65. Jahrestag der Landung in der Normandie

die Bucht heute
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Erlebnisbericht von Jens Deppner | Paris |
Am 6. Juni in der Normandie, abseits von Präsident Obama und mittendrin in den Feierlichkeiten.
Wir haben es alle im Fernsehen gesehen, Präsident Obama war anlässlich des 65. Jahrestages der Landung der Alliierten in der Normandie. Die Medienpräsenz war überwältigend, die Sicherheitsvorkehrungen auch.
Der Besuch des amerikanischen Präsidenten war zweifelsohne wichtig für die internationalen Beziehungen auf hohem politischen Niveau. Aber was in meinen Augen noch wichtiger ist, sind die Beziehungen der kleinen und normalen Leute, der Franzosen, der Amerikaner, der Deutschen und alle anderen untereinander.
Das Wochenende in der Normandie, wie war es da eigentlich abseits von Präsident Obama?

Ich hatte das Glück, als ein militärischer Vertreter der deutschen Botschaft in Paris das Wochenende dort verbringen zu können. Und dabei habe ich einen Einblick, teilweise sogar einen tiefen Einblick in die Herzen der Menschen gewonnen. Momente großer Freude wechselten mit denen tiefer Rührung. Ein emotionaleres Wochenende ist kaum vorzustellen und die Vielzahl der Eindrücke bedarf vielleicht noch einer längeren Verarbeitungszeit.

Die Normandie, und besonders die für die Feierlichkeiten zentrale Stadt Sainte-Mère-Eglise, befand sich für knapp 10 Tage im Ausnahmezustand. Sie war Anziehungspunkt für aktive Soldaten vieler verschiedener Länder, für Veteranen, die die Geschehnisse vor Ort noch aktiv erlebt hatten und für Reservisten, die ihren Teil zur aktiven Gestaltung der Völkerverständigung beitragen. Sie war auch Anziehungspunkt für tausende von Sammlern von historischen Militärfahrzeugen und Uniformen. Die Normandie war nicht Anziehungspunkt für irgendwelche Friedens- oder Globalisierungsgegner. Die Chaoten, wie wir sie letztens noch auf dem NATO-Gipfel gesehen haben, blieben zu Haus, die Stimmung war friedlich, freundlich und ergreifend.
Am Wochenende fühlte man sich in der Zeit zurück versetzt. Die Landschaft als solches ist sehr schön und pittoresk, in den vielen kleinen Ortschaften herrscht noch der Hausbau aus den letzten Jahrhunderten vor und die unüberschaubare Anzahl von historischen Fahrzeugen und Menschen in Original-Uniformen ließen einen Glauben, dass man sich in einer gigantischen Filmkulisse befindet. Der friedliche und anschauliche Rahmen für die Veranstaltungen konnte nicht besser und treffender sein.

Ich hatte das Vergnügen und auch die Ehre, mit deutschen Reservisten einen Teil meiner Zeit dort verbringen zu können. Ungefähr ein Jahr Vorbereitung steckte in deren Vorhaben und ich kann sicher behaupten, dass diese Tage für sie genauso eine Bereicherung waren wie für die vielen Einheimischen, mit denen sie trotz limitierter Sprachkenntnisse in Kontakt kamen. Genauso erging es sicherlich auch unseren alliierten Freunde, die immer wieder das Gespräch mit uns Deutschen suchten.
Der Aufenthalt war geprägt von Zeremonien in kleineren Orten, aber mit einem Menschenandrang, der die Bevölkerungszahl der jeweiligen Orte bei weitem übertraf. Die Reservisten und ich repräsentierten jeweils den deutschen militärischen Anteil. Die üblichen Ansprachen und das Zeremoniell als solches waren teilweise zwar ergreifend, ließen aber noch keinen Schluss auf die Emotionen der Anwesenden zu. Man musste schon genauer hin schauen. Aber dann ist man Zeuge von etwas Größerem geworden. Wenn Amerikaner, Franzosen und Deutsche zusammen an einem Ort stehen, der vor 65 Jahren vielen Menschen das Leben gekostet hat, und an dem jetzt allen gegenüber eine herzliche Freundlichkeit gezeigt und gelebt wird, ist man gerührt.
Wenn man sieht, wie sich amerikanische, französische und deutsche Veteranen stolz aber versöhnlich und freundlich in die Augen schauen und danach das Gespräch suchen, ist man bewegt.
Und wenn man dann die deutsche Nationalhymne noch vor der Marseillaise hört und sieht wie alle aktiven und ehemaligen Soldaten, teils mit zitternder Hand mit militärischem Gruß dem anderen die Ehre erweisen, ist man überwältigt. Wir haben alle schon Männer weinen sehen, aber es hat doch einen ganz anderen Tiefgang, wenn das bei Männern geschieht, die sich an eben jenem Ort vor 65 Jahren vielleicht beschossen haben.
Es gab viele emotionale und sentimentale Begebenheiten während des Wochenendes, aber neben der besonders hervorzuhebenden Freundlichkeit der Franzosen uns Deutschen gegenüber, war das erstmalige Spielen der deutschen Nationalhymne an dem kleinen Ort Chef-du-Pont im Angesicht der französischen Veteranen ein Moment, den man so schnell nicht vergisst.
Das Wochenende in der Normandie zum 65. Jahrestag der Landung der Alliierten, ein Wochenende das zeigt, wie es möglich ist, einerseits das Geschehene nicht zu vergessen und das ehrenvolle Andenken derer zu bewahren, die darunter gelitten haben und andererseits völlig unvoreingenommen und herzlich die Gegenwart zu begehen um dann gemeinsam die Zukunft zu meistern.

Bürgerreporter:in:

Willi Deppner aus Peine

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