Ein Ärgernis

Schon lange vergriffener Titel
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Wer kennt nicht den "Ketzerkönig" Amenophis IV, genannt Echnaton, und seine schöne Gemahlin, Nofretete? Seine Zeit schuf den "weichen" Amarna-Stil; er baute eine komplett neue Hauptstadt; er war ein Monotheist, d. h. jemand, der nur noch einen Gott anbetete, den Sonnengott Aton, und die anderen Götter, vor allem Amun, in Pension schickte.
Seine Nachfolger ließen seinen Namen aus den Annalen tilgen, sie zerstörten seine Abbildungen, sie wollten die Geschichte "fälschen", so, als hätte es ihn nie gegeben. Sein Nachfolger hieß übrigens Tut-Anch-Aton, später Tutanchamun!
Ist es nicht sehr ärgerlich, wie seine Nachfolger mit ihm und ihrer Geschichte in Ägypten umgegangen sind?
Ist es erlaubt, eine so weit hergeholte Parallele zu ziehen zu unserer Zeit, in der wir auch viele Dinge ungeschehen machen möchten? Manche zu recht, aber z. B. der Fall des Generals Lettow-Vorbeck und die nach ihm benannte Straße in Badenstedt.
Was wird ihm vorgeworfen? Dass er Monarchist war. Also wirklich! Er war immerhin Soldat in der kaiserlichen Armee und bekannte, dass er kein Republikaner sei. Dies ganz offen gegenüber einer anderen bekannten (SPD-)Person der Weimarer Zeit, nämlich Gustav Noske, den er bei dieser Gelegenheit für seinen Kampf gegen die Spartakisten lobte.
Was noch? Laut Presse war er "unter anderem für die gewaltsame Niederschlagung des Herero-Aufstandes 1904 im damaligen Deutsch-Südwest-Afrika (heute Namibia) verantwortlich". Tatsächlich war er als Oberleutnant Adjutant unter General v. Trotha, aber er beschwerte sich bitterlich, dass er zu Schreibstubenarbeit verdonnert war. Als er auf sein Drängen endlich eine Kompanie befehligen durfte, wurde er praktisch im ersten ernsthaften Gefecht (Duurdrift) im linken Auge verwundet, so dass er für lange Zeit erblindete und in die Heimat zurück kehren musste. "Verantwortlich" war er bestimmt nicht für diesen Kampf gegen die Nama (damals Hottentotten genannt), und von seinem Gegner Jakob Morenga spricht er als einem "tüchtigen", "kultivierten" Heerführer", einem der "Männer, von denen man viel lernen konnte".
Er habe die Menschenrechte missachtet, wirft man ihm vor, und dass er "afrikanische Träger zwangsrekrutiert" habe. Allerdings sprach er lobend über seine Askaris und setzte sich lange dafür ein, dass sie nach dem Krieg gerecht entlohnt wurden.
Einiges weitere würde ich heute selbstverständlich auch ablehnen, aber mit vielen seiner Äußerungen stand er zu seiner Zeit nicht allein. Wie viel Geschichte wollen wir heute noch "fälschen"? Wollen wir Virchow streichen, weil er australische Schädel für die Anthropologie sammelte? Oder Heuß, weil er für das Ermächtigungsgesetz stimmte? Oder übertreibe ich da zu sehr?

P.S. Kwa Heri heißt "Auf Wiedersehen"

Schon lange vergriffener Titel
Neue Presse, S. 18 vom 4. März 2011
Bürgerreporter:in:

Peter-Michael Köhler aus Ronnenberg

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