung einsetzen, damit die Erwerbstätigen ohne obligatorische Alterssicherung vor Altersarmut geschützt sind? Teilen Sie unsere Auffassung, dass die Rente mit 67 wieder abgeschafft werden muss, weil sie mit der Arbeitsmarkt und Beschäftigungssituation der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht vereinbar ist?

Erhalt und Stärkung der gesetzlichen Krankenversicherung

Welche Maßnahmen befürworten Sie, damit in absehbarer Zeit gleiche Lebensarbeitsleistungen in Ost und West bei der Rente in gleicher Weise anerkannt und bewertet werden? Die massiven Leistungseinschnitte bei den Renten, die langfristige Rentenniveauabsenkung und der Wandel in der Arbeitswelt werden zu einem Anstieg der Altersarmut führen. Sind Sie mit uns der Auffassung, dass dem drohenden Anstieg von Altersarmut schon heute mit gezielten Maßnahmen begegnet werden muss? Welche Maßnahmen müssen Ihrer Auffassung nach ergriffen werden, um dem verschärften Armutsrisiko von Niedriglohnbeziehenden und Langzeitarbeitslosen entgegenzuwirken? Sehen auch Sie dringenden Handlungsbedarf, damit eine Erwerbsminderung nicht zur Armutsfalle wird, und unterstützen Sie die SoVD Forderung nach Abschaffung der Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten? Werden Sie sich mit uns für die Fortentwicklung der Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung einsetzen, damit die Erwerbstätigen ohne obligatorische Alterssicherung vor Altersarmut geschützt sind? Teilen Sie unsere Auffassung, dass die Rente mit 67 wieder abgeschafft werden muss, weil sie mit der Arbeitsmarkt und Beschäftigungssituation der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht vereinbar ist?

Für eine würdevolle Pflege

Ein zentrales Anliegen des SoVD ist die Sicherstellung einer würdevollen Pflege. Wir wollen die Pflegestrukturen in Deutschland mit dem Ziel weiterentwickeln, die häusliche Pflege zu stärken und alternative Wohnformen für pflegebedürftige Menschen auszubauen. Teilen Sie mit uns die Auffassung, dass weitere Anstrengungen erforderlich sind, um die Qualität in der häuslichen Pflege zu sichern? Welche Vorschläge werden Sie einbringen, um die dringend notwendige Unterstützung pflegender Angehöriger sicherzustellen und den Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ umzusetzen? Unterstützen Sie unsere Forderung nach einer präventiv ausgerichteten Gesundheitsversorgung, damit Pflegebedürftigkeit so lange wie möglich vermieden werden kann? Ist Ihre Partei mit uns der Meinung, dass der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff eine Chance ist, den individuellen Pflegebedarf differenzierter zu erfassen? Welches bekannte Finanzierungs- szenario bevorzugen Sie? Teilen Sie unsere Meinung, dass durch die Neuordnung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs der Pflegebedarf im Einzelfall vollständig abgedeckt sein muss? Sind Sie mit uns der Ansicht, dass die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs nicht unter dem Diktat der Kostenneutralität stehen darf?

Politik für Menschen mit Behinderungen

Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf Selbstbestimmung und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft. Die Inklusion – also die vollständige Einbeziehung behinderter Menschen in die Gesellschaft von Anfang an – muss zum Leitprinzip politischen und gesellschaftlichen Handelns werden. Welcher Handlungsbedarf ergibt sich nach Ihrer Ansicht durch die UN Behindertenrechtskonvention und welche Maßnahmen zur Umsetzung der Konvention befürworten Sie? Unterstützt Ihre Partei die Forderung des SoVD nach verbindlichen Aktionsprogrammen auf Bundes, Landes und kommunaler Ebene zur Umsetzung der Konvention unter Einbindung der Betroffenen und ihrer Verbände? Werden Sie mit uns dafür eintreten, dass das gemeinsame Lernen behinderter und nicht behinderter Kinder in Deutschland endlich von der Ausnahme zur Regel wird? Welche Schritte sind hierzu aus Ihrer Sicht, auch in bundes politischer Hinsicht, notwendig? Welche Maßnahmen befürworten Sie, um das Recht behinderter Menschen auf Zugang zu qualifizierter Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sicherzustellen? Unterstützen Sie die Forderungen des SoVD nach qualifizierten Beratungs und Begleitungsangeboten sowie aktiven Beschäftigungsprogrammen. Sind Sie mit uns der Ansicht, dass die Arbeitgeber ihre Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nur sehr unzureichend erfüllen und welche Maßnahmen befürworten Sie, um dies nachhaltig zu verändern? Sind Sie mit uns der Meinung, dass Barrierefreiheit eine zentrale Voraussetzung dafür ist, dass behinderte Menschen ihr Leben selbstbestimmt und eigenständig gestalten können? Welche Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit befürworten Sie? Werden Sie sich gemeinsam mit uns dafür einsetzen, die Vergabe öffentlicher Aufträge strikt an das Kriterium der Barrierefreiheit zu binden? Unterstützen Sie die Arbeit der Behindertenverbände im Bundeskompetenzzentrum Barrierefreiheit – auch in finanzieller Hinsicht? Unterstützen Sie unsere Forderung, bestehende Schutzlücken im europäischen Antidiskriminierungsrecht zu schließen und damit für Frauen, ältere und behinderte Menschen Schutz vor Diskriminierung auf europaweit einheitlichem, hohem Niveau zu ermöglichen? Werden Sie sich mit uns dafür einsetzen, dass die Eingliederungshilfe zu einem Leistungsgesetz weiterentwickelt wird, das sich an der Personenzentrierung sowie der individuellen Bedarfsdeckung unter Achtung des Wunschund Wahlrechts der Betroffenen ausrichtet?

