Corban Addison - Du bist in meiner Hand

Corban Addison - Du bist in meiner Hand | Foto: Buchcover; Heyne Verlag; Random House
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Corban Addison war Prozessanwalt und setzt sich in verschiedenen Initiativen für Menschenrechte ein. Nun legt der Mann aus Virginia seinen Debütroman vor. In "Du bist in meiner Hand" (Originaltitel "A Walk across the Sun") taucht der Autor tief in den internationalen Menschenhandel ein. Dabei widmet er sich insbesondere der Sexsklaverei, der Minderjährige ausgesetzt sind.

"Du bist in meiner Hand" beginnt mit einem Tsunami in Indien. Die beiden Schwestern Ahalya (17) und Sita (15) verlieren ihre Eltern und versuchen, sich über mehrere Orte zur Klosterschule durchzuschlagen. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihnen. Ehe sie sich versehen, landen in den Fängen von Menschenhändlern. In Suchirs Bordell wird Ahalya brutal entjungfert. Ihre Schwester dagegen wird an einen speziellen Kunden weitergegeben. Sie bleibt zunächst von der Prostitution verschont. Addison schickt sie von Indien als Drogenschmugglerin nach Frankreich, wo sie zunächst als Putzkraft in einem Restaurant unter schäbigen Bedingungen ausgebeutet wird. Schließlich wird sie an Ukrainer verschachert, die junge Osteuropäerinnen vor laufender Kamera vergewaltigen. Dann wird sie in die USA geschickt, um dort selbst zur minderjährigen Zwangsprostituierten zu werden.

Das Buch ist in vier Teile gegliedert. Während der Auftakt sich auf die Sichtweise von Ahalya konzentriert, steht in den drei weiteren Teilen der schlimme Weg von Sita im Fokus. Parallel bringt sich Addison quasi als eine Art lyrisches Ich selbst ein - in Form des Prozessanwaltes Thomas Clarke. Dieser wird von seiner Kanzlei als Sündenbock zum Sabbatjahr gedrängt. Als Destination für sein Praktikum bei der fiktiven gemeinnützigen Organisation CASE, die allerdings Gemeinsamkeiten mit der International Justice Mission aufweist, wählt er Indien. Dafür hat er zwei Gründe: vor seinen Augen wurde ein kleines Mädchen entführt, das vermutlich Menschenhändlern zum Opfer gefallen ist - und in Mumbai lebt seine Ehefrau Priya, die nach dem Tod der gemeinsamen Tochter zu ihrer Familie geflüchtet ist. Thomas kämpft also an mehreren Fronten - um seine Frau, gegen das indische Rechtssystem und für die Befreiung Sitas.

Rezension - Brutal und ernüchternd

Der Heyne Verlag hat einen packenden Roman in die Bücherregale gebracht. Einen, der ein gesellschaftlich eher verdrängtes Thema ohne Beschönigungen auf den Tisch bringt. Der Leser kann kaum zählen, wie viele Mädchen in "Du bist in meiner Hand" vergewaltigt werden. Auf brutale Details hat Addison verzichtet, wofür ihm viele Leser dankbar sein dürften. Das Ausmaß an sexueller Gewalt und die Schäden, die an den Opfern entstehen, werden auch so klar, ebenso wie die internationalen Verstrickungen. Er lässt Raum für die Motive der Menschenhändler. Diese sehen in der Ausbeutung von Minderjährigen ein Geschäft, dem sie nachgehen können, weil ein Markt dafür existiert. Mädchen werden als Ware betrachtet. Je nach Verwendungszweck, wird sie sogar vor den eigenen Mitarbeitern geschützt - bis die Mädchen eine womöglich noch schlimmere Bestimmung ereilt. Deutlich arbeitet Addison auch den Faktor Angst heraus, zeigt die perfiden Methoden der Täter und den Gefühlsverlust der Opfer.

"Du bist in meiner Hand" ist harter Tobak. Brutaler Stoff, der noch viel härter sein könnte. Schließlich hat Addison nach Informationen des Verlags vor Ort recherchiert, mit Aktivisten und Experten gesprochen und in Mumbai undercover mit Zwangsprostituierten in Bordellen gesprochen. Häufig glaubt der Leser, einen idealistischen Autor zu haben, der sich als Thomas Clarke selbst in sein Werk einbaut. Angetrieben von der Suche nach einem Mädchen, einer Schlüsselfigur, der Einlösung eines Versprechens. Ein Idealist, der offenbar lange genug im Sumpf gewatet ist, bis er genug Material zusammen hatte. Einer, der Sita findet und befreien kann, obwohl er mehrfach andeutet, dass dies praktisch unmöglich sei. Es gelingt Thomas allerdings nur mit viel freier Zeit und sehr guten Beziehungen zu den richtigen Stellen. Addison will in einem Roman, in dem so viel Böses passiert, aber seine Schlüsselfiguren den nötigen Topf voller Glück im Unglück haben, ein Happy End. Das gibt es dann im Prinzip auf allen Schauplätzen. Menschenhändlerring gesprengt, Schwestern zusammengeführt, eigene Beziehung gekittet. Auf den letzten der 544 Seiten wird es sogar noch ein bisschen kitschig.

"Du bist in meiner Hand" von Corban Addison ist im Oktober 2012 im Heyne Verlag erschienen. Übersetzt hat das Werk Birgit Moosmüller. Die ISBN lautet 978-3-453-26790-9.

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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