Alter Mann (92) über die Verantwortung der Medien und die allgemeine Achtlosigkeit (Leserbrief)

... an das Medienhaus Bauer, Marl:

Ich hatte mir vorgenommen, keine Leserbriefe mehr zu schreiben, denn ich bin ein alter Mann (92) und wollte es den Jüngeren überlassen, sich um den Zustand unseres Planeten und die Zustände in unserer Welt zu kümmern. Für mich ist das eine Frage der Selbstachtung: Ich kann nicht zusehen, wie die Dinge den Bach ´runtergehen und dazu schweigen.

Ein paar Beispiele:

1. Verantwortung der Medien. Das Zeitungshaus Bauer ist da keine Ausnahme.
Radio, Fernsehen und Presse sind verpflichtet, möglichst umfassend zu informieren und Nachricht und Kommentar zu trennen. Fakt ist jedoch, was nicht der politischen Einstellung der Journalist*Istinnen und Redakteur*Innen entspricht und dem Mainstream zuwiderläuft, wird entweder verschwiegen, mit einer kleinen Kolumne und/oder einer verharmlosenden Schlagzeile abgetan. Der Titel eines Artikels beeinflusst bei vielen Leser*Innen die zumeist selektive Wahrnehmung des Inhalts.

2. Besonders regierungsfreundliche Medien erwähnen zuerst ganz kurz kritische Äußerungen von Expert*Innen und anderen politisch engagieren Bürger*Innen. Die Gegendarstellung der Regierung erscheint dann lang und breit, als wäre sie wichtiger und stichhaltiger als die kritischen Einwände gegen die Regierungspolitik.

3. Fast alle Presseerzeugnisse berichten über den Klimawandel, die Not-wendigkeit eines radikalen ökologischen Umbaus der Wirtschaft und kritisieren unsere wertvolle Ressourcen verschwendende Lebensweise. Radikal im Sinne von „das Übel bei der Wurzel“ packen. Im selben Blatt ist eine Werbeanzeige und in der Rubrik Auto und Motor ein affirmativer Bericht über SUVs, die bewirken, dass durch den höheren Kraftstoffverbrauch und den damit verbundenen hohen Cw-Wert der Schadstoffausstoß nicht sinkt, sondern noch steigt. „SUV – in Blech gepresste Rücksichtslosigkeit“ (Jens Tartler im TAGESSPIEGEL vom 19.09.2017)

4. Im Fernsehen werden ökologische Probleme und Projekte thematisiert (z. B. bei Quarks & Co.). Auch bei Lokalzeit des WDR 3, Studio Dortmund. Die selben Moderator*Innen und ein Reporter vor Ort berichten begeistert und begeisternd über das „Anstehende Ski-Wochenende in Winterberg“ (03.01.2019). Die durch Schneekanonen und Massentourismus angerichteten Umweltschäden werden jedoch ignoriert.

5. Die Schließung der letzten Steinkohlezechen in Deutschland veranlasst das Gros der Medien, den Bergbau zu würdigen. Der habe durch eine rapide, vorbildliche Industrialisierung Deutschland zu wirtschaftlichem Aufstieg und zu Wohlstand und Reichtum verholfen. Bei den Feierlichkeiten in Bottrop singt Bundespräsident Steinmeier das Steigerlied mit. Es fließen Tränen.

Am 3. Januar dieses Jahres wird in den Zeitungen des Hauses Bauer, Marl, unter der Überschrift „344 Pumpwerke in der Region“ über Emschergenossenschaft und Lippeverband berichtet, sie schützen die Region vor dem „Absaufen“. Das mag zwar stimmen, aber die hohen Kosten und die Besorgnis betroffener Anwohner über die Gefährdung durch das explosionsfähige Grubengas werden verschwiegen.

Anfang der achtziger Jahre habe ich bei Landtagswahlveranstaltungen mit dem damaligen Landrat Marmulla über den Raubbau in den Zechen nach 1945 diskutiert. Der Abraum hätte wie vorher unter Tage verbracht werden müssen, sagte ich (Untertageversatz). Die Abraumhalden, kontaminierte Böden, Bergschäden und die geplante Nordwanderung der Kohle werden Kosten und Probleme verursachen, die von der mächtigen SPD-Kohlefraktion ignoriert werden.

Marmulla und der Kreistagsfraktionschef Niggemeier ließen sich, wie erwartet, nicht davon überzeugen, dass eine über 100 m hohe Halde in Herten-RE/Hochlarmark (der „Monte Marmulla“) sowohl der Ökologie als auch der Ökonomie erheblich schaden würde. Die Frischluftzufuhr in RE-Süd und in anderen Stadtteilen werden blockiert, Bergschäden entstehen und werden, wenn die Zechen verschwunden sind, nicht mehr entschädigt. Die Hohlräume unter Tage werden ständig unter Wasser gesetzt und sind für immer unzugänglich.

Marmullas Antwort: Der Zug ist abgefahren. Das lässt sich nicht mehr ändern. Die Diskussion fand während der Planungsphase statt!

6. Ein weiteres Thema wäre die Amokfahrt eines gebürtigen, hellhäutigen Deutschen in Oberhausen und Essen. In vielen Medien die Tat eines schizophrenen Psychopathen. Seine Schuldfähigkeit wird dadurch in Frage gestellt. Das Medienhaus Bauer hat darüber den Tatsachen entsprechend berichtet (2. Januar). Attentate und Übergriffe von Schwarzafrikanern und Arabern hingegen werden vorverurteilend als terroristische Taten aus dem IS-Umfeld bezeichnet. Oft handelt es sich um Suizide und Suizidversuche, die mit terroristischen Motiven begründet werden, um der Tat einen „Sinn“ zu geben.

Bürgerreporter:in:

Dietrich Stahlbaum aus Recklinghausen

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