Arbeit muss zum Leben reichen

Fast ein Viertel aller abhängig Beschäftigten arbeitet für einen Niedriglohn. Sind Sie mit uns der Auffassung, dass der ausufernde Niedriglohnsektor zurückgedrängt und neben den tariflichen Mindestlöhnen auch ein gesetzlicher Mindestlohn als bundeseinheitliche Lohnuntergrenze eingeführt werden muss. Werden Sie sich für einen besseren sozialen Schutz bei Leiharbeit stark machen, insbesondere für gleiche Arbeitsbedingungen und gleiche Bezahlung von Leiharbeitnehmerinnen bzw. -arbeitnehmern und der Stammbelegschaft? Führt der massive Einsatz von Ein-Euro-Jobs Ihrer Einschätzung nach zu einem Verdrängungswettbewerb zu Lasten der regulären Beschäftigung? Teilen Sie unsere Auffassung, dass die Ein-Euro-Jobs wieder zurückgedrängt und stattdessen andere Formen der öffentlich geförderten, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung als Eingliederungsinstrument für Langzeitarbeitslose stärker genutzt werden müssen?

Frauen fördern – Familien stärken – Lohnungleichheit beseitigen

Trotz des verfassungsrechtlichen Gleichstellungsgebots sind Frauen im beruflichen und gesellschaftlichen Leben nach wie vor benachteiligt. Sind Sie mit uns der Auffassung dass weitere Anstrengungen erforderlich sind, um für Frauen tatsächlich Chancengleichheit in Beruf und Gesellschaft zu verwirklichen? Sind Sie mit uns der Meinung, dass Frauen, die Kinder erziehen und Familienangehörige pflegen, Arbeitsplatzgarantien und Hilfen zur Rückkehr in den Beruf brauchen? Welche Maßnahmen befürworten Sie, um Frauen mit Behinderungen die gleichen Ausbildungs und Berufschancen zu bieten? Welche Vorschläge unterbreiten Sie, um auch behinderte Frauen in der Familie zu entlasten? Welche Pläne verfolgt Ihre Partei, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern und die eigenständige soziale Sicherung der Frau zu verstärken? Werden Sie sich für den flächendeckenden Ausbau von bezahlbaren Kinderbetreuungseinrichtungen einsetzen? Wie wollen Sie gegen die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen, die bei 23 Prozent liegt, vorgehen? Befürworten Sie ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft so wie der SoVD?
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) ist die sozialpolitische Interessenvertretung der Rentner, der Patienten und gesetzlich Krankenversicherten, der pflegebedürftigen und behinderten Menschen gegenüber der Politik. Der SoVD bietet seinen rund 525.000 Mitgliedern sozialrechtliche Beratung in einem bundesweit dichten Netz von Beratungsstellen. Mit 14 Landesverbänden und rund 3.000 Orts und Kreisverbänden ist der SoVD in ganz Deutschland vertreten. Als moderner Dienstleistungsverband mit Sitz in Berlin ist der SoVD gemeinnützig und finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge. Der SoVD ist parteipolitisch und konfessionell unabhängig. Der SoVD tritt für die Stärkung der sozialen Sicherungssysteme und für soziale Gerechtigkeit ein.
Weitere Informationen finden Sie auf der Internetseite www.sovd.de oder fordern Sie weiteres Informationsmaterial an.

Bürgerreporter:in:

Renate Mentner aus Ronnenberg

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